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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sie hielt sie alle in einer schimmernden, gro
    ßen Blase geborgen. Licht verwob sich rings um sie her, eine flakkernde, wabernde Goldkugel entstand, und diese Kugel schwamm auf dem brodelnden Wasser. Immer weiter, allmählich jedoch langsamer werdend, als auch die Wasser endlich langsamer zu werden und abzusinken begannen. Das Zurückgleiten setzte ein, die Wasser kehrten zum Meeresgrund zurück, der komplizierte Wirbeltanz des Tsunamis wurde langsamer und gemächlicher.
    Mit einer letzten ungeheuerlichen Kraftanstrengung hob Harskari die Energieblase wieder auf den Damm zurück, und dann zerplatzte diese Blase, und Harskari wurde ausgepustet wie eine Kerzenflamme, und Aleytys brach beinahe zusammen vor Schwäche; ein Zucken durchlief ihren Körper, ein Zittern, das ihren Armen und Beinen jeden Halt raubte und ihren Verstand selbst zersplitterte. Das Gyr stolperte. Die Energieblase verging und spie sie aus in das zwei oder drei Fuß tiefe Wasser, das noch immer über den Damm schäumte. Aleytys war halb besinnungslos; der Ruck schleuderte sie aus dem Sattel. Sie wirbelte durch Finsternis. Stürzte in Finsternis. Sie hörte das Spritzen nicht, als sie aufschlug, als sie irgendwo zu liegen kam, das Gesicht nach unten. Schäumendes Wasser, kalt und brennend, da es Salzwasser war, schloß sich über ihr.
    VII
    Unterwegs nach Sil Evareen
    l
    Shadith fand keine Zeit, die Luft anzuhalten. Als die Energieblase zerbarst und sie in die letzte, schwache Woge des Tsunamis ausgespien wurde, war sie vollauf damit beschäftigt, schreiende Gyori unter ihre Kontrolle zu nehmen und zu verhindern, daß sie in blinder Panik davonstürzten - über die Dammränder hinaus, in den Fluß und damit in den Tod. Schwach hörte sie Wakille fluchen, bekam mit, wie er am Zügel seines Packtiers riß; spürte, wie sehr er in Panik geriet bei dem Gedanken, alles zu verlieren, was ihnen möglicherweise nützlich sein konnte, die bevorstehenden Strapazen zu überleben; hörte ihn voller Groll darüber, seiner Besitztümer beraubt zu sein, vor sich hin murmeln; hörte ihn Aleytys verfluchen. Er machte sie für seine Verluste verantwortlich, niemals sich selbst, niemals seinen Entschluß, mit ihnen zu kommen. Im Gegensatz zu ihr schien er sich nicht mehr daran erinnern zu können, daß er damals nicht unbedingt erwünscht gewesen war.
    Unmut siedete in ihr hoch, während sie sich alle Mühe gab, sechs umherwimmelnde, rebellierende Tierseelen unter Kontrolle zu halten. Alle sechs zu beherrschen, das war zuviel für sie, doch sie wechselte in ihrem geistigen Zugriff von einem zum anderen ab, schnell, ein Huschen, ein behutsames Streicheln und Beruhigen, das schließlich dafür sorgte, daß sich ihre Panik legte. Unter normalen Umständen waren sie sanfte, liebenswerte Wesen, und da sich die Umstände ringsumher normalisierten, beruhigten sie sich rasch.
    Sie war zu beschäftigt, um Aleytys stürzen zu sehen, doch als sie ein doppeltes Wasserklatschen hörte, blickte sie sich um. Linfyar ließ sich von seinem Reittier fallen und rannte zu Aleytys hin, kauerte sich ins Wasser nieder, barg sie in seinen Armen, hielt ihr Gesicht über Wasser und preßte es gegen seine Seite. Er konnte sie nicht herumdrehen, er war nicht kräftig genug hierfür, doch er hielt seine Hände in ihre Haare verkrallt, und er hielt ihr Gesicht über Wasser. Shadith gab die Gyori frei, rutschte aus dem Sattel und hetzte zu ihm; sie verfluchte Wakille, weil er nicht eingegriffen, nicht einmal einen kleinen Finger gerührt hatte, um Aleytys beizustehen. Er mußte doch wissen, wie abhängig sie alle von ihrer Kraft und ihren Talenten waren. Außerdem - war nicht sie es gewesen, die sein Leben gerettet hatte, damals…? Damals, als er von den Ausgestoßenen angepflockt worden war; als er ertränkt werden sollte? Jetzt hätte er sie ertrinken lassen. Dankbarkeit, dachte sie wütend. Das also versteht er darunter. Er saß auf seinem Gyr und beobachtete mit distanziertem, vagem Interesse. Unvermittelt verspürte sie das Bedürfnis, ihm einen Tritt zu versetzen. „Was soll das? Was denkst du, wer du bist?” schrie sie ihn an, kniete dann neben Linfyar nieder und nahm ihr Gesicht in ihre Hände; sie stieß den Atem aus und merkte erst jetzt, daß sie die Luft angehalten hatte. Sie lächelte Linfyar an, und es war ihr völlig gleichgültig, ob er dies nicht sehen konnte, sie wußte, daß das Lächeln auch in ihrer Stimme war, als sie sprach: „Gute Arbeit, Linfy, sie verdankt dir ihr

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