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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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rutschte, schob er sie mit dem Zeigefinger wieder nach oben. Neben seiner Kaffeetasse lag ein angebissenes Croissant.
    Der Mann, der sich von der Kirche her näherte, war lang und schlank, mit einem Kranz von weißen Haaren um das schmale Gesicht, und hielt sich kerzengrade. Er ging mit der Gründlichkeit eines Menschen, der sich nicht mehr beeilen mußte.
    Der Mann grüßte den Mann mit den Notizbüchern, der stumm zurückwinkte, und nahm am Nachbartisch Platz. Der Wirt eilte sofort herbei, er hatte noch nicht einmal das rotblaue Geschirrtuch beiseite gelegt, mit dem er sich die Hände abtrocknete.
    »Das übliche?«
    »Ja, André, sei so nett.« Monsieur nickte und lächelte.
    Aus dem Maison de la Presse nebenan schlenderte ein weit jüngerer Mann herbei, ein melancholischer Typ mit schlaffem Gesicht. Wie auf ein geheimes Kommando kamen sie plötzlich alle heran, auch die Männer von der Bar, und saßen oder standen um den alten Herrn herum. Der Mann schien das örtliche Orakel zu sein.
    Einer der Männer schwenkte sein Glas, als wolle er die Republik ausrufen. Der Mann aus dem Zeitungsladen fuhr ihm in die Parade. »Quatsch doch nicht, Marius, wenn es ein Unfall gewesen wäre, hätte man sie nicht in einer Höhle gefunden, auf dem Rücken liegend, mit gefalteten Händen!«
    »Und wenn sie wußte, daß es ans Sterben geht?«
    »Und du glaubst, sie hätte sich damit abgefunden und auch noch fromm die Hände gefaltet dabei? Ada?«
    Kaum angekommen und schon in der Mitte des Geschehens, dachte Bremer und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es ging offenbar um die Frauenleiche, bei der man eine der von Karen gesuchten Waffen gefunden hatte.
    »War sie überhaupt in der Kirche?« fragte der Mann mit der Lesebrille und dem zerfledderten Notizbuch. Bremer gefiel die Vorstellung, daß hier der Pfarrer saß, um eine alte Rede zu überarbeiten.
    »Natürlich nicht. Als Jüdin?«
    Der alte Herr mit dem geraden Rücken hob beschwichtigend die Hände. »Erstmal muß doch wohl festgestellt werden, woran sie eigentlich gestorben ist. Dann sehen wir weiter.«
    »Boisset sagt, man habe eine Pistole in der Nähe gefunden.« Ein junger Mann mit nicht ganz sauberer Metzgersschürze hatte sich zu der Gruppe Diskutierender hinzugesellt, er hatte einen großen, blonden Halbwüchsigen dabei, der behindert wirkte. Bremer tippte auf mongoloid.
    »Das schon, aber sie ist nicht erschossen worden.«
    »Und woher willst du das wissen?«
    »Sagt Boisset.«
    Nun redeten alle durcheinander.
    »Na-aa«, sagte der Halbwüchsige. Der Metzger nahm ihn beruhigend in den Arm. Der Mann mit den Notizbüchern hielt sich das mit den älteren Gebrauchsspuren dicht vor die Augen, knurrte etwas Unverständliches und schrieb dann wieder ins andere der beiden Heftchen.
    »Mal langsam.« Der weißhaarige Herr sprach, und alle waren still. »Wer sollte sie denn umbringen?«
    »Na wer wohl. In den meisten Fällen ist der Täter…«
    »Ernest Silbermann? Der hätte noch nicht einmal einem Huhn den Kopf umdrehen können!«
    »Er hat sich verdammt schnell damit abgefunden, daß sie nicht wiederkommen würde!«
    »Woher weißt du das?«
    »Na, er hat doch das Haus verkauft, in Nullkommanix!«
    »War doch nur das Ferienhaus. Also – ich glaub nicht daran.«
    Der Behinderte gab einen Unmutslaut von sich und ballte die Fäuste.
    »Ruhig, Loulou.« Der junge Metzger legte den Arm um seinen Schützling und blickte warnend in die Runde.
    Alle lächelten und nickten Loulou zu. Den möchte ich nicht erleben, wenn er mal ausrastet, dachte Bremer. Die offenbar ziemlich empfindliche Seele des Jungen steckte in einem verdammt kräftigen Körper.
    »Aber wer soll es sonst gewesen sein?« Der Mann vom Maison de la Presse knetete sich nervös das Kinn.
    Betretenes Schweigen.
    »Ich meine, sie konnte einem ja ganz schön auf den Wecker gehen…« sagte nach einer Weile der, den sie Marius nannten. Bremer merkte, daß diese Bemerkung Unruhe auslöste. Man brachte gemeinhin niemanden um, nur weil er nervte. Sogar der Mann mit den Notizbüchern blickte kurz auf.
    »Du glaubst doch wohl nicht, daß einer von hier…« Der junge Metzger unterbrach sich verlegen. Er hatte zu spät gemerkt, daß er im Begriff war, ein Tabu zu brechen.
    »Was ist mit Paris? Wer weiß schon, ob sie nicht da…«
    »Hat sie nicht den Sohn des Präsidenten dabei fotografiert, als er mit einem Drogenhändler…?« Die Erleichterung war mit Händen zu greifen. Das war das erlösende Stichwort – Paris,

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