Die Eifelgraefin
ist er.» Johann nickte und unterdrückte den Ingrimm, der ihn beim Gedanken an seinen Vater üblicherweise erfasste. «Deshalb ging ich davon aus, dass auch die anderen Grafen und Herzöge bereits wieder auf dem Heimweg seien.»
Elisabeth sah ihn nun mit leichter Besorgnis an. «Seid Ihr sicher? Vater ist bisher noch nicht zurückgekehrt, und wir haben auch keinerlei Nachricht von ihm erhalten.»
«Seid unbesorgt», winkte Martin ab. «Boten aus den östlichen Ländern sind oft unzuverlässig. Diese Erfahrung habe ich schon häufig gemacht. Gewiss ist Euer Herr Vater bereits auf dem Heimweg, und Ihr könnt ihn bald auf der Küneburg begrüßen.» Er hob seinen Becher an die Lippen und trank einen Schluck Wein. Wieder hob er den Kopf, diesmal jedoch überrascht. «Herr Simon, ich bin entsetzt! Was ist das für ein Getränk, das Ihr hier ausschenkt? Gewiss keiner meiner Weine.»
«Nein, in der Tat.» Simon nickte. «Wir mussten unsere Vorräte über den Winter kurzfristig aus einer anderen Quelle aufstocken. Da wir nicht wussten, wann Ihr wieder herkommt …»
«Aber so etwas!» Entrüstet schüttelte Martin den Kopf.«Schickt einen Boten, lasst mich rufen! Sowie es sich einrichten lässt, komme ich her. Das solltet Ihr doch wissen. Wenn es um Wein geht, braucht Ihr Euch nicht mit zweiter Wahl abzufinden.»
«Na ja, so übel ist der Tropfen doch auch wieder nicht», sagte Simon. «Aber wenn Ihr es schon anbietet, schicke ich Euch bei nächster Gelegenheit einen Burschen, der Euch Bescheid gibt.»
«Nun gut.» Martin lehnte sich entspannt zurück und drehte seinen Becher in der rechten Hand. Dabei konnte man deutlich den steifen kleinen Finger sehen. «Und Ihr, wohledle Jungfer, weilt derzeit als Gast in Kempenich? Welch Licht in diesen Hallen.» Er zwinkerte ihr zu. «Natürlich ohne damit die unbestrittene Schönheit der übrigen Weiblichkeit auf dieser Burg mindern zu wollen.» Er lächelte der Reihe nach Hedwig und den beiden Mädchen zu. Hedwig kicherte leise, Herzelinde und Gertrud blickten jedoch beschämt auf die Tischplatte. Martin tat, als bemerke er es nicht, und wandte sich wieder an Elisabeth. «Werdet Ihr noch längere Zeit hier verweilen?»
«Das wissen wir noch nicht, Herr Wied», antwortete Hedwig, noch bevor Elisabeth Luft holen konnte. «Ihr Vater bat uns, sie für eine Weile bei uns aufzunehmen. Da unsere Familien schon immer gut befreundet waren, haben wir ihm diesen Wunsch mit Freuden erfüllt, nicht wahr, Simon?»
«Aber ja.» Der Burgherr nickte zustimmend. «Elisabeth ist uns ein außerordentlich willkommener Gast.»
«Dann weilt Ihr also schon länger hier?» Martin blickte sie aufmerksam an.
Elisabeth neigte den Kopf. «Seit September. Gewisse familiäreUmstände zwangen meinen Vater, mich von zu Hause fortzuschicken.»
«So, nun.» Martin war taktvoll genug, nicht weiter nachzufragen. «Und wie gefällt es Euch in der einsamen Eifellandschaft? Gewiss habt Ihr inzwischen die Herzen sämtlicher Ritter der Umgebung mit Eurem Liebreiz erobert.» Er wandte sich an Johann. «Nicht wahr, mein Freund? Selbst ein Eigenbrötler wie du müsste dieser Anmut und Schönheit höchste Achtung zollen.»
«Hm.» Johann nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becher und vermied es, Elisabeth anzusehen. «Ich habe andere Pläne», murmelte er. Er stand auf und stellte gleichzeitig den leeren Becher auf den Tisch. «Entschuldigt mich, ich habe noch etwas zu tun.» Ohne ein weiteres Wort verließ er das Speisezimmer.
Elisabeth biss vor Zorn die Zähne fest zusammen. Johanns ungehobeltes Verhalten kränkte sie zutiefst. Dennoch bemühte sie sich, Haltung zu bewahren, und tat, als habe sie seine Worte gar nicht gehört. «Ihr seid sehr freundlich», sagte sie zu Martin und nickte ihm lächelnd zu. «Doch ich bin nicht hierhergekommen, um Herzen zu erobern.»
«Nein, ganz gewiss ist sie das nicht», mischte Hedwig sich wieder ein. «Die liebe Elisabeth war nämlich verlobt, als sie hierherkam.»
«War?» Martin hob neugierig den Kopf. Er hatte Johanns unfreundlichen Kommentar sehr wohl bemerkt und sich auch bereits seine Gedanken über das Verhalten seines Freundes ihr gegenüber gemacht. «Was ist geschehen, dass Ihr von der Verlobung in der Vergangenheit sprecht?», fragte er nach.
Elisabeth senkte den Kopf. «Mein … Der Mann, den ich heiraten sollte, starb in der Fremde an der Pestilenz.»
«Etwa diese Krankheit, die in Italien überall grassiert?», hakte Martin überrascht nach. «Ich
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