Die Eiserne Festung - 7
begleiten wird.«
»Ich verstehe.«
Einen Moment lang blickte Coris den Unterpriester nur nachdenklich an. Tannyr kann allerhöchstens fünfunddreißig sein, stellte er fest, wahrscheinlich ist er sogar jünger. Er war dunkelhaarig und hatte braune Augen. Sein Teint war auffallend dunkel, das Gesicht schmal und die Gesichtszüge lebhaft. Sicher hatte Tannyr keinerlei Schwierigkeiten, weibliche Begleitung zu finden. In den dunklen Augen funkelte etwas, das verdächtig nach echtem Humor aussah. Selbst jetzt, wo er so reglos im Schnee stand, schien er vor Energie regelrecht zu glühen. Und vor Kompetenz, stellte der Graf fest.
»Also, Pater Hahlys«, sagte er schließlich, nachdem schon mehrere Sekunden verstrichen waren, »da Sie so offen waren, werde ich gar nicht vorgeben, ich würde mich auf die ... sagen wir: Mühen unserer Reise freuen.«
»Das sollten Sie auch nicht«, gab Tannyr fröhlich zurück. »Die schlechte Nachricht lautet, dass es von hier bis Seeblick fast dreizehnhundert Meilen sind - so, wie die Wyvern fliegt, meine ich. Nimmt man die Straße, sind es mehr als siebzehnhundert. Wir haben es hier nicht nur mit Schnee und Eis zu tun, sondern müssen auch noch die Gabelberge überwinden. Also wird die Reise fast einen Monat dauern. Wenigstens folgt die Hauptstraße dem Rayworth-Tal, also müssen wir nicht die ganze Zeit über ständig auf und ab. Zudem habe ich dafür gesorgt, dass an den Poststationen der Kirche stets Eisechsen für uns bereitstehen. Wir sollten also gut durchkommen, wenn uns das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht. Aber selbst das Tal liegt gute siebenhundert oder achthundert Fuß höher als Fairstock. Wir müssen daher davon ausgehen, dass das Wetter übel genug wird, um uns mindestens einen Fünftag lang von der Straße abzuhalten.«
»Ihrer Beschreibung nach klingt das regelrecht malerisch, Pater«, merkte Coris trocken an. Tannyr lachte.
»Die Heilige Schrift lehrt uns, dass die Wahrheit stets besser ist als jede Lüge, Mein Lord. Wenn wir versuchen, uns in der kleinen, erbärmlichen Dorfschenke in den Gabelbergen gegenseitig einzureden, es sei besser, als es ist, während wir auf das Ende des Schneesturms warten, wird das unsere Laune auch nicht heben!«
»Nein, wohl nicht«, stimmte Coris zu. Aber Tannyr erzählte ihm ja auch nichts, was ihm nicht ohnehin schon bewusst gewesen war.
»Die gute Nachricht hingegen ...«, fuhr Tannyr fort, »... ist, dass Sie sich, wenn wir erst einmal Seeblick erreicht haben, durchaus auf etwas freuen können.«
»Tatsächlich?« Fragend neigte Coris den Kopf zur Seite, und Tannyr nickte.
»Es war ein harter Winter, Mein Lord, und laut den Semaphoren-Berichten ist der See bereits jetzt zugefroren und die Eisschicht dick. Wenn wir den See schließlich erreichen, werden wir uns keinerlei Sorgen machen müssen, wir könnten irgendwo während unserer Überfahrt auf freie Wasserflächen stoßen. Naja ...«, korrigierte er sich mit vielsagend nachdenklicher Miene; das spitzbübische Funkeln in seinen Augen nahm der allerdings die Wirkung, »wir werden uns wahrscheinlich keinerlei Sorgen machen müssen. So ganz weiß man natürlich nie, ob sich nicht doch unerwartet irgendwo ein Kanal öffnet.«
»Also werden wir tatsächlich einen Eissegler von Seeblick nach Zion nehmen?« Fast ein bisschen skeptisch schüttelte Coris den Kopf. »Ich bin ja schon oft genug auf hoher See gewesen, aber Eissegeln ist mir gänzlich neu.«
»Ja, wir werden einen Eissegler nehmen, und ich denke, Sie werden die Erfahrung als ... interessant empfinden«, versicherte Tannyr ihm. Dem Unterpriester waren die gemischten Gefühle, die Coris empfand, offenkundig nicht entgangen. Erneut lächelte er. »So ergeht es den meisten, vor allem beim ersten Mal. Die Hornisse ist natürlich deutlich kleiner als die Eisechse. Aber sie ist, wenn ich das so sagen darf, ungleich schneller.«
»Ach ja?« Coris wölbte eine Augenbraue. »Das klingt aber recht besitzergreifend, Pater. Darf ich davon ausgehen, dass Sie während der Fahrt über den See auch mein Kapitän sein werden und nicht nur mein Hüter, der mich sicher von hier nach Seeblick geleiten soll?«
»Genau, Mein Lord.« Tannyr deutete eine Verneigung an. »Und ich kann Ihnen versichern, dass ich noch nie - bis jetzt zumindest - während einer Winter-Überfahrt einen Passagier verloren habe.«
»Und ich kann Ihnen versichern, dass mich Ihre beruhigenden Worte in angemessenem Maße trösten, Pater. Trotz der in den
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