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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Das erfordert ein biegsames Rückgrat, und dessen Biegsamkeit kann man an der Form der Wirbel erkennen. Die aber werden fossil. (Manchmal können Wissenschaftler sehr erfinderisch sein.) Die Evolution überschritt diese Grenze vor etwa 230 Millionen Jahren. ] Die frühesten Fossilien, die eindeutig als Säugetiere identifiziert werden können, sind 210 Millionen Jahre alt – Wesen, die sich des Namens ›Morganucodontiden‹ erfreuen. Sie waren spitzmausähnlich, wahrscheinlich Nachttiere, wahrscheinlich Insektenfresser, wahrscheinlich eierlegend. Darwins Widersacher hatten etwas dagegen, Affen unter ihren Vorfahren zu haben – weiß der Himmel, was sie zu käferfressenden, eierlegenden Spitzmäusen gesagt hätten. Doch für Leute mit solcher Denkweise gibt es auch gute Neuigkeiten, denn die Morganucodontiden hatten viel Gehirn. Nicht besonders viel für eine Spitzmaus, aber viel im Vergleich zu den Reptilien, aus denen sie sich entwickelt hatten. Zugegeben, das lag größtenteils daran, daß die Therapsiden dumm wie … äh … getrocknete Farnstengel waren, aber es war immerhin ein Anfang.
    Woher wissen wir, daß jene frühen ›Spitzmäuse‹ wirklich Säugetiere waren? Zu den Teilen eines Tiers, die viel häufiger als andere Teile in Form von Fossilien erhalten bleiben, gehören die Zähne. Darum benutzen Paläontologen vor allem Zähne, um Arten von längst toten Tieren zu bestimmen. Es gibt eine Menge Arten, von denen weiter nichts als ein, zwei Zähne bekannt sind. Zum Glück kann man anhand der Zähne eine Menge über ein Tier sagen. Im allgemeinen gilt: Je größer der Zahn, um so größer das Tier. Ein Elefantenzahn ist heutzutage ein gutes Stück größer als eine ganze Maus, also egal, von welchem Tier er stammt – es kann nicht mausgroß gewesen sein. Wenn man einen Kiefer findet, eine ganze Reihe von Zähnen – um so besser. Die Form eines Zahns sagt uns eine Menge darüber, was das Tier gefressen hat – Mahlzähne sind für Pflanzen, Schneidezähne für Fleisch. Die Anordnung der Zähne im Kiefer verrät noch viel mehr. Die Morganucodontiden schafften einen großen Durchbruch bei der Konstruktion der Zähne: Zähne, die ineinandergriffen, wenn die Kiefer geschlossen wurden – sehr wirkungsvoll, um Stücke von Fleisch oder von Insekten abzubeißen. Sie bezahlten auch einen hohen Preis für ihre Zähne, an dem wir heute noch abzahlen. Reptilien bringen immer neue Zähne hervor – wenn sich die alten abnutzen, werden sie ersetzt. Wir bringen nur zweimal Zähne hervor: Milchzähne als Kinder und die richtigen als Erwachsene. Wenn sich unsere Erwachsenenzähne abnutzen, ist nur künstlicher Ersatz zu haben. Die Schuld daran können wir den Morganucodontiden geben: Wenn man den Vorteil von präzise zusammenpassenden Zähnen genießen will, muß man diese Präzision bewahren, was kaum möglich ist, wenn man immer wieder Zähne abstößt und neue nachwachsen. Also wuchsen ihnen nur zweimal Zähne, und damit müssen auch wir auskommen.
    Daraus können wir noch etwas schlußfolgern. Mit nur zwei Sätzen Zähnen mußten die Morganucodontiden einen besonderen Trick haben, um ihre Jungen zu füttern, etwas anderes als bei den Reptilien mit ihren fortwährend neu wachsenden Zähnen. In einer neugeborenen Spitzmaus ist kein Platz für die Erwachsenenausstattung mit Zähnen, und wenn Zähne nur in zwei Lebensphasen wachsen, kann man nicht immer mal einen nachwachsen lassen, wenn die Kiefer größer werden. Die einfache Lösung ist, daß die Jungen zunächst überhaupt keine Zähne haben. Doch was können sie dann essen? Etwas Nahrhaftes und leicht zu Verdauendes: Milch. Daher glauben wir, daß sich die Milchdrüsen vor jenen präzise ineinandergreifenden Zähnen entwickelt haben. Das ist einer der Gründe, warum die Morganucodontiden zweifelsfrei zu den Säugetieren gezählt werden.
    Erstaunlich, was man von ein paar Zähnen alles erfahren kann.
    Während sie gediehen und ihre Vielfalt wuchs, entwickelten sich die Säugetiere zu zwei Haupttypen: Plazenta-Säugetiere, wo die Mutter ihre Jungen in der Gebärmutter trägt, und Beuteltiere, wo sie in einem Beutel heranwachsen. Das Beuteltier, dessen Bild einem auf Anhieb in die Augen springt, ist das Känguruh – vielleicht weil es überhaupt auf Anhieb losspringt, zum Beispiel in Heiße Hüpfer :
    »Und wie sagt man ›Du wirst für eine äußerst wichtige Mission gebraucht‹ in der Känguruhsprache?« fragte Rincewind mit tückischer Unschuld.
    »Wirklich

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