Die Eifelgraefin
vorschlagen, dass wir einen Waffenstillstand einlegen.»
«Waffenstillstand?» Überrascht legte sie den Kopf auf die Seite. «Ich wüsste nicht, dass wir uns im Krieg befinden.»
«Ich würde es mehr einen Interessenkonflikt nennen», antwortete er. «Dabei haben wir doch eigentlich beide dasselbe Ziel, nämlich einander so wenig wie möglich in die Quere zu kommen. Ist es nicht so?»
Bevor sie antworten konnte, sprach er weiter: «Ich bevorzuge ein ruhiges Leben, Ihr ebenfalls. Also sollte es uns doch wohl gelingen, den heutigen Abend zu verbringen, ohne die Krallen auszufahren.» Er nickte Elisabeth noch einmal zu und richtete dann seine Aufmerksamkeit auf Simon, der sich, gefolgt von Hedwig, schließlich auch zu seinem Platz begeben hatte und seine Gäste nun mit einer wortreichen Ansprache begrüßte.
Nachdem der Burgherr sich gesetzt hatte, trugen die Küchenjungen und Mägde schwere Platten und Schüsseln mit dampfenden Speisen herein. Simon hatte sich nicht lumpen lassen, und so gab es neben gebackenem Hähnchen auchnoch verschiedenes Wildbret, gebratene und gesottene Forellen, Fleisch- und Leberpasteten, gekochtes und geschmortes Gemüse, Getreidebreie, mehrere verschiedene Soßen und außerdem noch Karaffen mit Fleischbrühe und Bratensaft.
Friedel und Emmerich hatten die anstrengende Aufgabe, sich um die Krüge mit den Getränken zu kümmern, denn Wein und Bier flossen an diesem Abend in Strömen. Wieder und wieder eilten die beiden Knappen mit leeren oder frischgefüllten Krügen zwischen Küche und Saal hin und her. Erst als alle Gäste fürs Erste versorgt waren, durften die Jungen sich ebenfalls auf ihre Plätze ganz am unteren Ende der Tafel setzen.
Während sie speisten, bauten die Gaukler bereits neben dem Kamin ihre Instrumente und andere Gerätschaften auf. Bald darauf erklang eine leise Flötenmelodie.
Elisabeth genoss das gute Essen schweigend, denn ihr fiel beim besten Willen kein Thema ein, über das sie sich mit Johann hätte unterhalten können. Doch wuchs ihr Erstaunen von Minute zu Minute. Johanns Benehmen an diesem Abend bot nicht den geringsten Anlass zu Tadel. Er bot ihr die besten Bratenstücke an, schenkte ihr Wein nach, wenn ihr Becher sich leerte, reichte ihr Salzfässchen oder Schmalztopf, noch bevor sie darum bitten musste, und benahm sich auch sonst derart vorbildlich, dass sie ihn mehrfach heimlich von der Seite ansehen musste, um sich zu vergewissern, dass es sich um denselben Mann handelte, der sie mit seinen ungehobelten Manieren bisher so brüskiert hatte. Aber es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm mit der gleichen ausgesuchten Höflichkeit zu begegnen. Wollte ersie mit diesem unerwarteten Verhalten etwa provozieren?, überlegte sie nervös.
Nachdem die Küchenjungen die geleerten Bratenplatten abgetragen und Schüsseln mit diversen Süßspeisen und Käse hereingetragen hatten, bot er ihr zuvorkommend zwei Schüsselchen davon an. «Birnenkompott oder Kirschsuppe?», fragte er sie. Um seine Lippen spielte ein Lächeln. Oder war es Spott?
Ihre Augen verengten sich. «Was wollt Ihr damit beweisen?», zischte sie. Und laut sagte sie: «Kirschsuppe bitte.»
Johann reichte ihr das Gewünschte und flüsterte zurück: «Ich dachte, Ihr legt so viel Wert auf tadelloses Benehmen. Ich wollte Euch nur zu Diensten sein.»
«Ihr macht Euch über mich lustig!»
Johann widmete sich wortlos seinem Birnenkompott.
Elisabeth warf ihm einen finsteren Blick zu, dann wandte sie sich der Kirschsuppe zu und versuchte, ihn zu ignorieren, bis die Tafel aufgehoben wurde.
10. KAPITEL
Nachdem die Knechte das Geschirr abgetragen und die Schragentische abgeschlagen hatten, damit die Mitte des Saales als Tanzfläche genutzt werden konnte, begannen zunächst die Gaukler mit ihrer Vorstellung, die aus einer Aneinanderreihung lustiger bis unflätiger Scherze bestand und sich mit fröhlichen Trinkliedern und atemberaubenden Kunststücken des Feuerkünstlers Veit abwechselten.
Die Gäste spendeten begeisterten Applaus und forderten lautstark nach einer Zugabe. Elisabeth stand etwas seitlich beim Kamin, von wo aus sie einen guten Blick auf das Spektakel hatte. Bruder Georg, der während des Essens einen Platz am unteren Ende der Tafel gehabt hatte, war neben sie getreten. Sie freute sich über seine Gesellschaft, vor allem, da Johann bei der ersten sich bietenden Gelegenheit von ihrer Seite geflohen war. Er war gleich nach dem Essen zu einigen Rittern hinübergegangen, unter ihnen Bertram
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