Die Eiserne Festung - 7
Urteilsvermögen zu unterwerfen. Wir können unmöglich zulassen, dass Sie Ihre Vorbereitungen schleifen lassen, wenn Sie der Ansicht sind, sie könnten eine Verbesserung vertragen, nicht wahr? Also bitte, befassen Sie sich mit allem Notwendigen, bevor wir aufbrechen!«
»Ich weiß Ihr Verständnis wirklich zu schätzen, Mein Lord. Angenommen, das Wetter gestattet uns, die Semaphoren zu nutzen, werden diese Kleinigkeiten keinesfalls länger dauern als, och ...«, nachdenklich blickte Tannyr den Grafen an, fast wie ein Münzprüfer, als könne er Coris die Müdigkeit ansehen, »... vielleicht einen oder zwei Tage. Möglicherweise auch drei. Eigentlich sollten wir besser von drei Tagen ausgehen. Also werden Sie wohl mindestens vier Nächte hier in Fairstock verbringen müssen. Ich hoffe, das wird Sie nicht übermäßig enttäuschen.«
»Glauben Sie mir, Pater«, gab Coris zurück und blickte sein Gegenüber fest an, »ich werde die Enttäuschung sicherlich verschmerzen!«
.VI.
Vor Hennet Head, Golf von Mathyas
Jemand, der auf dem Planeten aufgewachsen war, den die Menschheit einst ›Erde‹ genannt hatte, hätte vielleicht von Windstärke sechs nach der alten Beaufort-Skala gesprochen. Ensign Hektor Aplyn-Ahrmahk, seines Zeichens Herzog Darcos, hatte noch nie von der Beaufort-Skala gehört. Er hatte jedoch bereits fünf ganze Jahre auf See verbracht, obwohl er erst vierzehn Jahre alt war. Na ja, dreizehn Jahre und neun Monate, denn sein Geburtstag jährte sich erst im kommenden Monat wieder. Des Ensigns beträchtlicher Erfahrung nach waren die elf Fuß hohen Wellen mit weißen Schaumkronen und auch das Sirren des Windes in den Stagen eindeutig das, was ein Seefahrer vielleicht schon ›grobe See‹ genannt hätte. Wenn der Wind um noch ein paar Meilen pro Stunde auffrischte, wäre es an der Zeit, von ›sehr grober See‹ zu sprechen. Von ›hoher See‹ aber konnte noch keine Rede sein.
Hektor vermutete, die meisten Landratten hätten die Bewegung des Schiffes, die Art und Weise, wie es unter der Last der Segel krängte und wie die Gischt über den Bug spritzte, als bedrohlich empfunden. Wann immer das Licht der frühen Morgensonne auf die Wassertropfen traf, glitzerten sie, als rieselten zahllose Diamanten auf die Besatzung herab. Ja, Landratten hätten sich gewiss ein wenig unwohl gefühlt. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte selbst er das so empfunden - völlig unverständlich aus heutiger Sicht. Windstärken wie diese empfand er jetzt als erfrischend und belebend (vor allem, nachdem sich sein Magen zufrieden um ein Frühstück kümmern konnte, das aus angeröstetem Schiffszwieback und einer Schüssel Hafermehl bestand, die Aplyn-Ahrmahk reichlich gesüßt und noch mit Rosinen versetzt hatte). Der beißende, eisige Wind machte ihm nichts aus. Nun klatschte er in die behandschuhten Hände und strahlte über das ganze Gesicht, als er zu den gerefften Topp- und Bramsegeln hinaufblickte. Dann wandte er sich dem ranghöheren der beiden Männer am Steuer zu.
»Wie fühlt sie sich an, Chief?«, erkundigte er sich.
»Durchaus ordentlich, Sir.«
Chief Petty Officer Frahnklyn Waigan war beinahe dreimal so alt wie der jugendliche Ensign. Viel jünger als Hektor konnte ein Offizier auch kaum sein. Vor langer, langer Zeit, genauer gesagt vor drei oder vier Monaten noch, hätte man Hektor nicht als ›Ensign‹ bezeichnet, sondern als ›Passed Midshipman‹, als Midshipman mit erfolgreich beendeter Ausbildung. Ein solcher Passed Midshipman hatte seine Offiziersprüfung bereits erfolgreich absolviert, bislang aber noch kein Offizierspatent erhalten. Hektor Aplyn-Ahrmahk allerdings konnte das Offizierspatent noch nicht verliehen werden. Denn dafür musste man mindestens sechzehn Jahre alt sein. Der neue Dienstgrad ›Ensign‹ war im Rahmen der gewaltigen Expansion der Navy eingeführt worden. Die Flotte musste sich erst noch an diese Neuerung gewöhnen, denn ein Ensign war vollständig weisungsbefugt. Doch falls es Waigan verärgerte, einem derart jungen Offizier wie Ensign Aplyn-Ahrmahk Rede und Antwort stehen zu müssen, obwohl ihm jegliche Seniorität fehlte, ließ er sich das nicht anmerken.
»Sie ist ein bisschen luvgieriger, als mir lieb ist«, setzte Waigan hinzu, »aber schlimm is' das nich'.«
Hektor nickte. Jedes Segelschiff legte eine gewisse Luvgierigkeit an den Tag, wenn es so hart am Wind fuhr. Im Augenblick lavierte die Destiny steuerbord nach Ostnordost. Unter gerefften Bram- und Toppsegeln ließ
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