Die Glaszauberin pyramiden1
hat. Tirzah, du weißt, wovon ich spreche.«
Ich nickte erneut, nicht sicher, ob ich überhaupt hätte reden können, auch wenn ich es gewollt hätte.
»Ja«, sagte Isphet, »wir alle wissen es, aber keiner kann uns genau sagen, worin dieses Ungute besteht. Das Glas in der Kammer zur Unendlichkeit bittet um Hilfe… aber warum? Haben sich die Magier verrechnet? Ist die Formel fehlerhaft? Niemand weiß es, und niemand wagt es, die Magier darauf anzusprechen. Yaqob, ich möchte, daß du jetzt fortfährst.«
Er starrte uns der Reihe nach an. »Wir sind hier, versklavt, gegen unseren Willen in der Monstrosität der Pyramide, eingesperrt von verachtenswerten Dungläusen, die sich selbst Magier nennen.«
Die Bitterkeit in Yaqobs Stimme ließ meinen Kopf hochfahren. Ich wußte, daß er sie verabscheute, aber ich hatte nicht gewußt, wie sehr.
»Am Ende wird sie uns umbringen. Und wenn es die Pyramide nicht tut, dann bin ich davon überzeugt, daß es die Magier tun werden, sobald sie fertig ist. Wir wissen zu viel über die Pyramide und ihre Geheimnisse.«
Plötzlich sprang Yaqob auf die Füße und ging unruhig auf und ab.
»Aber ich will leben, so wie jeder von uns. Ich will frei sein. Ich will, daß meine Kinder frei sind und in reinem Sonnenlicht aufwachsen, weit weg von diesem verderbten Schatten.
Ich will, daß wir alle unser Handwerk ausüben können, ohne in ständiger Angst leben zu müssen. Seit Monaten sind Yassar, Isphet und ich und Dutzende anderer Elementisten in dieser verfluchten Formel eines Lagers schon damit beschäftigt, Schritte in diese Zukunft zu unternehmen. Es dauert lange, ist mühselig, und wir müssen vorsichtig sein, aber wir werden es schaffen. Wir hoffen, innerhalb eines Jahres einen ausreichenden Vorrat an Waffen und genügend Unterstützung bei den anderen Sklaven zu bekommen, um die Wächter und die Magier zu überwältigen – jeden einzelnen zu töten! Und dann zu fliehen und frei zu sein!«
Sein Zorn machte mir Angst, und ich mußte wegsehen. Die Wächter überwältigen? Die Magier? Wie?
Aber zu fliehen… So etwas hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Frei? Oh, wieder frei zu sein!
»Ich werde euch helfen«, sagte ich leise, aber mit fester Stimme.
»Ja«, sagte Yaqob, »das wirst du. Du hast jetzt keine andere Wahl mehr, nachdem du in dieser Nacht alles gehört hast.«
Er musterte mich aufmerksam, war jedoch beruhigt von dem, was er in meinem Gesicht las. »Wir haben dir lange Zeit nicht vertraut. Wir leben in der ständigen Furcht, daß die Magier Spione bei uns einschleusen. Und deine Ankunft in der Nacht, in der Raguel niederkam, erschien außergewöhnlich zufällig.«
Raguel starrte auf ihren Schoß, das Gesicht abgewandt. Die Tage verbrachte sie stumm und wortlos, die Nächte warf sie sich in unruhigem Schlaf hin und her. Wenn sie bei uns war. In den vergangenen zwei Wochen hatte Ta’uz gelegentlich für ein paar Stunden in der Nacht nach ihr geschickt.
»Aber kein Spion der Magier würde das Glas so gut verstehen können, wie du es kannst. Bis wir sicher waren, daß du eine Elementistin bist, nun, so lange konnten wir dir nicht vertrauen.«
»Wie sieht dein Plan aus, Yaqob?« fragte ich. »Und wo können wir nach der Flucht hingehen? Was wird uns danach erwarten?«
»Es ist nicht nötig, daß du jetzt schon alle Einzelheiten unserer Pläne kennst, und je weniger du weißt, desto sicherer für dich. Und wo wir hingehen, wenn wir frei sind… nun, Isphet?«
»Ich bin in Freiheit geboren«, sagte Isphet, und ihr Blick war in die Ferne gerichtet. »In Freiheit. Weit im Südosten, jenseits einer großen, unfruchtbaren Ebene, erhebt sich eine niedrige Bergkette, die ein großartiges Geheimnis birgt. Tief im Inneren dieses Geheimnisses lebt eine Gemeinschaft ganz für sich allein, die sich dem Studium und der Entwicklung der Magie der Elemente und dem Dienst an den Soulenai verschrieben hat. Die Ältesten unter ihnen sind mächtiger als ich es je sein könnte; sie leben in einer solchen Abgeschiedenheit, daß nur wenige von uns sie jemals zu Gesicht bekommen. Wir nennen sie die Weisen wegen der Abgeklärtheit, die ihnen ihr Wissen und ihre Macht verleiht. Aus diesen Bergen komme ich, und ich hoffe, daß wir dorthin fliehen können.
Nun, Tirzah, ich weiß, daß du Fragen haben mußt, aber ich hätte gern, daß du darüber eine Nacht vergehen läßt, das sich setzen läßt, was du gehört hast. Ich oder Yaqob werden dir gern alles beantworten – aber frage nur, wenn du
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