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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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war?
    «Mein Name ist Luzia Bongert», antwortete sie und straffte die Schultern. «Ich bin   …» Sie zögerte nur kurz. «Ich bin mit Elisabeth von Küneburg zusammen nach Kempenich gekommen.» Und das war ja nicht einmal gelogen.
    «Ah, ich verstehe.» Er lächelte sie auf eine Weise an, die nur als einnehmend zu bezeichnen war. Dennoch fühlte sie sich alles andere als wohl in seiner Gegenwart. Ihr Blick wanderte unwillkürlich zu der Bandnarbe an seinem Hals, und sie bemühte sich, keinen Abscheu zu zeigen. «Dann seid Ihr also ihre Freundin und Gesellschafterin? Oder ihre Edelmagd?» Er trat wieder einen Schritt näher. «Es freut mich sehr, Eure Bekanntschaft zu machen. Vielleicht ergibt sich ja später noch die Möglichkeit, einander besser kennenzulernen. Vielleicht bei einem Spaziergang?»
    Luzia runzelte die Stirn. Zwar kannte sie sich in höfischem Benehmen nicht sehr gut aus, doch erkannte sie einen unschicklichen Antrag, wenn ihr einer gemacht wurde. «Ich glaube nicht, dass sich das ziemt», antwortete sie kühl und überlegte fieberhaft, was wohl Elisabeth in solch einer Situation gesagt hätte.
    Martin lachte erheitert. «Verzeiht, ich wollte Euch nicht zu nahe treten. Doch ein hübscher Anblick, wie Ihr es seid, reizt das männliche Auge und lässt zuweilen die Zunge schneller sprechen als den Verstand denken. Ich hoffe, Ihr tragt es mir nicht nach.» Er zwinkerte ihr zu.
    Luzia zwang sich zu einem höflichen Lächeln. «Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet, Herr Wied. Man erwartet mich unten.»
    «Aber ja doch, bitte sehr.» Er trat wieder einen Schritt zurück und wies ihr mit der rechten Hand zuvorkommend den Weg.
    Unwillkürlich wich sie der Hand ein wenig aus, und ihr Blick blieb für einen Augenblick an dem von Narben zerstörten Handrücken hängen.
    «Stört Euch der Anblick?» Martins Stimme hatte einen merkwürdigen Unterton.
    Luzia blieb einige Stufen weiter unten stehen. Seine Frage berührte sie, deshalb sagte sie rasch: «Ich beurteile Menschen nicht nach ihrem Aussehen, Herr Wied.»
    «Wirklich nicht?» Er drehte die Hand so, dass das Licht aus einem der schmalen Fensterchen darauf fiel und das Narbengewebe noch deutlicher hervortrat.
    Luzia kräuselte die Lippen. «Nein, tue ich nicht. Aber das Verhalten eines Menschen und die Worte, die er spricht, sind äußerst aufschlussreich.» Damit wandte sie sich ab und eilte so schnell sie konnte die Stufen zum großen Saal hinab.
    Martin blickte ihr verblüfft hinterher. Ein schlagfertiges Mundwerk besaß diese Luzia. Und ein überaus ansprechendes Äußeres. Schade nur, dass sie wie fast alle Frauen auf ihn, oder besser seinen Anblick, reagiert hatte. Auch wenn er inzwischen daran gewöhnt war, fraß sich der Groll langsam in sein Herz. Achselzuckend stieg er weiter zu der kleinen Kammer hinauf, die die Burgherrin ihm als Quartier zugewiesen hatte, und holte eine mit beweglichen Klammernzusammengehaltene Pergamentsammlung aus seinem Bündel hervor. Diese Schriftstücke trug er zusammen mit einem verschlossenen Tintenhorn und mehreren Federn in die Steinkammer, wo er sich an den langen Tisch setzte und mit der Eintragung der neuen Weinbestellung des Burgherrn Simon begann. Durch die weitgeöffneten Fenster drang vielstimmiges Vogelgezwitscher an sein Ohr und gelegentlich die Stimmen der Knechte, die im Hof mit Holzhacken beschäftigt waren.
    Als er jemanden laut den Namen Luzia rufen hörte, hob er unwillkürlich den Kopf. Die Neugier trieb ihn an, ans Fenster zu gehen und hinab in den Burghof zu schauen.
    ***
    Luzia trat mit klopfendem Herzen hinaus in den Burghof und blieb einen Moment stehen. Sie wusste, sie hatte sich soeben sehr ungezogen gegen diesen Kaufmann verhalten. Wenn sie tatsächlich eine hochgeborene Jungfer gewesen wäre, hätte man ihr die frechen Worte vielleicht verziehen, doch sie war nur eine Magd und hatte ihm dies nicht nur verschwiegen, sondern ihn auch noch offen angegriffen. Auf gar keinen Fall durfte sie ihm noch ein weiteres Mal begegnen. Sollte er nämlich doch noch erfahren, wer sie wirklich war, hätte er das gute Recht, sich bei Herrn Simon oder ihrer Herrin zu beschweren und eine Bestrafung für ihr unbotmäßiges Verhalten zu fordern. Luzia verfluchte insgeheim ihre lose Zunge. Ja, ganz gewiss würde sie verhindern, dass Martin Wied ihr noch einmal begegnete. Da er sicherlich bald weiterreiste, dürfte es ja nicht schwer sein, ihm ausdem Weg zu gehen. Blieb nur zu hoffen, dass er sich nicht

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