Die Eiserne Festung - 7
sie sich vom Südsüdostwind treiben, kaum mehr als drei Strich achteraus. Für HMS Destiny war das schon sehr hart am Wind. Hektor bezweifelte, dass sie auch nur einen weiteren Strich an den Wind gehen könnte. Indes hätten nur verdammt wenige andere Rahsegler überhaupt so einen Kurs halten können.
Natürlich sorgte das für flotte Fahrt. Aber das gehörte mit zu diesem belebenden Erlebnis. Trotz ihrer deutlich verminderten Segelfläche musste die Destiny gute sieben Knoten vorlegen - na ja, zumindest mehr als sechseinhalb. Das war eine beachtliche Geschwindigkeit, auch wenn sie sich wahrscheinlich etwas mehr Segel hätte leisten können. Hätte Captain Yairley beschlossen, die Bramsegelreffs auszuschütten und das Schiff noch weiter anzutreiben, hätte die Destiny auch noch an Geschwindigkeit zugelegt.
Nicht, dass der Captain so etwas anordnen würde, solange es keinen verdammt guten Grund dafür gibt, dachte Hektor und lächelte in sich hinein. Das hätte doch überhaupt nicht zu seinem Ruf als Ewig-Besorgter gepasst!
In Wahrheit wusste Hektor ganz genau, welches Glück er gehabt hatte, Yairley unterstellt worden zu sein. Der Captain war ein großartiger Lehrmeister, was Taktik und allgemeine Seefahrerfertigkeiten betraf. Hektor bezweifelte, dass es, was das betraf, in der ganzen Flotte einen besseren Captain gab. Doch so dankbar er für diese Ausbildung auch war, noch wichtiger war für ihn, dass sich Yairley die Zeit genommen hatte, einen gewissen Hektor Aplyn-Ahrmahk noch ganz andere, ebenso unerlässliche Dinge zu lehren.
Obwohl er einen hochrangigen Adelsbrief sein Eigen nennen durfte, war Hektor Aplyn eindeutig nicht in den Adelsstand hineingeboren. Er entstammte einer Familie bodenständiger, hart arbeitender Matrosen der Handelsmarine. Dass Hektor zum Midshipman in der Royal Charisian Navy aufgestiegen war, hatte für die ganze Familie Aplyn einen beachtlichen Schritt dargestellt. Hektor hatte darauf gehofft, Karriere zu machen. Die Charisian Navy war tatsächlich die einzige auf ganz Safehold, bei der ein Bürgerlicher gute Aussichten hatte, bis selbst zu den höchsten Rängen aufzusteigen. Mehr als nur ein bürgerlich Geborener war als Navy-Offizier in den Ritterstand erhoben worden und hatte sich den Wimpel eines Admirals erworben. Hektor hätte mindestens ein halbes Dutzend Bürgerliche zu nennen gewusst, die mittlerweile den Titel eines Baronet trugen, und mindestens einer, der sogar als Graf gestorben war. Doch nicht einen einzigen Moment lang hätte er auch nur davon geträumt, er selbst könnte je Herzog werden!
Andererseits - und damit verschwand seine Belustigung auch sofort - hatte er auch nie erwartet, dass sein König in seinen Armen sterben würde oder dass er mit dem Wissen würde leben müssen, sein Monarch habe sich die tödliche Verwundung dabei zugezogen, ihn zu beschützen. Niemals hätte er damit gerechnet, er könnte einer von nur sechsunddreißig Überlebenden aus der Besatzung des Flaggschiffs König Haarahlds VII. sein. Drei besagter Überlebender waren schließlich doch noch ihren Verwundungen erlegen, so sehr sich die Heiler auch um sie bemüht hatten. Von den verbleibenden dreiunddreißig waren elf so schwer verletzt gewesen, dass sie niemals wieder zur See fahren würden. Dass er, Hektor Aplyn, ein solches Massaker überleben sollte, geschweige denn anschließend noch im aktiven Dienst verbleiben, wäre ihm ohnehin schon unwahrscheinlich genug erschienen. Dass er vom Hause Ahrmahk adoptiert würde, sodass er rechtlich ein Sohn Kaiser Caylebs würde, wäre ihm nicht einmal im wildesten Fiebertraum eingefallen. Hätte jemand ihm gegenüber diese Möglichkeit erwähnt, wäre er bei dieser Vorstellung schreiend fortgelaufen. Was hatte er, der Sohn des Ersten Offiziers auf einer Galeone der Handelsmarine, denn mit der Königlichen Familie gemein? Diese Vorstellung war doch völlig absurd!
Unglücklicherweise war es genau so gekommen. Irgendwann, beizeiten, würde Hektor zu dem Schluss kommen, es sei gut so. Er war durchaus bereit, diese Möglichkeit einzugestehen - er war ja schließlich nicht dumm. Trotzdem hatte seine erste Reaktion auf diese Entwicklung in nackter Panik bestanden. Deswegen war er so dankbar dafür, an Bord der Destiny gelandet zu sein. Sir Dunkyn Yairley entstammte zwar selbst nicht dem exklusiven Kreis des Hochadels, wahrhaftig nicht! Dennoch war er mit drei Baronen und einem Grafen verwandt (wenngleich recht entfernt). Wichtiger jedoch: Von Anfang an
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