Die Frau des Polizisten
Sachbearbeiterin Barbro ausgewählten Kunden einen besonderen Service gegen ein Bestechungsgeld angeboten hat. Könnte es sich soverhalten haben, dass sie sich für Ihre Baugenehmigung hat kräftig bezahlen lassen? Und dafür, dass sie Ihnen versprach, dass der Bebauungsplan im Gegenzug geändert werden würde? Vielleicht hat Sie Ihnen ja sogar zugesichert, dass Ihre schöne Aussicht unangetastet bleiben würde. Könnte es sich auf so gemeine Weise zugetragen haben?«, sinnierte Erik und verfolgte fasziniert, wie die Gesichtsfarbe des Unternehmers von blass auf rot wechselte.
»Noch interessanter ist darüber hinaus, dass Sie eine Liebesbeziehung zu ihr unterhalten haben sollen. Genauer gesagt ist uns zu Ohren gekommen, dass Sie sie gebumst haben«, ergänzte Erik.
Kai war zum ersten Mal sprachlos und warf seinem Anwalt, der etwas in seinem Kalender notierte, besorgte Blicke zu.
»Sie ist eine ziemlich heiße Braut, diese Barbro, oder?«, warf Torbjörn ruhig ein. »Ein richtiger Feger.«
Seine Behauptung blieb widerspruchslos in der zunehmend stickigeren Luft hängen. Kai schluckte bemüht und sah plötzlich kreideweiß aus. Röchelnd bat er um ein Glas Wasser, und Torbjörn erhob sich langsam, streckte seinen langen muskulösen Körper und verschwand für einen Augenblick. Er kehrte mit einem großen Glas Wasser wieder zurück, das er krachend vor Kai auf den Tisch stellte. Wasser schwappte über den Rand. Kai wollte zum Glas greifen, erstarrte aber in der Bewegung, als Erik sich vorbeugte und sein Gesicht musterte.
»Wir wissen, dass Barbro Mitglied eines reizenden kleinen Clubs gewesen ist, der Erwachsenenspielchen in einer netten Örtlichkeit in der Vasastaden angeboten hat. Soweit wir wissen, waren Sie ebenfalls Clubmitglied. Was meinen Sie, wie das bei Ihrer Ehefrau ankommen würde?«
Ohne Vorwarnung warf sich Kai über die Tischkante, die Arme nach Erik ausgestreckt, ohne ihn zu erreichen. Torbjörn reagierte blitzschnell und hielt die Arme des wütenden Unternehmers wie in einem Schraubstock fest.
»Das will ich euch sagen«, fauchte Kai. »Wenn ich wüsste, wo sich diese Schlampe versteckt, würde ich sie eigenhändig erwürgen! Das können Sie von mir aus notieren!«
Kapitel 43
Vanja Lankinen öffnete die Wohnungstür. Sie war ungeschminkt und hatte verquollene Augen. Sie trug eine bequeme Freizeithose und einen Kapuzenpulli, der sich über ihrem Bauch spannte. Die Flecken darauf schienen sich schon lange nicht mehr entfernen zu lassen. Ihre Augen wurden schmal, dann ließ sie Per und Erika mit einem resignierten Seufzer herein.
Die Wohnung wirkte hell und gemütlich und war mit ausgesuchten Möbeln und Gebrauchsgegenständen der erlesensten skandinavischen Designer eingerichtet. An den Wänden hingen mehrere große Gemälde in kraftvollen Farben, manche gegenständlich, andere abstrakt. Erika trat an ein Wohnzimmerfenster; der Ausblick ließ sie schwindeln. Vanja wohnte im vierzehnten Stock, und die Aussicht auf den Axel Dahlströms torg, über die Dächer von Högsbo und zu den grünen Hügeln war weitläufig und atemberaubend. Vanja bot ihnen mit sichtlichem Widerwillen einen Kaffee an, aber Per und Erika lehnten dankend ab und setzten sich. Vanja nahm in einem graziösen Sessel aus geschwungenem Holz mit einem abgeschlissenen Lammfellbezug Platz und hielt den Blick auf ihre Finger gesenkt. Sie pulte gnadenlos an ihrer Nagelhaut herum, die eingerissen und schon ganz in Mitleidenschaft gezogen war. Erika sah angeekelt zu, wie sie einen weiteren Hautfetzen abriss, bis frisches Blut hervorquoll.
»Es scheint, dass Sie mehr wissen, als Sie uns erzählt haben, Vanja«, begann Erika und nahm Notizblock und Stift zur Hand. Störrisch starrte Vanja auf ihre Hände.
Erika und Per hatten sich auf dem Weg hinaus nach Högsbo über den Stand der Ermittlungen ausgetauscht.
Barbros Telefon hatte in New York ein letztes Lebenszeichen von sich gegeben, irgendwo in Manhattan. Doch genauso gut war es möglich, dass ihr das Handy nur gestohlen worden war und herrenlos umherreiste. Oder aber sie hatte es bis New York verwendet und sich dort ein neues besorgt.
Der Druck der Medien hatte abgenommen, und das Interesse für die verschwundene Architektin, für Mauschelei und Bestechung in der Stadtverwaltung ebbte allmählich ab. Einige ausgewählte Köpfe im Stadtbauamt waren gerollt, darunter auch der von Barbros Chef Sten. Und damit schien die alte Ordnung wiederhergestellt zu sein. »Es gibt ja so einige,
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