Die Eiserne Festung - 7
Vorgesetzten gewusst. Schlimmer noch: Cahnyr vermutete, es wäre Clyntahn schlichtweg egal, ob Gorjah nun aktiv beteiligt gewesen war oder nicht. Der Großinquisitor mochte sehr wohl entscheiden, dass Gorjah, schuldig oder nicht, ein weiteres gutes Exempel abgäbe. Schließlich war er entbehrlich: Reichlich andere Unterpriester konnten seine Aufgaben hier übernehmen.
Dennoch war der Erzbischof seiner Entscheidung treu geblieben, den jungen Unterpriester nicht in seine Machenschaften zu verwickeln. Sein Sekretär in Zion bekam jedes einzelne Schreiben zu Gesicht, das er Gorjah sandte - gerade weil der Mann der Inquisition regelmäßig Bericht erstattete. Keines der erzbischöflichen Schreiben an Gorjah hatte auch nur den kleinsten Hinweis auf den ›Kreis‹ oder irgendwelche seiner Aktivitäten enthalten. Nun ruhte Cahnyrs ganze Hoffnung darauf, dass diese Routineschreiben, zusammen mit der Tatsache, dass Gorjah ja tatsächlich nichts von den subversiven Aktivitäten seines Vorgesetzten wusste, für seinen Sekretär den bestmöglich Schutz darstellten.
Es ist das Beste, Gharth, was ich für dich tun kann, dachte der Erzbischof, auch wenn es wenig ist. Er gestattete sich ein trauriges Lächeln. Ich kann dich nicht einmal einladen, zusammen mit mir zu fliehen - vorausgesetzt, ich erhalte überhaupt jemals die Gelegenheit zur Flucht. Aber eine verzweifelte Flucht durch die Berge, mitten im eisigen Winter, mit drei Kindern und einer schwangeren Frau, ist wirklich das Letzte, was du jetzt gebrauchen kannst.
»Sehr wohl, Eure Eminenz«, sagte Gorjah schließlich. »Ich werde nicht behaupten, die Entscheidung sei töricht. Denn ich bin mir viel zu sehr meiner Pflichten bewusst, als dass mir jemals ein derart respektloser Gedanke käme. Und selbstverständlich sind zwei ... hochangesehene Herren, die beide schon weit über sechzig sind, bestens in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern, wie primitiv die Bedingungen auch sein mögen.« Er warf Cahnyr einen gestrengen Blick zu. Er schüttelte den Kopf, als sein Erzbischof diesen Blick wortlos und ohne mit der Wimper zu zucken erwiderte. »Ich werde alles vorbereiten. Und wenn Ihr mir einen Fünftag Zeit lasst, sorge ich dafür, dass auch die Kohlenvorräte und die Speisekammer aufgefüllt sind.«
»Ich danke Ihnen, Gharth.« Sanft tätschelte Cahnyr dem jüngeren Mann die Schulter. »Das ist sehr aufmerksam von Ihnen. Ich weiß das wirklich zu schätzen.«
Und das stimmt auch, dachte er. Und was noch besser war: Der Aufschub, den sich sein Sekretär erbeten hatte, hatte genau die richtige Länge.
.VIII.
Herzog Eastshares Hauptquartier, Maikelberg, Herzogtum Eastshare, Königreich Chisholm
Wäre ich immer noch ein Mensch aus Fleisch und Blut, dachte Merlin Athrawes, während sein frisch eingewechseltes Reittier flott dahintrabte, wäre ich das hier allmählich leid. Oder zumindest diese eine Reise hier.
Sharleyans Vater, König Sailys, hatte die Stadt Maikelberg begründet. Sie lag knapp einhundertundfünfzig Meilen nördlich von Cherayth, auf einer schmalen Landzunge zwischen dem Lake Morgan und der Cherry Bay. Angelegt war sie wie eine große Festung.
Drei Schlüssel hatten König Sailys in die Lage versetzt, die Macht des Hochadels zu brechen und die Unabhängigkeit und Machtfülle des Königtums wieder herzustellen: Der erste Schlüssel war die Königliche Armee, die seinerzeit Sailys' Schwager kommandiert hatte, Herzog Halbrook Hollow. Der zweite Schlüssel war das Bündnis, das die Krone mit dem Bürgertum geschlossen hatte. Dieses Bündnis hatte vor allem Mahrak Sahndyrs, seines Zeichens Baron Green Mountain, eingefädelt. Sailys hatte Mahrak schon von Kindesbeinen an gekannt. Seit jener Zeit waren sie eng befreundet gewesen. Der dritte Schlüssel zur Macht war gottgegeben: Geographie. Naja, Geographie in Kombination mit Green Mountains äußerst scharfsinniger Diplomatie.
Green Mountain hatte sich Herzog Lakeshores, Herzog Broken Rocks und Graf Helenas Unterstützung gesichert. Es war ein rechter Drachenhandel gewesen, vor allem, was Broken Rock betraf, aber nun ja. Dazu war die inbrünstige Unterstützung durch die Freistadt Port Charlz gekommen (die von ihren Bürgern in Port Royal umbenannt worden war, um ihrer Treue der Krone gegenüber unmissverständlich Ausdruck zu verleihen). Freistadt und Adelstrias hatten Sailys zusammen mit dessen Hausmacht, dem Herzogtum Cherayth, eine solide territoriale Machtbasis bieten können. Im Schutze des Lake Morgan
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