Die geheimen Jahre
Freundin zu sprechen, bemerkte Daniel einen wunderbaren Glanz in ihren Augen und die Glätte ihrer weiÃen Haut. Er setzte sich auf und war sich unbehaglich bewuÃt, daà er keine Lust mehr hatte zu schlafen. Gleichzeitig verspürte er einen plötzlich aufkommenden Hunger, den er seit Monaten nicht gehabt hatte.
Ein Erpel, immer noch auf der Suche nach Futter, watschelte auf Daniel zu. Daniel schnippte ein paar Krumen von seiner Jacke.
Das dunkelhaarige Mädchen lachte. »Das ist ein ganz Gieriger«, sagte sie.
Ihr Akzent war gut, ihre Stimme angenehm. Daniel war nicht sicher, ob sie mit ihm oder ihrer Freundin sprach.
Dann sagte ihre Freundin: »Komm, Fay, Lawson bringt uns um, wenn wir in zehn Minuten nicht zurück sind.«
Der Erpel watschelte zum Wasser zurück, und die beiden Mädchen beugten sich hinunter, um Einwickelpapiere, Taschen und Hüte aufzuheben. Daniel rieb sich die Augen und blickte zurück aufs Wasser. So blieb er sitzen, bis er die beiden Mädchen weggehen hörte und ihr fröhliches Plaudern allmählich verklang. Beim Aufstehen wurde ihm wieder sein steifes Bein bewuÃt.
Auf dem niedergedrückten Gras, wo die beiden gesessen hatten, entdeckte er etwas und hob es auf. Es war ein Taschentuch, ordentlich gefaltet und gebügelt. In einer Ecke war der Name »Fay« eingestickt.
Nachdem er es aufgehoben hatte, sah er sich um. Zuerst konnte er sie nirgendwo sehen, aber dann, beim Blick auf die Menge, entdeckte er die weiÃe Bluse, das dunkle Haar und das scharlachfarbene Haarband.
Sie gingen auf Queenâs Gate zu, als er sie einholte. Das dunkelhaarige Mädchen, Fay, drehte sich um, als er ihren Namen rief. Er verlangsamte seine Schritte, als er ihr entgegenging, und versuchte, nicht zu hinken. Sie blieb stehen, und um die roten Lippen zeigte sich ein kleines zufriedenes Lächeln, als Daniel durch die Menge auf sie zukam.
»Ihr Taschentuch, glaube ich, Miss. Sie haben es am Fluà vergessen.«
Sie nahm ihr Taschentuch entgegen. Ihre kühlen, schmal zulaufenden Fingerspitzen berührten flüchtig seine Handfläche. »Wie reizend von Ihnen. Meine Mutter hat es für mich gestickt â es wäre für mich besonders schade gewesen, es zu verlieren.«
»War mir ein Vergnügen«, sagte Daniel.
»War das nicht reizend, Phyllis?« Sie hatte sich zu ihrer Freundin umgewandt. »Vielen herzlichen Dank, Captain â¦Â«
»Gillory«, hörte er sich sagen. »Daniel Gillory.« Und dann, bevor er Zeit zum Ãberlegen hatte: »Miss â¦?«
»Miss Belman. Und das ist Miss Grogan.« Sie warf ihr Haar zurück. »Phyl und ich arbeiten in einem Damenmodengeschäft in Kensington.«
Daniel holte tief Luft. »Kommen Sie öfter in den Hyde Park? Nach der Arbeit vielleicht â wir könnten ein Boot mieten â¦Â«
Seine Worte waren banal, seine Stimme krächzend. Aber Fay lächelte wieder.
»Freitag«, antwortete sie. »Sieben Uhr.«
»Paris?« protestierte Alice kreischend. »Was würde meine Mum dazu sagen?«
» So weit ist Paris auch nicht weg. Hör zu, Alice. Das Stück heiÃt O, Lisette! , und diesen Donnerstag ist Vortanzen. Sie suchen zwölf englische Tänzerinnen.«
»Englische Mädchen sind gröÃer und haben hübschere Beine«, sagte Alice altklug.
»Es gibt Aufsichtspersonal«, fügte Thomasine hinzu. »Du könntest deiner Mutter sagen, daà uns eine respektable Engländerin als Anstandsdame begleitet.«
»Ein Drachen wahrscheinlich«, sagte Alice düster. »Dennoch, es gibt immer Wege ⦠wenn man schlau genug ist â¦Â« Sie kicherte.
Sie saÃen in Alices unordentlichem Schlafzimmer, das sie mit zwei jüngeren Schwestern teilte. Das Zimmer war klein und wurde fast ganz von den drei Betten ausgefüllt. Kleider, Kämme und Toilettenartikel lagen auf jedem noch freien Fleckchen verstreut.
Alices Mutter hatte einen Marzipankuchen gebacken, den sie gierig verschlangen, um nach mehr als einem Jahr der Zuckerrationierung ihren Hunger nach SüÃem zu befriedigen. »Nimm noch ein Stück.« Alice schob die Platte zu Thomasine hinüber. Sie klopfte sich auf den Bauch. »Ich darf nicht mehr essen, wenn wir vortanzen wollen.«
»Dann kommst du also mit?« Thomasine hätte Alice umarmen können. Sie wuÃte, daà es viel unwahrscheinlicher wäre,
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