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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Drei hatten Hochschulabschlüsse, sieben hatten die Highschool beendet, zwei nicht. Das Durchschnittsalter war neunundvierzig, zwei Frauen waren in den Zwanzigern, was für Jake eine angenehme Überraschung darstellte. Insgesamt war er zufrieden. Wade Lanier auf der anderen Seite des Tisches ebenfalls. Tatsächlich hatte Richter Atlee mit sicherer Hand Kandidaten ausgeschlossen, die möglicherweise voreingenommen oder mit Vorurteilen in die Beratung gegangen wären. Zumindest auf dem Papier sah es so aus, als wären die Extremisten eliminiert und als läge der Prozess in den Händen von zwölf Menschen, die für alles offen waren.
    »Dann wählen wir jetzt die Ersatzleute«, sagte der Richter.
    Um sieben Uhr abends versammelten sich die neuen Geschworenen auf Anweisung von Richter Atlee im Geschworenenzimmer. Da er zuerst ausgewählt und aufgerufen worden war, als Erster auf der Bank Platz genommen hatte und überhaupt ein umgänglicher Mensch zu sein schien, der gern lächelte und immer ein freundliches Wort fand, wurde Mr. Nevin Dark zum Sprecher der Jury gewählt.
    Es war ein sehr langer Tag gewesen, aber ein spannender. Als er nach Hause fuhr, freute er sich darauf, seiner Frau bei einem späten Abendessen alles erzählen zu können. Richter Atlee hatte ihnen verboten, untereinander über den Prozess zu reden, aber Ehepartner hatte er nicht erwähnt.

40
    Lucien mischte die Karten und verteilte mit geübter Hand: zehn für Lonny und zehn für ihn selbst. Wie es inzwischen zur Gewohnheit geworden war, nahm Lonny langsam seine Karten vom Klapptisch und ließ sich endlos Zeit, um sie in seiner bevorzugten Reihenfolge zu arrangieren. Bewegungen und Sprache waren verzögert, aber sein Gehirn schien bestens zu funktionieren. In diesem fünften Spiel Gin Rommé führte er mit dreißig Punkten, von den ersten vier hatte er drei gewonnen. Er trug einen ausgebeulten Krankenhauskittel, und direkt über seinem Kopf hing eine Infusion. Eine nette Krankenschwester hatte ihm erlaubt, das Bett zu verlassen und am Fenster Karten zu spielen, aber erst nachdem Lonny laut geworden war. Er hatte das Krankenhaus gründlich satt und wollte weg. Nur wusste er nicht, wohin. Die einzige Alternative war das städtische Gefängnis, wo das Essen noch schlechter war und die Polizei lästige Fragen stellen würde. Tatsächlich wartete sie schon vor der Tür auf ihn. Dreißig Kilo Kokain machen immer Ärger. Sein neuer Freund Lucien, der angeblich Anwalt war, behauptete, das Beweismaterial müsse ausgeschlossen werden, sofern ein entsprechender Antrag gestellt wurde. Ohne hinreichenden Verdacht hätten die Cops Lonnys Zimmer in seiner Absteige gar nicht durchsuchen dürfen. Nur weil jemand bei einer Schlägerei in einer Bar etwas abbekommt, darf die Polizei noch lange nicht seine abgesperrte Behausung durchwühlen.
    »Das ist eine sichere Bank«, versprach Lucien. »Jeder Strafverteidiger, der sein Geld wert ist, wird dafür sorgen, dass das Kokain nicht verwendet werden darf. Sie kommen mit Sicherheit frei.«
    Sie hatten über Seth Hubbard geredet, und Lucien hatte alle Fakten, Legenden, Erfindungen, Spekulationen und Gerüchte erwähnt, die in den letzten sechs Monaten in Clanton im Umlauf gewesen waren. Lonny zeigte nur wenig Neugier, hörte aber gern zu. Lucien erwähnte weder das handschriftliche Testament noch die schwarze Haushälterin. Ausführlich schilderte er Seths erstaunlichen zehnjährigen Weg von einem Mann, der nach seiner hässlichen zweiten Scheidung am Boden zerstört war, zu einem Risikoinvestor erster Güte, der aus seiner eigenen, mit Hypotheken belasteten Immobilie ein Vermögen gemacht hatte. Er sprach von Seths Geheimnistuerei, Offshore bankkonten und dem Firmenlabyrinth. Er tischte die erstaunliche historische Anekdote auf, dass Seths Vater Cleon im Jahr 1928 in einem Liegenschaftsstreit von Luciens Großvater Robert E. Lee Wilbanks vertreten worden war. Und verloren hatte!
    Lucien redete praktisch pausenlos, um Lonnys Vertrauen zu gewinnen, ihn davon zu überzeugen, dass er mit Geheimnissen aus seiner Vergangenheit herausrücken konnte. Wenn Lucien alles auf den Tisch legte, konnte Lonny das auch tun. Zweimal im Laufe des Vormittags hatte Lucien vorsichtig nachgehakt, ob Lonny etwas über Ancil wusste, aber keiner dieser Anläufe war erfolgreich gewesen. Lonny schien sich nicht für das Thema zu interessieren. Sie redeten und spielten den ganzen Vormittag. Gegen Mittag war Lonny erschöpft und brauchte Ruhe. Die

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