Die Frau des Polizisten
ist. Aber ich habe weder ein Alkohol- noch ein Tablettenproblem.«
»Weshalb ging es Ihnen nicht so gut?«
»Meine Beziehung zu …« Erikas Stimme versagte erneut, wieder räusperte sie sich und blinzelte die Tränen weg, die ihr in die Augen gestiegen waren. »Meine Ehe … Es ging mir nicht gut in meiner Ehe.«
»Sie sind mit Göran Frank verheiratet, nicht wahr?«
Erika nickte.
»Wir haben mit Ihrem Mann über die Sache gesprochen und haben ein recht betrübliches Bild erhalten. Er behauptet, Sie seien süchtig nach Tabletten und Alkohol gewesen und hätten ziemlich schwere psychische Probleme. Hätten Stimmungsschwankungen und Aggressivität gezeigt. Er hat auch erzählt, dass er schon länger versucht habe, Ihnen da rauszuhelfen, und Sie davon überzeugen wollte, zu einem Psychologen oder zur Paartherapie mit ihm zu gehen. Aber dass Sie sich nicht darauf eingelassen hätten?«
Erika schluckte hart und nickte erneut. Sie hatte sich geweigert, zum Psychologen und zur Paartherapie zu gehen. Nie im Leben würde sie sich ins selbe Zimmer wie Göran setzen und sich gegen seine Lügen verteidigen müssen.
»Und wie Sie vielleicht wissen«, fuhr Anders unnachgiebig fort, »hat eine Ihrer alten Kolleginnen, Inger Karlsson, Sie wegen Misshandlung während einer Personalfeier im Dezember angezeigt. Dieser Anzeige zufolge sollen Sie sie geschlagen und ihr gedroht haben. Und ihrer Meinung nach soll der Grund Eifersucht gewesen sein?«
»Ich habe Inger nicht geschlagen«, erwiderte Erika heiser.
»Und Sie meinen, sie hat Sie trotzdem angezeigt? Und weshalb? Wer sollte sie Ihrer Meinung nach dann geschlagen haben? Es existieren Fotos von den Verletzungen.«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Erika, den Blick auf den Tisch geheftet. Anders seufzte hörbar.
»Sie haben im Augenblick also keine Dienstwaffe?«
Erika schüttelte den Kopf. Anders betrachtete sie und kratzte sich am Kinn.
»Warum sind Sie geflohen? Das sind Sie doch schließlich, oder?«
Erika schwieg und starrte eigensinnig auf ihre Hände hinab.
»Pernilla sagt, dass Sie eine ausgezeichnete Polizistin seien, Erika. Weshalb wollen Sie nicht sagen, was sich zugetragen hat? Haben Sie vor etwas Angst? Oder schämen Sie sich für etwas?«
Die Stille im Zimmer wurde immer unerträglicher. Erika richtete sich auf, schluckte, um die Tränen zu unterdrücken, die in ihrem Hals aufstiegen, und starrte hartnäckig aus dem Fenster.
»Ihr Mann Göran … er hat kein einziges böses Wort über Sie gesagt, Erika. Im Gegenteil. Aber er sorgt sich sehr um Sie, sagt, dass Sie Hilfe benötigen, psychiatrische Hilfe. Ist es vollkommen ausgeschlossen, dass …«
Erika presste die Lippen aufeinander und begegnete Anders’ Blick.
»Ich habe keine derartige Hilfe nötig«, fauchte sie scharf. Anders nickte grimmig, die Lippen wurden zu einem schmalen Strich.
»Soso. Dann brauchen Sie eine andere Form von Hilfe? Und ich denke mir, dass Sie nicht beabsichtigen, mir zu sagen welche.«
Erika schwieg und blickte Anders starr an.
»Sie machen es sich selbst nicht leicht, Erika. Ich habe das starke Gefühl, dass Sie im Grunde wissen, worum es hier geht, Sie es aber nicht sagen wollen. Weshalb?«
»Weil ich nicht kann … Weil es nichts hilft. Und weil mir niemand Glauben schenken würde«, antwortete Erika leise, beinahe flüsternd. Anders lehnte sich über den Tisch, eine Augenbraue war hochgezogen.
»Stellen Sie mich auf die Probe.«
In seine hellen Augen trat ein interessierter Glanz.
Kapitel 52
Erika lehnte an der Wand des Sommerhäuschens und betrachtete das Meer und die Inseln, die wie eine Collage aus ausgeschnittenem Papier wirkten. In ihrer Jackentasche vibrierte es. Sie blinzelte mit trockenen, müden Augen auf das Display. Unbekannt. Sie schloss die Augen, sammelte sich mit einem tiefen Atemzug und nahm das Gespräch an.
»Erika, hallo?«
Der Wind brauste unregelmäßig, ein paar Zweige raschelten und ließen kalte Regentropfen auf ihre Hände prasseln. Erika fröstelte, ihr Blick wanderte zu den Bootsschuppen, den gepeinigten verkrüppelten Bäumen, den Inseln und dem Meer.
»Hallo, Erika«, sagte schließlich eine scharfe Frauenstimme. Erika keuchte auf. Sie war sich so sicher gewesen, dass es wieder Göran war. Sie hörte aufmerksam zu, während in ihren Gedanken ein Durcheinander herrschte. Die Stimme klang angespannt und bemüht – und eigenartig vertraut.
»Ja, hier ist Inger, Inger Karlsson«, sagte die Frau nach einem Moment des
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