Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Eintrittskarte in die Gesellschaft. »Ich muss sie nur bei einem Essen präsentieren, schon sehen mich die Leute ganz anders an … Und ich schwör dir, manche Verträge hätte ich ohne sie nie unterschreiben können!«
»Dann würd ich an deiner Stelle ’ne Professionelle anheuern! Nutten mit Stil, so was gibt’s doch. Du brauchst dir nur eine zu suchen, die beim Essen und im Bett was drauf hat. Bei der Kohle, die du jetzt für deine Alte hinblätterst, könntest du dir das locker leisten.«
Marcel Grobz hatte sich vor Lachen auf die Schenkel geschlagen.
Aber er war bei Henriette geblieben. Schließlich hatte er sie sogar zur Vorsitzenden des Verwaltungsrats ernannt. Notgedrungen: Sonst wäre sie eingeschnappt gewesen. Und wenn Henriette eingeschnappt war, war sie nicht länger nur biestig, sondern wurde vollkommen unerträglich. Also hatte er nachgegeben. Bei ihrer Heirat hatten sie Gütertrennung
vereinbart, aber er hatte sie in seinem Testament als Begünstigte eingesetzt. Nach seinem Tod würde sie das gesamte Vermögen erben. Er saß in der Falle. Je schlechter sie ihn behandelte, desto mehr zog sie ihn an. Manchmal dachte er bei sich, dass er als Kind wohl zu viele Ohrfeigen bekommen und Geschmack daran gefunden hatte; die Liebe war für ihn nicht gemacht. Diese Erklärung gefiel ihm.
Dann war Josiane in sein Leben getreten und mit ihr die Liebe. Aber mittlerweile war er vierundsechzig, zu alt, um noch einmal von vorn anzufangen. Wenn er sich scheiden ließe, würde Henriette die Hälfte seines Vermögens beanspruchen.
»Und das kommt überhaupt nicht infrage«, rief er aus.
»Warum denn nicht, Marcel? Wir können ihm einen ordentlichen Vertrag anbieten, ohne Beteiligung oder vielleicht mit einer ganz kleinen, damit er das Gefühl hat dazuzugehören und nicht auf die Idee kommt, sich anderswo umzusehen …«
»Aber höchstens eine klitzekleine.«
»Einverstanden.«
»Verflucht, ist das eine Hitze! Meine Eier kochen. Holst du mir ’ne Orangenlimo mit Eis …?«
Als sie aufstand, raschelte die zerknitterte Spitze um ihren Körper, und ihre Schenkel rieben aneinander. Sie hatte schon wieder zugenommen. Marcel lächelte unwillkürlich. Er liebte mollige Frauen.
Er zog eine Zigarre aus dem Etui auf dem Nachttisch, schnitt sie an, rollte sie zwischen den Fingern, beschnupperte sie und zündete sie schließlich an. Strich sich mit einer Hand über den kahlen Schädel. Verzog das Gesicht wie ein kritischer Kunde. Vor diesem Chaval musste er sich in Acht nehmen. Er durfte ihm nicht zu viel Macht oder Einfluss in der Firma geben. Außerdem musste er sichergehen, dass sich die Kleine nicht in ihn verschossen hatte … Na! Mit achtunddreißig hat sie sicher Lust auf was Knackigeres. Und auf einen Platz in der ersten Reihe. Immer diese Heimlichtuerei, keine Aussicht auf Anerkennung, und das nur wegen des Zahnstochers – das ist doch kein Leben, die arme Josiane!
»Heute Abend kann ich nicht hierbleiben, Choupette. Wir sollen uns bei der Tochter vom Zahnstocher den Bauch vollschlagen!«
»Bei der Dürren oder der Pummeligen?«
»Der Dürren … Aber die Pummelige kommt auch. Mit ihren zwei Töchtern. Eine davon ist vielleicht ein aufgewecktes Ding, das kannst du dir nicht vorstellen. Wie die mich anschaut. Ob du’s glaubst oder nicht: Die durchbohrt mich mit ihrem Blick. Ich mag sie, sie hat Stil …«
»Du gehst mir auf die Nerven mit deinem Stil, Marcel. Wenn du nicht für die Weiber blechen würdest, hätten die auch nix zu beißen. Dann müssten sie genauso irgendwelchen Kerlen einen blasen oder putzen gehen wie alle anderen auch!«
Marcel zog es vor, nicht mit Josiane zu streiten, und tätschelte ihr den Hintern.
»Aber das ist schon in Ordnung«, fuhr sie fort, »ich muss sowieso noch die Lohnabrechnung fertig machen, und danach frag ich Paulette, ob sie rüberkommen will, ’nen Film gucken! Du hast recht, das ist eine Bullenhitze! Da ist einem ja schon der Slip zu viel.«
Sie reichte ihm ein Glas eisgekühlter Orangenlimonade, das er in einem Zug austrank, ehe er sich den Bauch kratzte, laut rülpste und zu lachen begann.
»Herrje, wenn Henriette mich jetzt sehen könnte! Die würde vor Schreck ihre Strümpfe verlieren.«
»Komm mir nicht mit der, wenn du’s dir mit mir nicht verscherzen willst.«
»Ach, Spätzchen, sei nicht böse … Du weißt doch genau, dass ich sie nicht mehr anrühre.«
»Das wär ja auch noch schöner! Wehe, ich erwisch dich mit der alten Schachtel im
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