Die Entlarvung
griff er erneut zum Telefon. Wegen einer äußerst dringlichen Angelegenheit verlangte er einen sofortigen Termin bei William Western.
»Ziehen Sie Julia von dem Fall zurück«, wiederholte er.
Western trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Nein!« entgegnete er.
Ben trat näher an den Schreibtisch heran, hinter dem Western saß. Man hatte Ben keinen Platz angeboten, was dieser im Moment durchaus als Vorteil empfand. Er schaute auf den korpulenten Mann in dem großen Sessel herab und sagte drohend: »King hat Wind von Ihren Plänen bekommen. Er weiß, daß wir hinter ihm her sind. Er hat das Telefon dieser Frau abhören lassen, und nun ist sie tot … bevor sie ihre Erklärung abgeben konnte. Das kann kein Zufall sein. Das ist King, wie er leibt und lebt. Sie ziehen Julia jetzt zurück. Ich kümmere mich um die Sache.«
»Nein«, wiederholte Western. »Sie sind nicht so gut wie Julia. Sie haben es vorher schon einmal versucht, und nichts ist dabei herausgekommen.«
Ben warf ihm einen durchdringenden Blick zu. »Ich war King in zwei Mordfallen auf der Spur. Sie aber haben mich dazu gezwungen, meine Recherchen einzustellen. So sehen die Tatsachen aus.«
»Ich bestimme hier, was Tatsache ist und was nicht«, sagte Western schneidend. »Sie und Julia sind ein Team. Und keiner von Ihnen steigt jetzt einfach aus. Wenn King hinter dem Mord an der Witwe steckt, was immerhin nur eine Vermutung ist – unterbrechen Sie mich nicht, Harris, sondern hören Sie gut zu –, dann muß es irgendwo bei Ihnen eine undichte Stelle geben. Gehen Sie dem nach. Sofern Sie mit Ihrer Annahme recht haben und King mit dem Mord zu tun hat, wird er sich nun in Sicherheit wiegen. Die Zeugin ist beseitigt, die eine Verbindung zwischen dem Unfall seiner Frau und der angeblichen Kriegsverbrechergeschichte hätte herstellen können. Sie werden jetzt so tun, als hätten Sie kein Interesse mehr an der Story. Keine Beweise, keine weiteren Spuren. Und überprüfen Sie Ihre eigenen Telefone. Daran haben Sie doch gedacht, oder?« Er betrachtete Ben Harris stirnrunzelnd.
Ben trat einen Schritt zurück. »Ja, daran habe ich gedacht. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß ich hiermit kündige. Auf der Stelle.« Western verschränkte die Finger.
»Wollen Sie Ihre Freundin Miss Hamilton im Stich lassen? Das hätte ich nicht von Ihnen gedacht.«
»Ich sorge dafür, daß sie ebenfalls kündigt«, fuhr Ben ihn an. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt, und jeden Moment konnte er vor Wut explodieren.
»Auch das glaube ich kaum«, entgegnete Western kühl. »Warum sind Sie dann überhaupt erst zu mir gekommen? Hören Sie auf, sich so kindisch zu benehmen! Julia gibt nicht so schnell auf, das wissen Sie.«
»Doch, in diesem Fall schon«, beharrte Ben. »Sie hat es mir versprochen. Nur unter der Bedingung, daß sie aufhört, wenn ich es ihr sage, war ich überhaupt bereit, den Fall mit ihr zusammen zu übernehmen.«
»Sie wird ihr Versprechen nicht halten«, prognostizierte Western. »Sie steigt aus der Sache nicht aus. Nicht Julia Hamilton. Wenn Sie sich Sorgen um sie machen, tun Sie, was ich Ihnen geraten habe. Machen Sie bestimmten Kreisen weis, daß Sie die Story nicht weiterverfolgen. Halten Sie ansonsten den Mund und arbeiten Sie möglichst unauffällig weiter.« Er räkelte sich genüßlich in seinem Sessel. »In der nächsten Vorankündigung für die ›Enthüllungen‹ werde ich auf eine völlig andere Zielperson hindeuten.«
»Zu großzügig«, schnaubte Ben Harris. »Sie erhalten meine schriftliche Kündigung morgen vormittag.«
»Ich hoffe, Sie überlegen sich das noch«, sagte Western gelassen. »Ich fände es schade, Sie zu verlieren. Miss Gilbey …«, rief er in die Sprechanlage, »begleiten Sie Mr. Harris hinaus und sagen Sie Parsons, daß er hereinkommen soll.«
»Ben, was um Himmels willen soll das?«
»Mach, was ich dir sage. Ruf niemanden von deiner Wohnung aus an. Um acht Uhr treffen wir uns bei Mario's.«
Er legte auf, bevor sie ihm widersprechen konnte. Sein Telefon begann sofort wieder zu klingeln. Er schaltete den Anruf zu seiner Sekretärin durch.
Er mußte Julia dazu bewegen, auf ihn zu hören. Westerns höhnische Worte hallten in seinem Ohr nach. »Wollen Sie Ihre Freundin Miss Hamilton im Stich lassen? Das hätte ich nicht von Ihnen gedacht.« Er hatte Ben durchschaut, hatte erkannt, daß er nur bluffte. Western war ein unbarmherziger, skrupelloser Hund – nicht viel besser als sein Rivale King, den er zu
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