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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
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soviel ich weiß, im Nordwesten, in der Nähe der Grenze zu Gerander. Ich schlage vor, dass wir uns dort treffen.«
    Ebenezer warf Beezer einen Blick zu. »Was hältst du davon, Beez?«
    »Dann ist doch alles klar«, sagte seine Frau. »Hier können wir jedenfalls nicht bleiben, daher begeben wir uns alle nach Stetson zu dem Treffen. Aber ich glaube, die Kinder sollten sich vorher richtig ausschlafen. Ich schlage vor, dass wir gleich morgen früh aufbrechen.«
    Während sich Onkel und Tante besprachen, starrten sich Alistair, Alex und Alice an.
    »Sie sind am Leben«, sagte Alice schließlich mit glänzenden Augen.
    Alistair nickte wortlos. Ein Wust von Gefühlen hatte sich seiner bemächtigt, dass er überhaupt nicht mehr wusste, was er empfinden sollte. Freude darüber, dass Rebus und Emmeline am Leben waren, das war klar. Wenn er sich vorstellte, dass er sie wiedersehen würde! Die sanften Berührungen seiner Mutter spüren, das tiefe Lachen seines Vaters hören würde. Plötzlich wurde ihm ganz schwummerig, alsdas riesige Gewicht der Traurigkeit, das er vier Jahre mit sich herumgeschleppt hatte, von ihm abfiel. Doch dann musste er an den gequälten Blick von Onkel Silas denken, als er von seinen Jahren im Gefängnis auf Atticus erzählt hatte. Was hatten seine Eltern wohl erdulden müssen? Er packte die Enden seines Schals. Dann spürte er, dass ihm sein Bruder die Schulter drückte.
    »Das FUG-Treffen ... Es ist in der Nähe von Gerander«, sagte Alex eifrig. »Wir können ihnen beim Suchen helfen. Du auch, Tibby.«
    Alistair warf seinem Bruder einen dankbaren Blick zu, als Tibby, die etwas abseits gestanden hatte, einen Schritt vortrat und lächelte. Insgeheim befürchtete er, dass Slipper Pink und Happy Thompson ihn und Tibby Rose vielleicht nicht in der FUG haben wollten, nachdem sie sie auf den Klippen bei Sadiz so getäuscht hatten. Die zwei, die zu den höchstrangigen FUG-Mitgliedern gehörten, hielten sie womöglich für unzuverlässig!
    Aber wenn er ihnen das Lied seiner Mutter vorsingen würde, würden sie vielleicht ein Auge zudrücken? Wenn es etwas mit den geheimen Wegen durch Gerander zu tun hatte, von denen Slipper gesprochen hatte, dann war diese Information doch zu wertvoll, um sie unbeachtet zu lassen. Selbst, wenn die beiden böse auf ihn waren. Vielleicht half das Lied sogar – Alistair verspürte ein erregtes Kribbeln zwischen den Schulterblättern – vielleicht half es sogar, seine Eltern zu retten.
    Beim Lieblingsessen der Familie, das aus Käse und Pellkartoffeln bestand, feierten sie die Nachricht, dass Emmeline und Rebus doch noch am Leben waren.
    »Ich hab es immer gewusst«, sagte Onkel Ebenezer ständig. »Habe ich dir nicht immer gesagt, wie stark und mutig dein Vater ist?«
    Nach dem Essen besprachen sie, welche Vorbereitungen sie am nächsten Morgen treffen mussten. Tibby stellte eine Liste mit den wichtigsten Dingen für eine anständige Überlebensausrüstung zusammen.
    Onkel Ebenezer machte sie darauf aufmerksam, dass sie auch für Winterwetter packen müssten, da man noch nicht sagen konnte, wie lange sie von zu Hause fort sein würden. »Dein armer alter Schal sieht ja schrecklich aus«, sagte er zu Alistair. »Was würde deine Mutter nur dazu sagen, dass er so aussieht! Ich wasche ihn heute noch, dann ist er bis morgen früh trocken.«
    Widerstrebend wickelte sich Alistair den Schal vom Hals und hielt ihn seinem Onkel hin. Als der Schal nun so ausgebreitet in seiner Hand hing und Alistair auf das vertraute Muster von Formen und Linien und den langen blauen Streifen in der Mitte starrte, kamen ihm plötzlich die Worte des alten Gerandiners in den Sinn: Ein ziemlich schmaler Landstreifen ..., hatte er gesagt. Und der blaue Streifen ...
    »Onkel Ebenezer, wo ist der Fluss Winns?«
    »Der Winns?« Sein Onkel sah überrascht aus. »Ach so, du denkst an Timmy, was? Der klingt in der Tat interessant. Weißt du, euer Timmy erinnert mich ein bisschen an –«Ebenezer verstummte und schüttelte den Kopf. »Nein, das ist ganz unmöglich ...« Als er Alistairs fragenden Blick sah, sagte er: »Der Winns ist der größte Fluss in Gerander. Er fließt der Länge nach mitten durchs Land und hat Hunderte von Nebenflüssen. Es ist vor allem dem Winns zu verdanken, dass Gerander so ein fruchtbares, ertragreiches Land ist.«
    Dann hatte er also recht, dachte Alistair. Der Winns lag in Gerander. Und floss mitten durch das Land, genau wie der blaue Streifen auf seinem Schal durch die Mitte

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