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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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hinter einem Baum die Kehle durchgeschnitten hat. Ulrich das Buch zeigen! Er hat dich benutzt, und als er genug hatte, hat er dich weggeworfen wie ein gebrauchtes Kleidungsstück!«
    Sie zuckte zusammen wie unter einem Schlag. Ihre Lippen zit terten. Augenblicke lang sahen sie sich wortlos an.
    »Aber nun bist du ja wieder bei ihm«, sagte er hart. Doch er wandte sich nicht ab, als könnte er sich nicht von ihr losreißen.
    Er musste ihr nichts sagen. Sie sah in seinen dunklen Augen, dass er sie mehr wollte als irgendetwas sonst auf der Welt. Seine dunklenLocken waren länger geworden, der sinnlich geschwungene Mund weicher. Das war nicht mehr der gewissenlose Ritter, der brutal und rücksichtslos sein Ziel verfolgte. Vergeblich suchte Anna in ihrem Inneren nach dem Hass für das, was er ihrem Dorf angetan hatte. Sie fand ihn nicht mehr. Lieber hätte sie es ihr Leben lang bereut, als diesen Augenblick verstreichen zu lassen.
    Anna stand auf. Sie berührte sein Gesicht, das ihr so vertraut ge worden war, und schob sein nasses Haar zurück. »Ich konnte es nicht tun«, flüsterte sie. »Du verdammter Narr, ich liebe dich und nicht ihn, und das weißt du.«
    In Raouls nachtdunkle Augen trat der warme Glanz, den sie so liebte. Seine Lippen öffneten sich leicht, als könnte er es nicht glauben.
    Anna zog sein Gesicht zu sich herab und küsste ihn. Und als er sie zögernd in die Arme nahm, wusste sie, dass sie das Richtige tat. Zum ersten Mal seit Martins Tod wusste sie wieder, wohin sie ge hörte. Wo immer sie war, mit ihm an ihrer Seite würde sie sich nie mehr verloren fühlen. Raoul war der Mann, nach dem sie sich mit jeder Faser ihres Seins gesehnt hatte, jede Stunde, seit sie ihn ver lassen hatte. Sollte Ulrich die ganze Hölle in Bewegung setzen, sie würde ihn nie wieder aufgeben.
    Seine Küsse wurden länger und fordernder. Ihre Zärtlichkeiten steigerten sich zu einem immer erregteren Spiel ihrer Lippen und Hände. Er zerwühlte ihr Haar und drängte sich an sie. Sie spürte die harten Muskeln unter ihren Fingern und erwiderte seine Küsse hungrig. Noch nie hatte sie einen Mann so sehr gewollt.
    Raoul riss sich das Lendentuch vom Leib. Er hob sie auf und setzte sie auf den Rand des Zubers. Anna raffte das Hemd über die Schenkel und schlang die Beine um seine Hüften. Sie liebten sich unbeherrscht und leidenschaftlich, keuchend suchten ihre Lippen einander. Mit rhythmischen Schreien der Lust schob sie ihm ihren Leib entgegen, bis sie endlich mit schweißnassem Haar in seine Arme sank und ihre feuchte Oberlippe an seine Schulter presste.

12
    »Mein Wort darauf, edle Frau!« Evas rundes Gesicht strahlte höchste Zufriedenheit mit sich und der Welt aus. Sie nahm das ver stohlen gereichte Säckel entgegen. »Mit dieser Salbe habt Ihr in wenigen Tagen Eure Jungfräulichkeit wieder. Und vergesst nicht: Sie muss jede Nacht angewendet werden, und dann noch einmal, bevor Ihr bei dem Bräutigam liegt.«
    Das braunhaarige Mädchen steckte den Tiegel hastig in ihren Lederbeutel und verschwand.
    »Schämst du dich nicht, die armen Dinger zu betrügen?«, zog Anna sie auf. Sie standen am Rand des Lagers, nicht weit vom Wald, wo kleine Gauner gern ihr Geschäft trieben. In einiger Ent fernung hockten Männer beim verbotenen Würfelspiel. Ungedul dig sah sie zur Burg hinauf. Das Turnier würde bald beginnen, und mit ihm das unvermeidliche Aufeinandertreffen von Ulrich und Raoul. Sosehr sie sich über das Wiedersehen mit Eva freute, sie wollte zu ihm.
    Eva packte ungerührt ihre Tiegel wieder in das Leintuch. »Ich habe die Salbe verbessert«, verteidigte sie sich. »Ich gebe jetzt Stechapfel und Nieswurz dazu. Das reizt die Haut, und die meis ten Ehemänner sind beim ersten Mal ohnehin viel zu grob. Sie können ihr blutbeflecktes Laken vorweisen, mehr interessiert sie doch nicht. Du solltest auch etwas für deinen Lebensunterhalt tun«, riet Eva und warf das Bündel über die Schulter. »Von der Mu sik wirst du auf die Dauer nicht satt. Und wenn Raouls Vater ihn anerkennt, wird er ihn eher in einen Büßerorden schicken, als eine wie dich heiraten zu lassen.«
    Das machte Anna kaum Sorgen, Konrad hatte keinen Zweifel gelassen,dass er das niemals tun würde. Sie sah zur Burg, wohin Raoul vorhin zur Morgenmesse aufgebrochen war. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Nachdem der Besitzer der Badestube sie gestern Abend hinausgeworfen hatte, waren sie in Raouls Zelt gegangen. Mit einem verstohlenen Lachen hatten sich ihre

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