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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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wirtschaftliche Not haben das politische Klima sehr schnell vergiftet. Besonders deutlich wird dies an den Wahlergebnissen. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 stimmen 45,5 Prozent der Wähler für die beiden Sozialdemokratischen |209| Parteien. Die liberale und republikbejahende Deutsche Demokratische Partei (DDP) erringt 18,5 Prozent. Damit entscheiden sich 64 Prozent der Wähler für ein parlamentarisches Regierungssystem in Deutschland. Das katholische Zentrum und die ihr durch Fraktionsgemeinschaft angeschlossene Bayerische Volkspartei können zusammen 19,9 Prozent für sich verbuchen. Auch in ihrer Anhängerschaft gibt es nicht nur Gegner der Republik. Allerdings erringen die bürgerlichen Parteien insgesamt 238 Sitze und die beiden sozialistischen Parteien nur 185. Die Wähler stellen damit früh klar, dass sie keinen Sozialismus, also keine Enteignung der Wirtschaft, wollen.
    Schon bei den nächsten Wahlen zur Nationalversammlung, am 6. Juni 1920, zeichnet sich ein antirepublikanischer Umschwung ab. Die eindeutig demokratisch gesinnten Parteien MSPD und DDP müssen herbe Verluste hinnehmen. Zusammen erreichen sie nur noch knapp 30 Prozent. Gewinne verzeichnen dagegen die Republikzweifler, darunter auch die linken USPD-Leute. Schon bei den Wahlen im Juni 1924 verlieren SPD, DDP und das Zentrum, die wegen ihrer Zustimmung zur Republik als »Weimarer Parteien« bezeichnet werden, die Mehrheit. Von diesem Zeitpunkt an besitzen die republikfeindlichen Parteien in der Nationalversammlung die Mehrheit. Auswirken wird sich das erst ab 1930, wenn zur politischen erneut eine soziale und wirtschaftliche Krise tritt.
    In all diesen Wirren, mit denen die Republik vom ersten Tag ihrer Existenz konfrontiert ist, müssen die Männer und Frauen der ersten Stunde zudem auch eine neue Verfassung erarbeiten, die dem Land eine innere Ordnung geben soll. Die Nationalversammlung, die darüber entscheidet, kommt im Theater der Stadt Weimar zusammen. Man will damit dem unruhigen Berlin ausweichen, um ohne jeden Druck der Straße entscheiden zu können. Die thüringische Residenzstadt haben sich die Abgeordneten wohl auch deshalb gewählt, um an die deutschen Dichter Goethe und Schiller zu erinnern, die hier ihre bedeutenden Werke geschaffen haben. Wenn von der Weimarer Republik gesprochen wird, dann also, weil in dieser Stadt die verfassungsrechtlichen Grundlagen der ersten deutschen Demokratie verabschiedet worden sind.
    Im August 1923 wird der Vorsitzende der Deutschen Volkspartei, Gustav Stresemann, Reichskanzler. Die Anhängerschaft seiner Partei stammt überwiegend aus dem Mittelstand. Bei den letzten Reichstagswahlen hat sie 13,9 Prozent der Stimmen erreicht. Stresemann kommt ins Amt, als Deutschland in einer vielfachen Zerreißprobe steht. Seine Regierung, in der zunächst auch sozialdemokratische Minister sitzen, schafft es, innerhalb von drei Monaten die Lage zu stabilisieren. Er beendet den nicht zu gewinnenden Ruhrkampf, verhindert die |210| Abspaltung Bayerns und zerschlägt die kommunistischen Unruhen in Thüringen und Sachsen. Noch wichtiger aber: Mit der Einführung der so genannten Rentenmark am 15. November 1923 wird die Inflation gestoppt. Sie hat wie kein anderes Ereignis die deutsche Gesellschaft gelähmt und dem Ansehen der Republik geschadet. Die dramatische Geldentwertung, die 1923 ihren Höhepunkt erreicht, ist ein Erbe des Krieges. Dieser wird von Krediten und einer übermäßigen Erhöhung der Geldmenge finanziert. Hinzu kommt unmittelbar nach dem Krieg eine volkswirtschaftlich kaum vertretbare Lohnpolitik, die die revolutionären Arbeiter besänftigen soll. Im November 1923, kurz vor der Umstellung auf die Rentenmark, kostet ein US-Dollar 4,2 Billionen Mark.
    Die Inflation führt innerhalb kürzester Zeit zu einer Verelendung, die weit in die bürgerlichen Schichten hineinreicht. Über Generationen angesparte Vermögen sind nichts mehr wert, Beamtenpensionen oder Renten reichen kaum noch für die notwendigsten Konsumartikel. Wer am Morgen sein Gehalt oder seinen Lohn erhält und die Geldscheinbündel in einem Koffer verstaut hat, muss losrennen, um Brot, Milch oder ein paar Schuhe zu ergattern. Denn wenige Stunden später hat die Inflationsspirale das Einkommen schon wieder aufgefressen. Was am Morgen noch halbwegs erschwinglich ist, kann abends schon Tausende oder gar Millionen Mark mehr kosten. Um zu überleben müssen Anwälte, Ärzte, Angehörige des höheren Beamtentums,

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