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Die Frau des Polizisten

Die Frau des Polizisten

Titel: Die Frau des Polizisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Elfberg
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besorgen.
    Der Muminmann reckte den Hals ein wenig und sah, dass in Eskos Sommerhäuschen noch immer kein Licht brannte. Er mochte den Finnen, er war stark und freundlich. Redete nicht zu viel. Grüßte ihn. Steckte nie die Nase in seine Angelegenheiten. Hatte ihm seine Sauna gezeigt, als sie fertig gewesen war. Und hatte sich nie eingemischt. Ein guter Nachbar. Wohnte im Sommer mit einem kleinen Jungen dort. Hatte ein Boot und angelte.
    Jetzt wohnte die hübsche Blonde dort. Mit den ängstlichen Augen. Und Schmerzen. Sie war angespannt. Hatte Angst. Wartete … Er sah noch einmal mehr hin und kniff die Augen zusammen. Er konnte die Trolle erkennen, die ihre Haustür flankierten. Gut.
    Erneut beugte er sich vor, um systematisch seine Trolle zu drehen, einen nach dem anderen. Als er fertig war, straffte er vorsichtig die Angelschnüre, die in einem ausgeklügelten Muster ein paar Mumins miteinander verbanden. Er wischte sich die Hände am Pulli ab. Zufrieden betrachtete er seine kleine Armee.
    Da hörte er schnelle Atemzüge und gleich darauf feste Schritte und das Knirschen von Kies. Den Schritt kannte er nicht. Er spürte große Wut. Es war ein großer Mensch. Der Muminmann verharrte regungslos in der Ecke seines Grundstücks, dicht am Zaun. Da trat der große Mann auf die Klippe und hielt inne, um sich suchend umzusehen. Er trug schwarzeKleidung. Einen Kapuzenpulli. Hatte die Kapuze hochgezogen. Der Muminmann sah ein blasses Gesicht aufblitzen. Blondes Haar. Es war kein Junge  – ein Mann. Stark. Und fuchsteufelswild.
    Der Mann ging zu Eskos Häuschen, blieb stehen und musterte es ein Weilchen. Dann setzte er seinen Weg fort. Seine Schritte knirschten wütend auf dem Kies. Als der Muminmann nichts mehr hörte als das Rauschen des Windes, lief er ein letztes Mal den Zaun ab und überprüfte, ob alles an Ort und Stelle war. Gerade als er die Trolle umrunden und wieder in sein Haus gehen wollte, kam der Mann den Weg zurück. Er atmete so laut, dass es hallte. Er glich einem großen Tier, nur ohne jeden Instinkt. Erikas Nachbar schüttelte den Kopf. So unachtsam und so zornig.
    Der Mann blieb erneut vor Eskos Sommerhaus stehen. Er keuchte durch den geöffneten Mund. Der Trollbesitzer konnte seine Augen unter der Kapuze glitzern sehen. Dann schlug der Mann den Weg zum Parkplatz ein. Seine Schritte verklangen, und es wurde still.
    Mit weichen leisen Schritten betrat der Muminmann sein Häuschen und setzte sich ans Fenster. Von dort hatte er den Weg und Eskos Haus im Blick. Lange würde sie nicht mehr warten müssen – bald würde es vorbei sein.

Kapitel 55
    Erika ging vorsichtig über den Kies und die Steine und vermied es, über die Angelschnur zwischen den Trollen zu stolpern, als sie das Sommerhaus betrat. Zuerst hatte sie über die Phobie ihres Nachbarn und seine kindische und zugleich listige Weise, wie er sein Grundstück sicherte, gelacht. Aber als sie genauer darüber nachgedacht hatte, schien ihr die Idee gar nicht mal so dumm.
    In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte sie das starke Gefühl gehabt, beobachtet zu werden. Sie wusste, dass ihr Nachbar in dem roten Haus häufig herüberschaute oder, wie er sagte, Wache hielt. Aber in seinen gelben Augen las sie, dass nicht nur er nach ihr sah. Nach ihrer ersten Unterhaltung hatten sie jeden Tag ein paar Worte miteinander gewechselt. Der Riese von Mann ließ geheimnisvolle Bemerkungen fallen, die meistens völlig aus dem Zusammenhang gerissen zu sein schienen und die Erika in der Regel mit einer Bemerkung über das Wetter beantwortete, was ihn nicht im Geringsten zu stören schien.
    Erika inhalierte den Geruch nach frischem Holz und Meer, an letzteren hatte sie sich mittlerweile etwas gewöhnt – kühl und frisch, aber trotzdem stark aromatisch nach Salz und allerlei vermoderndem und im Wasser lebendem Zeug. Mit einem Hauch Waldboden.
    Sie zog Jacke und Schuhe aus, trug die Lebensmitteltüten und das Essen hinein, das Krister ihr in regelmäßigen Abständen aus seinem Restaurant mitgab – er war einfach nicht davon abzubringen. Erika war ihm dankbar dafür. Oft dachte sie gar nicht ans Essen, sondern arbeitete einfach durch.
    Sie tat sich nicht leicht damit, hier draußen auf Näset so isoliert zu sein, und vermied die Einsamkeit dadurch, dass sie länger im Büro blieb und die Arbeit, soweit es ging, in die Länge zog. Oder sich im Fitnessstudio aufhielt. Aber in den letzten Tagen hatte sie sich immer bewusster dazu gezwungen, nach Hause zu fahren und

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