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Die Frau des Polizisten

Die Frau des Polizisten

Titel: Die Frau des Polizisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Elfberg
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angenehme Schwindelgefühl, welche das Rattern in ihrem Kopf verstummen und die widerlichen Bilder verblassen ließ.
    »Ja, er ist wunderbar, ich liebe ihn«, sagte Anna mit einem verlegenen Lächeln.
    Erika ahnte, dass sie errötete. Kurze Zeit später zogen sie die Couch zu einem Doppelbett aus, legten sich hin und plauderten, bis sie zu müde dafür waren. Erika starrte über Annas Kopf hinweg aus dem Fenster. Die Fensterscheibe sah aus, als wäre sie von außen schwarzgestrichen. Sie lauschte den ungewohnten Geräuschen von draußen, dem Wind, dem Holzhaus, das unter dem Druck des Windes und den Temperaturschwankungen ächzte, dem hartnäckigen Pladdern dichter Regentropfen auf dem kleinen Blechdach. Annas leichten Schnarchgeräuschen, kleine unschuldige schnüffelnde Laute. Annas Körper wurde immer entspannter, weich und warm.
    Lautlos glitt Erika aus dem Bett und tastete sich vorsichtig mit bloßen Füßen vorwärts, öffnete den Kühlschrank, nahm die zweite Weinflasche heraus und trank mit großen Schlucken, die im Magen brannten, direkt aus der Flasche. Die Betäubungkehrte zurück, und die Phantasiegeburten von schwarzen fliegenden Dämonen mit leeren Augenhöhlen rückten weiter aus ihrem Bewusstsein. Ein Glas, vielleicht auch weniger, befand sich noch in der Flasche. Erika zwängte den Rest mit ein paar erstickenden letzten Schlucken hinunter und tat die Flasche beschämt in die Mülltüte. Auf unsicheren Beinen, die von Gänsehaut überzogen waren, kehrte sie zum Bett zurück und schlüpfte unter die Daunendecke, die immer noch warm war.
    Nicht die Dunkelheit jagte ihr Angst ein, davor hatte sie sich nie gefürchtet. Das hatten ihr Vater und ihre Brüder sie gelehrt – dass nichts anders war, nur weil es dunkel war, dass sich nichts veränderte, nur weil das Licht schwand. Was ihr Angst machte, war das, was die Dunkelheit verbergen konnte.

Kapitel 50
    Erika erwachte starr vor Schreck. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Für einen flüchtigen Moment glaubte sie, wieder in ihrem Haus in Enskede zu sein, und wähnte Göran neben sich. Erst einen Augenblick später wurde ihr bewusst, dass sie sich in dem Sommerhaus befand und dass es Anna war, die neben ihr auf der Schlafcouch lag.
    Sie erhob sich vorsichtig, tapste zum Fenster und sah aufs Meer – das Licht war zurückgekehrt. Der Himmel war klar und der Boden unter ihren Fußsohlen so kalt, dass es schmerzte. Die Eisschollen lagen wie einzelne Puzzleteilchen auf dem Meer. Zwischen ihnen schimmerte die glatte Wasseroberfläche, und die Bootsstege, die von dem Küstenvorsprung ins Meer ragten, bedeckte leichter Raureif. Weiter draußen war die See still und glatt. Es war totenstill. Keine Boote rührten sich auf dem Wasser, kein Mensch war zu sehen, keine Stimmen zu vernehmen, nur ab und an das Kreischen eines Vogels. Alles schien stillzustehen und zu Eis erstarrt zu sein.
    »Ahhh, guten Morgen.«
    Anna sah mit schlaftrunkenem Blick auf, ihr dunkler Pony stand in alle Richtungen. Sie kniff die Augen gegen das Licht zusammen.
    »Wow, was für ein Wetter! Ein Sonntag zum Spazierengehen, das ist ja perfekt!«
    Anna lächelte mit geröteten Wangen. Erika fröstelte. Das Licht war gerade erst über den Horizont gekrochen und hatte sich über die Wasseroberfläche und die glattgeschliffenen Klippen erhoben, blassrosa bis orange schimmernd. AmHimmel hingen leichte, auseinandergezogene Wolken wie Fetzen hauchdünnen Papiers.
    Anna stellte die Heizkörper an, dabei hatte sie die Daunendecke wie einen Kokon um sich gewickelt. Als sie unter Rufen und Prusten darunter ihre Kleidung angezogen hatte, machte sie mit derselben routinierten Energie die Betten, mit der sie auch Essen kochte oder die Wohnung in der Nedre Fogelbergsgatan putzte.
    Erika fehlte der Antrieb. Sie starrte auf das Meer hinaus, auf die Klippen, die verlassenen Häuschen und roten Bootsschuppen auf der anderen Seite der Bucht. Aber ihr Mangel an Energie schien Anna nicht zu stören, sie hatte bereits den Tisch gedeckt, die Reste des griechischen Brotes geröstet und Tee und Saft auf ihren Platz gestellt. Sie frühstückten schweigend, räumten den Tisch ab, putzten sich hastig die Zähne, zogen sich warme Kleidung und Stiefel an und traten hinaus in die kalte stille Morgenluft.
    »Mann, was für eine Aussicht! Hier draußen ist es wirklich schön!« Anna schloss die Augen und wandte das Gesicht gen Himmel, der sich wie eine zartblaue Glaskuppel über ihren Köpfen wölbte. Die Luft war ein paar

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