Die Eiserne Festung - 7
wieder das Wort. »Wenn es Thirsk gelingt, tatsächlich die gesamte Dohlaran Navy umzuorganisieren, werden Thorast und die anderen ihn den Kraken vorwerfen, sobald sie das Gefühl haben, auch ohne ihn zurechtzukommen.«
»Natürlich«, stimmte Merlin zu und klang dabei tatsächlich ein wenig betrübt. »Und ihm ist es, meine ich, auch bewusst. Das macht ihn aus unserem Blickwinkel nur umso gefährlicher.«
»Also werden wir etwas unternehmen müssen«, sagte Rock Point deutlich forscher. »Gwylym wird schon bald die Segel setzen.«
»Ich weiß.« Merlin legte die Stirn in Falten. »Aber aus vielerlei Gründen wünschte ich doch, Sie würden an seiner Statt in See stechen.«
»Gwylym ist genau so tüchtig wie ich«, sagte Rock Point mit Nachdruck. Vielleicht schwang sogar ein wenig Schärfe in seiner Stimme mit. Merlin schüttelte rasch den Kopf.
»Es geht hier nicht um Tüchtigkeit, Domynyk«, erklärte er. »Glauben Sie mir, niemand bringt Gwylym mehr Respekt entgegen als ich! Nur, dass es mir lieber wäre, wenn derjenige, der die Aufgabe hat, König Rahnyld den Bart anzusengen, auch auf die SNARCs zurückgreifen könnte. Vor allem, wenn man bedenkt, wie fähig Thirsk ist. Und was das angeht, sind wir beide ja einer Meinung.«
Zustimmend nickte Rock Point, wenn auch widerwillig. Merlins Argument ließ sich nicht entkräften. Admiral Sir Gwylym Manthyr war bei den Schlachten vor der ›Felsnadel‹ und dem ›Klippenhaken‹ und der Schlacht im Darcos-Sund Caylebs Flaggkommandant gewesen. Er war ein erfahrener Seemann, achtete auf jedes noch so kleine Detail und hatte Nerven aus Stahl. Aber er gehörte nicht dem Inneren Kreis an, der die Wahrheit über Merlin kannte. Das bedeutete, er würde keine Satellitenbilder zu Gesicht bekommen. Gleiches galt auch für jeden, der seinem Stab angehörte.
Bedauerlicherweise war Rock Point der Einzige unter allen ranghohen Flottenoffizieren in Caylebs und Sharleyans Diensten, der dem Inneren Kreis angehörte. Weitere Offiziere hinzuzuholen besaß zwar höchste Priorität, aber auch hier durfte man nichts überstürzen. Rock Point selbst hatte dafür votiert, High Admiral Bryahn Lock Island aufzunehmen. Merlin und er waren recht zuversichtlich, dass die Bruderschaft von Sankt Zherneau zu Lock Islands Gunsten entscheiden würde. Natürlich stellte sich damit die Frage, wer denn nun Lock Island einweihen sollte. Cayleb, Sharleyan und Erzbischof Maikel hatten allesamt das Alte Königreich Charis verlassen. Daher war es praktisch unmöglich, den richtigen Boten zu finden - jemanden, der auch über die Autorität verfügte, Lock Island notfalls zum Zuhören zu zwingen, falls er die, nun ... Neuigkeit nicht gut aufnähme. Der Bote musste auch jemand sein, dem Lock Island genug vertraute, um diese neuen Informationen überhaupt zu glauben. In der allergrößten Not könnte vielleicht Baron Wave Thunder die Aufgabe übernehmen, aber trotzdem ...
»Vielleicht könnte ich Bryahn dazu bewegen, doch lieber mich statt Gwylym zu schicken«, sagte der Baron schließlich. Doch sein Ton war zögerlich und Rock Points Miene unzufrieden.
»Nein.« Wieder schüttelte Merlin den Kopf. »Caylebs und Sharleyans Entscheidung ist richtig: Wir brauchen Sie genau da, wo Sie sind. Oder besser: wo Sie bald sein werden. Darüber hinaus ist Dohlar zwar ein Grund, sich Sorgen zu machen, aber Tarot ist gleich nebenan. Und White Ford hat auch einiges auf dem Kasten.«
Nun war es an Rock Point, gequält das Gesicht zu verziehen. Aber auch hier konnte er nicht widersprechen.
Die Imperial Charisian Navy war die größte, leistungsstärkste Flotte, über die jemals ein einzelnes Reich auf Safehold verfügt hatte. Sie wuchs immer weiter an; bald würde sie eine Stärke von neunzig Galeonen überschreiten, und ein Ende war nicht abzusehen. Bedauerlicherweise würde die Flotte sich nicht nur mit einem einzigen anderen Reich auf Safehold anzulegen haben. Schon bald sähe sie sich der gemeinsamen, vereinigten Flotte praktisch aller Reiche des Festlandes gegenüber. Und schlimmer noch: Die Kirche des Verheißenen hatte schwindelerregende Summen bereitgestellt, um die Flotten ihrer Verbündeten zu unterstützen, auch wenn die Schiffsbauprogramme der verschiedenen König- und Kaiserreiche nicht mit gleicher Geschwindigkeit vorankamen. Die Tempel-Lande und das nördliche Kaiserreich Harchong hinkten der Entwicklung in Dohlar und dem Desnairianischen Reich deutlich hinterher. Diese Lage würde sich nicht so rasch
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