Die geheime Braut
Seidenborten. Darin möchte er mich auf dem neuen Gemälde sehen. Soll ich es Euch zeigen?«
»Wenn es Euer Wunsch ist – sehr gerne. Aber wir bleiben heute ohnehin nur bei Skizzen«, wandte Jan ein. »Sie sind die Grundlage für das, was dann später kommt.«
»Was mir bereits bekannt ist«, erwiderte sie ebenso freund lich wie bestimmt. »Aber Eurer Fantasie wird es doch be stimmt nicht schaden, eher im Gegenteil.« Mit spitzen Fingern pflückte sie ein Stück Mandelkonfekt aus einem silbernen Schälchen, dann ein zweites und noch ein drittes gleich hinterher. »Den lieben langen Tag könnte ich zurzeit naschen.« Auf einmal sah sie verschmitzt aus wie ein Kind, das etwas Verbotenes tut. »Dann aber bräuchte ich vermutlich bald ein Zelt anstatt eines neuen Kleides.«
»Euer Hoheit könnten anmutiger nicht sein«, sagte Jan. »Das und nichts anderes fängt mein Rötel voller Hochachtung ein.«
Das Kompliment schien Sibylle von Sachsen zu gefallen, während Dilgin aus dem Fenster starrte, als ginge die ganze Angelegenheit sie nichts an.
»Wieso ist Cranach eigentlich nicht selbst gekommen?«, fragte die Kurprinzessin plötzlich. »Er wird das Bild doch malen, wie versprochen?«
»Selbstredend! Zu seinem tiefsten Bedauern war der Meister heute unabkömmlich«, sagte Jan rasch. »Eine dringende Ratssitzung, die sich nicht verschieben ließ. Deshalb hat er mich geschickt. Ich hoffe, Ihr seid nicht zu enttäuscht, Euer Hoheit.« Er deutete eine Verbeugung an.
Die Kurprinzessin schielte auf sein Blatt.
»Ich denke, Ihr macht Eure Sache gar nicht so übel«, sagte sie. »Dilgin? Das neue Kleid! Wenn Ihr so freundlich wärt, es für mich zu holen?«
Dilgin legte den Stickrahmen weg und erhob sich, als habe sie nur darauf gewartet.
»Soll ich die Schatulle auch mitbringen? Dann könntet Ihr gleich das passende Geschmeide dazu anlegen!« Ihre Stimme war ruhig.
»Welch famose Idee!« Sibylle von Sachsen klatschte in die Hände. »So passt alles perfekt zusammen.«
»Dann bräuchte ich allerdings Eure Unterstützung«, sagte Dilgin, an Jan gewandt. »Die Schatulle ist schwer, und das neue Gewand darf nicht zerknittert werden. Kommt Ihr?«
Er folgte ihr auf den schmalen Gang, während sie leichtfüßig voranschritt.
Eine Flucht von Türen, alle geschlossen.
Irgendwann begann er zu grübeln. Welche von ihnen hatte ihn zu dem Loch in der Wand geführt, durch das er in ein dunkles Nebenzimmer gestarrt und den geheimnisvollen Auftraggeber belauscht hatte?
Jan war sich alles andere als sicher. Im Hellen sah es so anders aus.
Dilgin blieb unvermutet stehen. Auf einmal war ihr Fuchsgesicht ganz nah.
»Jetzt müsste ich Euch eigentlich die Augen verbinden«, sagte sie leise. »Mögt Ihr das?«
»Kommt ganz darauf an«, sagte er. »Beim Zeichnen macht es sich weniger gut, denke ich.«
Sie lachte kehlig.
»Der Kurprinz schäumt rasch vor Eifersucht«, sagte sie. »Und dann erkennt man ihn kaum wieder, so unberechenbar kann er werden. Ich dachte, das solltet Ihr wissen. Denn ab hier beginnen Sibylles geheiligte Gemächer, ihr Frauenzimmer, in das kein Unbefugter eindringen darf, erst recht kein fremder Mann. Ihr seht also – nichts! Verstanden?«
Plötzlich war sie hinter einer Tür verschwunden.
Jan wartete geduldig, dann klopfte er an, doch nichts geschah.
Nach einer Weile drückte er die Klinke nach unten – und blieb auf der Schwelle stehen.
Dilgin lag rücklings auf einem schmalen Ruhebett, die Augen geschlossen, als würde sie schlafen, die Hände im Schoß gefaltet. Neben ihr auf dem Boden stand eine Metallschatulle. Ein grünes Samtkleid mit schweren Borten hing halb über einer Stuhllehne, als hätte sie es in größter Eile darübergeworfen.
Langsam ging er auf sie zu.
»Mir war gerade eben so furchtbar schwindelig«, flüsterte sie, ohne die Lider zu öffnen. »Ganz schwarz wurde mir mit einem Mal vor Augen. Eine höllische Übelkeit, die einem das Blut in den Adern stocken lässt. Wisst Ihr kein gutes Mittel dagegen?«
Sie hatte das Mieder gelockert. Bei jedem Atemzug hob und senkte sich ihre Brust unter der dünnen blauen Seide. Das Kleid war nach oben gerutscht und entblößte die schlanken Knöchel. Dilgins überraschend große Füße steckten in blauen Seidenpantöffelchen und reizten Jan wider Willen zu einem Lächeln.
Wie unverblümt sie war – und wie erfrischend durch trieben!
»Seid Ihr vielleicht auch schwanger?«, fragte er. »Dann freilich solltet Ihr Euch vorsehen!«
Sie fuhr
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