Die Feinde des Imperators
wir
eintraten.
»Nichts
dergleichen. Diesmal bin ich das Opfer.« Ich warf meine Toga
durch den Raum, und ein Sklave fing sie gekonnt auf.
»Also? Was ist
passiert?«
»Ein Pygmäe
hat mir einen Pfeil in die Nase gejagt.«
Sie starrte mich eine
Weile böse an. »Denk dir gefälligst eine bessere
Lüge aus. So viel Respekt solltest du mir zollen.« Also
musste ich ihr die ganze Geschichte erzählen, und
schließlich war sie besänftigt. Allerdings hat sie sich
nicht dafür entschuldigt, mich einen Lügner geschimpft zu
haben. Wir gingen ins Triclinium und machten es uns bequem,
während das Essen aufgetragen wurde. Hermes ging weg, um
irgendetwas zu erledigen.
Ein Sklave brachte die
Lares familiares, und ich vollzog eine flüchtige Libation.
Dann nahm ich einen Becher, brach ein Stück Brot ab, tunkte es
in mit Knoblauch gewürztes Öl, biss ab, nippte an meinem
Wein und fragte Julia kauend: »Hast du Servilia einen Besuch
abgestattet?«
»Oh, ja. Sie tat
so, als hätte sie mich schon erwartet. Man hätte meinen
können, sie wäre auf der Hut.«
»Dazu hat sie
auch guten Grund. Wie ist es gelaufen?«
»Zunächst
einmal war ich nicht etwa der einzige Damenbesuch, den sie hatte.
Bei einer so berühmten Frau wie Servilia strömen die
Besucherinnen in Scharen herbei.«
»Waren
irgendwelche namhaften Frauen darunter?«, fragte ich und nahm
mir eine Handvoll in Öl eingelegte Oliven.
»Fulvia war da
und hatte jede Menge skandalösen Tratsch zu
erzählen.«
»Das kann ich
mir denken, schließlich ist ihr eigenes Benehmen wohl mehr
als nur ein bisschen skandalös.« Die extravagante Fulvia
war mit meinem alten Feind Clodius verheiratet gewesen, der von
meinem Freund Milo getötet worden war, und hatte dann Curio
geheiratet, der für Caesar in Afrika gekämpft und den Tod
gefunden hatte. Vor kurzem hatte sie Marcus Antonius geheiratet und
forcierte seine Karriere genauso vehement, wie sie die Karrieren
ihrer ersten beiden Ehemänner forciert hatte. Julia nannte ein
paar andere bedeutende Frauen.
»Klingt
vielversprechend«, sagte ich. »Worüber habt ihr
denn geredet?«
Ȇber das
Übliche. Wir mussten zuhören, wie Servilia ihren Sohn
Brutus als Inbegriff römischer Tugenden gepriesen hat. Fulvia
hat mit peinlicher Genauigkeit Antonius' Begabungen im Bett
dargelegt. Einige haben sich über die vielen
Unannehmlichkeiten beklagt, die ihnen der neue Kalender beschert.
Sie machen dich dafür verantwortlich.«
»Natürlich.
War irgendetwas Relevantes für meine Ermittlungen
dabei?« Ich zog mir einen Teller mit gebratenem Fisch
heran.
»Zunächst
nicht, aber ich gehe ja subtiler vor als du. Ich offenbare meine
Absichten nicht, indem ich mich unmittelbar auf das Thema
stürze, zu dem ich etwas in Erfahrung bringen
will.«
»Sehr
vernünftig«, entgegnete ich. »Und als du dann in
deiner gerissenen Art auf Umwegen zu dem Thema vorgedrungen bist -
was hast du da herausgefunden?«
»Du versuchst,
mich zu drängen«, stellte sie fest, pflückte
Weintrauben von einem Zweig und steckte sich eine nach der anderen
in den Mund. »Ich mag es nicht, wenn du mich
drängst.«
Es war wieder mal so
weit. »Also gut, erzähl es mir in deinem eigenen
Tempo.«
»Das klingt
schon besser.« Sie schob die Weintrauben beiseite und zog
sich eine Schale Kirschen mit Sahne heran. Julia liebte Kirschen
und hatte eine Sklavin, deren Hauptaufgabe darin bestand, die
Kirschkerne zu entfernen, eine öde und anstrengende Arbeit.
Sie begann, sie mit einem goldenen Löffel in sich
hineinzuschaufeln, den Caesar ihr geschenkt hatte.
»Nach dem
Morgenopfer am Tempel der Venus Genetrix traf Atia ein. Sie hatte
den jungen Octavius bei sich. Die Atmosphäre kühlte
spürbar ab. Servilia betrachtet Octavius natürlich als
Rivalen im Hinblick auf Caesars Erbe.«
»Sie scheinen
mir beide ziemlich weit hergeholt«, erklärte ich.
»Octavius ist Caesars Großneffe, Brutus ist praktisch
gar nicht mit ihm verwandt. Es gibt keinen wirklichen Grund, warum
er einen von beiden adoptieren sollte. Er könnte genauso gut
mich adoptieren.« Ich erhaschte ihren Blick. »Denk
nicht mal daran.«
Sie seufzte. »Es
würde niemals passieren. Zum einen bist du nicht ehrgeizig.
Caesar wird nur jemanden adoptieren, der ehrgeizig ist. Brutus ist
ehrgeizig, oder zumindest hegt Servilia große Ambitionen
für ihn. Octavius ist ziemlich still, aber stille Wasser sind
tief. Er hat zuletzt viel Zeit mit Caesar
verbracht.«
Ich kannte Octavius
kaum und hatte ihn nur ein
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