Die Flüchtlinge
her. Er war bereit, ihre Stimmung zu akzeptieren, ohne Fragen zu stellen. Göttin der Nacht, dachte er. Sie ist so schön wie die Nacht – und auch wie der Tag. Sie hat eine feine, zarte Haut und Feuerhaar, das dunkler wird, wenn die Sonne untergeht. Wie mag sie wohl im Morgengrauen aussehen? Wie würde sie während eines Raumfluges aussehen, im freien Fall und im Schein des bernsteinfarbenen Lichts der Beobachtungskuppel, wenn ihr Haar schwebte? Weltraumgöttin, Spaziergängerin der Nacht, Botin des Tages, Sternensängerin. Er wollte sie in dicke, weiße Pelze von Stroshine hüllen und sie mit den blauen Edelsteinen von Tozun krönen, ihr ein Diadem aus Nebeln, eine Weltentiara aufsetzen. Sie hatte in ihrer Lieblichkeit viel, viel mehr verdient.
Obwohl er an diesem Tag noch keinen Tropfen Alkohol getrunken hatte, war er berauscht – und wußte es. Berauscht von Taine. Sie war ihm von dem Augenblick an, in dem sie ihn im Stall gesehen hatte, nicht mehr von der Seite gewichen. Sie hatte ihr Lachen und ihre Freundlichkeit nur für ihn reserviert, hatte ausschließlich mit ihm getanzt, ihren Körper gegen den seinen gepreßt und über sein Entgegenkommen wissend gelächelt. Sie hatte ihn mit einem rätselhaften Lächeln aus dem Stall geführt, und ihre Augen waren ein einziges Versprechen gewesen. Seine Oberschenkel schmerzten vor Anspannung, aber er ignorierte sie. Er war völlig damit zufrieden, mit ihr allein hier draußen zu sein. Nicht einmal die Tatsache, daß sie vor kurzem noch mit ihm geflirtet hatte und jetzt schweigsam war, verwirrte ihn. Nichts von dem, was sie heute abend tat, konnte falsch sein.
Taine führte ihn um das Badehaus herum in das Kaedowäldchen und hielt zwischen den Bäumen an. Als er sie erreichte, wandte sie sich rasch um, legte die Arme um seinen Hals und zog ihn zu sich hinunter. Jes verlor vor Überraschung das Gleichgewicht, und sie fielen zusammen auf den weichen Unterboden. Sie drehte sich so, daß sie halb auf ihm lag.
„Taine“, flüsterte er.
„Pssst“, sagte sie mit Nachdruck und küßte ihn erneut. Ihre Finger öffneten seine Hemdknöpfe. Jes versuchte, ihre Hände wegzuschieben. Die Schnelligkeit, mit der sie vorging, verunsicherte ihn. Er brauchte ein wenig Zeit, um zu verstehen, was und warum sie etwas von ihm wollte. Dann glitt ihre Zunge in seinen Mund, ihre Hand legte sich auf die Ausbuchtung seines Unterleibs, und seine Einwände verloren sich in einer Wärmeflut. Taines Finger schienen auf seinem Körper zu brennen. Jes fummelte unbeholfen an den Knöpfen ihrer Bluse herum. Unter seinen Handflächen versteiften sich ihre Brustwarzen. Ihr Bauch war flach und warm. Die Kleider fielen ihr vom Leib, und Jes bewegte seine Hüften, um es ihr zu erleichtern, ihm die Hose herunterzuziehen. Sanft streichelte er ihre Hüften. Als er ihr zaghaft zwischen die Schenkel faßte, stöhnte sie und rieb sich an ihm. Und dann, bevor er wußte, was sie tat, schwang sie sich über ihn und setzte sich auf seinen Schwanz. Das Universum wurde zu einer engen, warmen Scheide. Jes stöhnte, zuckte und kam augenblicklich.
Als er zu sprechen versuchte, dämpfte sie seine Worte mit Küssen und liebkoste ihn. Sofort wurde er wieder steif. Diesmal legte sie sich unter ihn und paßte sich seinem Rhythmus an. Sie führte ihn mit sanften Händen und Bewegungen, bis sich ihr Körper versteifte und sie seinen Namen schrie. Als sie anfing, sich unter ihm zu winden, hielt Jes sich verzweifelt zurück. Er hatte einen zweiten Orgasmus, dann umfing ihn die Nacht.
Es ging schnell vorbei. Er atmete schwer und in langen, erleichterten Zügen. Schließlich schmiegte er sich an sie. Sie lagen inmitten gefallener Kaedoblätter.
„Ich liebe dich“, flüsterte er dann.
„Pssst.“
„Ich liebe dich. Wir werden morgen heiraten – oder noch heute abend. So schnell wie möglich. Ich liebe dich. Geh mit mir in den Weltraum. Ich liebe dich …“
Taine schüttelte seinen auf der Schulter ruhenden Kopf. Jes sah sie eindringlich an, aber in dem matten Licht war ihr Gesicht kaum zu erkennen.
„Nein“, sagte sie.
„Aber …“
„Nein.“ Sie löste sich aus seinen Armen, zog die Knie an und umschlang sie mit den Armen. „Tut mir leid, Jes, aber das geht nicht.“
„Aber du liebst mich doch …“
„Wann soll ich das gesagt haben?“
Er starrte sie an, aber er war mehr überrascht als zornig. „Ich verstehe nicht …“
Taine seufzte. „Seit ich von Neuheim hierherkam, habe ich nicht ein einziges
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