Die Entscheidung
rechte Hand glitt in die Tasche und griff nach dem kalten Stahl der Pistole. Sie sah sich den Mann und die Frau genau an. Beide sahen wie typische Akademiker aus. Der Mann trug Jeans, ein kariertes Hemd und eine locker sitzende Krawatte. Die Frau trug ein unscheinbares Kleid und Birkenstock-Sandalen. Donatella atmete erleichtert aus und ging weiter den Gang entlang.
Camerons Tür war geschlossen. Donatella näherte sich seinem Büro und horchte einige Augenblicke. Sie hörte einen Stuhl knarren und beschloss zu klopfen. Zuerst meldete sich niemand, deshalb klopfte sie noch einmal und sagte: »Professor Cameron, mein Name ist Amy Vertine. Dekan Malavich hat mich wegen einer Unterschrift zu Ihnen geschickt, damit ich mich für eines Ihrer Seminare im nächsten Semester anmelden kann.«
»Ich bin gerade sehr beschäftigt. Können Sie nicht etwas später wiederkommen?«
»Nein, ich fürchte, das geht nicht.« Donatella legte die Hand an den Türknauf, während sie weitersprach. »Ich bin gerade auf dem Weg zur Arbeit. Ich möchte an diesem Seminar wirklich unbedingt teilnehmen.« Die Tür war versperrt. »Ich habe gehört, dass Ihre Lehrveranstaltungen ganz hervorragend sind. Es dauert auch nur eine Sekunde, das verspreche ich Ihnen.« Donatella blickte ans andere Ende des Ganges und sah mit Erleichterung, dass die beiden Dozenten nicht mehr da waren. Sie begann schon zu überlegen, ob sie einen Schuss durch die Tür riskieren sollte, als plötzlich die Tür aufging.
Peter Cameron winkte sie herein und schloss die Tür. »Es tut mir Leid, aber ich muss die Tür zusperren, sonst kommen noch mehr Studenten, und ich komme überhaupt nicht mehr weg.«
Donatella streckte ihm die rechte Hand entgegen. »Mein Name ist Amy. Es freut mich, Sie kennen zu lernen, Professor Cameron.«
Cameron lächelte die hübsche Frau an und ergriff ihre Hand. »Sagen Sie doch bitte Peter zu mir.«
Donatella erwiderte das Lächeln und drehte den Kopf nach links – wohl wissend, dass ihr Ziel das Gleiche tun würde. Sie zeigte auf eine Plakette an der Wand. »Ist das von der CIA?«
Cameron blickte zu der Auszeichnung hinüber, die er von Freunden bei der Agency für seine vierundzwanzig Dienstjahre bekommen hatte. Als er sich stolz anschickte, die Frage zu beantworten, glitt Donatellas rechte Hand in ihre Tasche und schloss sich um den Gummigriff einer zehn Zentimeter langen Anreißnadel aus Stahl, die extrem zugespitzt war. Langsam nahm sie die Waffe heraus und hielt sie nahe am Körper. Dann zeigte sie auf ein Foto neben der Plakette und fragte: »Wer ist das?«
Als Cameron sich dem Foto zuwandte, hob Donatella die Nadel hoch und stach blitzschnell zu. Ihr Ziel hatte die perfekte Position, als sie den spitzen Gegenstand in Camerons linkes Ohr stieß. Bevor er schreien konnte, war Donatella bei ihm, drückte ihm die linke Hand auf den Mund und drehte die Nadel mit erstaunlicher Kraft herum. Sein Körper sackte in sich zusammen, als das zehn Zentimeter lange Stück Stahl sein Gehirn durchbohrte. Donatella ließ ihn auf den Boden sinken und drehte die Nadel noch einmal herum, um sicherzugehen, dass er tot war. Dann zog sie die Waffe langsam wieder heraus und wischte das wenige Blut, das daran klebte, in Camerons Achselhöhle ab. Donatella verstaute die Anreißnadel wieder in ihrer Handtasche, öffnete, als wäre nichts geschehen, die Bürotür, schloss sie und sperrte zu.
Die Aufzugtüren gingen auf, und Rapp und Coleman traten auf den Korridor. Coleman blickte nach links, Rapp nach rechts. Beide Männer hatten die Hände in der Nähe ihrer Waffen. Sie sahen eine einzelne Frau auf dem Gang, die von ihnen weg auf das andere Ende des Ganges zuging. Rapp betrachtete sie einen Augenblick und hatte plötzlich das seltsame Gefühl, dass ihm die Art, wie sie sich bewegte, irgendwie vertraut vorkam. Als sie die Tür zum Treppenhaus erreichte, drehte sie sich um und blickte einen kurzen Moment lang in ihre Richtung. Rapp sah sie nur ganz kurz, und dann war sie fort. Er neigte den Kopf und überlegte einen Augenblick. Sie hatte irgendetwas Vertrautes an sich, wenngleich er nicht genau hätte sagen können, was es war.
Coleman tippte ihm auf die Schulter und blickte den Gang hinunter. Langsam gingen sie auf das Büro zu. Als sie die Tür erreichten, gingen sie links und rechts davon in Position. Rapp legte eine Hand an den Türknauf und die andere an den Griff seiner Beretta. Coleman behielt den Gang im Auge. Als sich der Türknauf nicht drehen
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