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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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bis es nicht
Einem, deinem Sohne, mehr gehörte – :
denn das Angesicht, das er zerstörte,
war viel älter als sein Angesicht.

    III
    Waren Schritte in dem Heiligtume?
Kannst du näher kommen? Bist du nicht
in dein Bild gebunden, wie die Blume,
die nur kommen kann, wenn man sie bricht.

    O dann komm bis an die Türe innen
wenn du auch zu öffnen nicht vermagst,
und ich will mein Herz von vorn beginnen
und nichts andres sein als was du sagst.

    Denk wir haben es ja schon so schwer,
dich zu fühlen ohne dich zu schauen.
Uns verwirrten alle diese Frauen
die wir liebten, ohne daß sie mehr

    als ein Kommen und Vorüberschreiten
uns gewährten. Sag, wer waren sie?
Warum bleibt uns keine je zuseiten
und wo gehn sie alle hin, Marie?

    IV
    Täglich auf weiten Wegen
geh ich zu dir (mit Recht):
verschlossen und entlegen
bist du diesem Geschlecht;
Du , die einmal inmitten
aller errichtet war;
von zu dir wollenden Schritten
widerhallte das ganze Jahr.

    Jetzt ist mein Schritt der eine
und klingt an das stille Ziel.
Ich bin eine kleine Gemeine.
Du bist für mich zu viel.

    Ich möchte dir entgegen
halten was rings entsteht
wie einem Frühlingsregen
vor dem ein Schatten geht.

    V
    Der dich liebte, mit verlegner Pflege
dich umgebend, weißt du noch: ging er
nicht mit dir auf diesem Mittelwege
mittags manchmal langsam hin und her?

    Immer an derselben Stelle wendend,
(eine Hand für seine Kranke frei)
fragend, ob der Himmel nicht zu blendend
und die Erde nicht zu steinig sei;

    unruhig, wenn er einmal dich verließ
bang gebückt zu seinen neuen Pflanzen, –
während Du – vergangen in dem Ganzen –
ohne Sorge warst um alles dies.

    VI
    Wie eins von den äußersten Kräutern
das weit im Gestein noch gedeiht:
so blühte dein Lächeln und Läutern
weiter, ganz oben im Leid.

    In der letzten Leiden
Schrecken und ewigem Schnee.
Wie dürften wir unterscheiden
zwischen Gewährung und Weh

    seit du nicht wußtest, wo eines,
wo das andre begann.
Unabwendbar wie Ungemeines
fingen sie beide an;
und wie Übergroßes
gingen sie beide aus,
über deines Schoßes
Dunkelheit hinaus.

    VII
    O wie bist du jung in diesem Lande;
Kinder nicken dir vertraulich zu,
und ein Lied von Hirten ist imstande,
Ewige , die älter sind als du,
herzurufen zwischen ihre Ziegen;
oder jene Männer rufen sie
während sie die Weingewinde biegen:
einer viel zu großen Melodie
Stücke abgebrochen in sich findend,
um sie dann (im Weinberg weiterbindend)
hinzuschreien wie ein Tier das schrie – .

    Und da hörst du draußen Schrei um Schrei
steigen, wo die Wege sich verlieren
und an deinem kleinen Haus vorbei.
Und dein Herz wird bange vor den ihren,

    wie du so im spanischen Gewande
an der Türe stehst: mit Schmuck behangen
und bereit, aus diesem fremden Lande
fortzugehn, sobald sie es verlangen.

    KORE

    Kore, wie sehnst du dich so
nach den wilden Gängen
in den Felsen die hängen
über dem Drängen des Meeres:
Kore, wie sehnst du dich so.
Dort, an der nahen Gefahr
gehst du sicher, du Blinde,
in die Winde gehüllt
als wär es dein Haar.
Blumen mit einem hellen
Blick der dem deinen gleicht
stehn wo sie keiner erreicht,
haben es leicht
an den schrecklichsten Stellen.
Kore, wer bist du. Wer?
Sind das deine wirklichen Tage?
Was trägst du für eine Sage
zurück in die vage Wildnis
über dem schweren Meer.

    Was machte sie einander gleichen,
so daß jetzt mit dem gleichen Zeichen
sie deine Stille überwacht.
Was schlugst du um die neunzehn Leichen
den Mantel deiner Mädchentracht?

    AN DEN DICHTER : / VITA N:A

    DU hast gewußt, erhaben – HERR – von ihr
zu reden – : alle ihre Gnade
kommt bis auf uns und rührt auch uns, gerade
wie sie DICH rührte – . Dürften wir

    (wenn je in unsre Tage Solches tritt)
erlernen dann, sein Hingehn nicht zu stören.
Denn hingehn will es. Kann uns nicht gehören
es stürbe denn. – Doch wenn es uns entglitt

    erwerben wirs vielleicht und tun nichts mehr
als seine Fülle sammeln allerwegen.
Noch immer kommen Mädchen so und legen

    Schicksal auf uns. Weh aber jedem der
nach ihnen greift als wären sie sein Eigen.
DU lehr uns lieben, HERR, und Liebe zeigen.

    SEXTE UND SEGEN

    Hat das Blut nur das Horchen des Ohres
auf einmal lauter durchronnen?
Oder traten die Nonnen
hinter das Gitter des Chores?

    Sie haben noch nicht begonnen.
Sie sind vielleicht noch nicht da;
sie, die nie jemand sah
als die Madonnen der drei Altäre.

    Da flieht ganz ferne ins Ungefähre
ein Ton:
als ob es der letzte wäre.

    Und dann wieder, als ob man sich

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