Die Entscheidung der Hebamme
Stall und die Gäste in die Halle kommen.«
Der Markgraf war auf dem Weg in den Palas, den rechten Arm hatte er seinem Sohn anerkennend auf die Schulter gelegt. Dietrich ging mit undurchdringlichem Gesichtausdruck hinter ihnen.
»Alles in bestem Zustand«, lobte Otto, während er die Verteidigungsanlagen der Burg musterte, als sei dies Albrechts Verdienst. »Und dazu noch reichlich Jagdbeute! Gut gemacht, Sohn!«
Albrecht erwiderte nichts, sondern verzog nur den Mund zu seinem üblichen mokanten Lächeln. Ihm war nicht entgangen, dass sein Vater nur unter Schmerzen gehen konnte. Vielleicht sah es der Alte ja endlich ein, dass er zu gebrechlich war, um sein Land noch weiter zu regieren, und übergab Titel und Markgrafschaft an ihn.
Stöhnend ließ sich Otto auf den Stuhl sinken, von dem aus tags zuvor noch Albrecht Befehle erteilt hatte.
»Soll ich Euch ein heißes Bad bereiten lassen?«, schlug Marthe vor, die ihnen gefolgt war und nun vor dem Markgrafen und seinen beiden Söhnen stand. »Das könnte Eure Beschwerden lindern.«
Diese Bemerkung brachte ihr einen weiteren hasserfüllten Blick von Albrecht ein.
»Oh, ja!« Otto stöhnte auf. »Ihr ahnt gar nicht, wie sehr mich schon der Gedanke daran erfreut.«
Den Rest des Tages verbrachte Marthe damit, sich um Otto, Lukas, das Mahl, die Unterbringung der Gäste und hundert andere Dinge gleichzeitig zu kümmern.
Es war schon tiefe Nacht, als sie sich endlich mit Christian zurückziehen konnte. Sie hatten ihre Kammer dem Markgrafen überlassen und waren mit den Kindern und einigen Getreuen vorübergehend in das Steinhaus gezogen, in dem sie gelebt hatten, bevor Christian zum Burgvogt ernannt worden war.
»Ich dachte schon, sie wollten nie zu Bett gehen!«, sagte Marthe und seufzte, als sie in Christians Arme sank, kaum dass er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Doch er erstickte jedes weitere Wort mit einem innigen Kuss.
Augenblicke später fanden sie sich schon auf ihrem Bett wieder, engumschlungen und vor Verlangen zitternd. Jede Müdigkeit nach dem langen, anstrengenden Tag war auf einmal vergessen.
Sie brauchten keine Worte. Sie kannten sich gut genug, um zu wissen, wie sehr sie einander vermisst hatten und wie erleichtert sie waren, den anderen lebend wiederzusehen.
Hastig zerrten sie einander die Kleider vom Leib, doch als Marthe Christian auf sich ziehen wollte, hielt er inne.
»Warte!«, sagte er und entzündete eine Kerze. »Ich will dich sehen.«
Lächelnd räkelte sie ihren Leib im Kerzenlicht und streckte ihm die Arme entgegen. »Komm! Ich hab mich so nach dir gesehnt! Lass mich nicht länger warten.«
Das tat er auch nicht. Begehrlich glitten seine Hände über ihren Körper, während er mit seinen Lippen ihre Brüste liebkoste. Doch auch er war ungeduldig, endlich in ihren Schoß einzudringen, der bereit für ihn war. Es war, als konnten sie nicht genug voneinander bekommen. Alles um sie herum schien sich auf einmal in nichts aufgelöst zu haben, es gab nur noch sie beide und ihre leidenschaftliche, grenzenlose Liebe.
Als sie endlich voneinander ließen, erschöpft und schweißgebadet, da war keine Gelegenheit mehr für lange Gespräche über das in den letzten Wochen Erlebte. Der Schlaf übermannte sie, dicht aneinandergeschmiegt und glücklich.
Marthe erwachte vom Geräusch plätschernden Wassers. Schlaftrunken blinzelte sie ins Licht. Sie brauchte erst einen Augenblick, um zu erkennen, wo sie war, und sprang dann erschrocken aus dem Bett.
Der Tag war längst angebrochen, und sie hatte so viel zu tun! Das Frühmahl, Ottos Gicht, Lukas’ Verletzung, die sie gestern nur notdürftig hatte behandeln können, die Vorbereitungen für Hedwigs Ankunft …
Christian war schon auf, stand leicht vornübergebeugt vor einer Schüssel und goss sich aus einer Kanne Wasser über die muskulösen Arme. Bei diesem Anblick hätte sie ihn am liebsten sofort wieder in ihr Bett gezogen.
Er musste wohl ihre Gedanken erraten haben, denn er lächelte sie bedauernd an. »Wir sollten uns besser schnellstens auf der Burg blicken lassen.«
In aller Eile begann sie, ihre Kleider zusammenzusuchen. »Hoffentlich haben wir die Frühmesse nicht verpasst«, meinte sie besorgt. »Und ich muss dir vorher noch erzählen, was es inzwischen hier mit Albrecht gab.«
»Oh, das Wichtigste davon weiß ich schon«, erwiderte Christian mit sich verfinsternder Miene. »Was hatte es mit diesen Tränken auf sich, die du für ihn brauen musstest?«
Verblüfft
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