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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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er sie?«
    Rudi stöhnte. »Du müsstest das eigentlich wissen, du hast doch genügend Spione auf ihn angesetzt.«
    »Ich sollte sie alle entlassen. Keiner hatte je von dieser Chloe gehört, bis ich sie dem Lugal gegenüber erwähnte. Sie hat ihn dazu beschwatzt, dass sie das Haus der Tafel besuchen darf.«
    »Nichtsdestotrotz, Puabi, wird sie in nicht einmal drei Tagen tot sein. Du dagegen bekommst die Chance weiterzuleben, den En ganz für dich allein zu besitzen. Warum gönnst du dieser Frau nicht ein wenig Freude, bevor sie an deiner Stelle in den Tod geht?«
    »Kidu«, Puabi zog ihre Schärpe straff, »hat sich seit jenem Morgen nicht mehr mit mir vereint. Seit jener Nacht, genauer gesagt. Bevor ich dachte, er stirbt.«
    Rudi begann der Kopf zu schwirren, ein häufiger auftretendes
    Gefühl, wenn sie mit ihrer Schwester zu tun hatte. »Was willst du also, Puabi?«
    »Heute Nacht, bei der Heiligen Eheschließung - da wird er Chloe im Tempel erwarten. Doch stattdessen werde ich kommen.«
    »Ist er ein so phantastischer Liebhaber, dass du dafür dein Leben aufs Spiel setzen willst?«, fragte Rudi. »Du hast doch den Verstand verloren! Du lässt die Gelegenheit zur Flucht verstreichen, die dir geschenkt worden ist. Am Ende fällt es ihm noch ein, dem Rat von dem Ersatzopfer zu erzählen, und dann wirst du in Windeseile verstoßen, vergiftet und vergraben.«
    »Shama!«, keifte Puabi, obwohl der Alte praktisch neben ihnen saß. »Ich will heute Abend in den Tempel. Du sorgst dafür, dass dieses Chloe-Ding nicht da ist. Trotzdem wird sie für mich sterben.«
    Shama wackelte mit dem Kopf auf und ab. Rudi ließ den ihren in die Hände sinken. Puabi hatte den Verstand verloren. Ganz eindeutig.
    Guli zog sich zurück, und beide blieben keuchend, schweißgetränkt und friedlich liegen. Sie hatten sich auf jede nur erdenkliche Weise verausgabt. Geweint, bis sie beide nicht mehr konnten. Sich vereint, bis sämtliche Kräfte versiegt waren. Gelacht vor Erschöpfung und Hunger. Und schließlich in den Armen des anderen jede ihnen verbleibende Minute ausgekostet.
    Guli nahm mit seiner großen Hand Ulus und hielt beide in das matte Licht der Fackel. Draußen war es inzwischen heller Tag, doch hier drin blieb es dunkel. »Du hast so wunderschöne Hände«, bemerkte er. »Früher in der Taverne musste ich sie immerzu anschauen. Du setzt sie ein, wenn du redest. Manchmal konnte ich deine Worte erraten, ohne dass ich wusste, worum sich das Gespräch drehte. An deinen Händen.«
    Er küsste ihre Handfläche.
    Seine Hände waren zerschlagen, vernarbt, aber unsagbar zärtlich in ihrem Haar und unsagbar einfühlsam auf ihrem Leib. Einen Moment glaubte Ulu, ihr Herz würde zerspringen; hätten sie das schon während all der Jahre haben können, die sie einander kannten? Diesen Frieden? Diese Freude? Diese Ruhe? Hatte diese geheiligte Welt stets auf sie beide gewartet, aber erst die Hand der Götter sie gezwungen einzutreten?
    Nein, dachte sie. Ich könnte mich nie damit zufrieden geben, keine anderen Männer zu kosten, und er bedeutet mir zwar viel, doch das würde er nicht verstehen. Dennoch wäre es schön gewesen, in diesem Leben geliebt zu werden.
    Guli beugte sich, auf einen Arm gestützt, vor. »Wie ich gehört habe, sollst du dunkel werden.«
    »Eine Sumererin, keine Shemti«, bestätigte sie. »Und dann werde ich mit Gold überzogen. In Wahrheit ist es egal, wer ins Grab geht. Niemand außer dem Lugal hat Puabi je aus der Nähe gesehen, und wenn doch, dann war sie stets mit Gold überzogen und in ihre Roben gehüllt.« Ulu lachte. »Jeder könnte vorgeben, die Ensi zu sein. Wirklich jeder.«
    Ganz behutsam berührte er ihr Gesicht und strich mit den Fingerspitzen ihre Falten glatt. »Dir gehört mein Herz, Ulu.« Seine dunklen Augen glänzten im Licht, und er schloss sie. Eine Träne tropfte auf ihre nackte Brust.
    Ulu presste sein Gesicht auf die Träne, in ihr Fleisch, und hielt ihn so fest. Draußen setzten die Trommeln ein. »Dann nimm auch mein Herz, wenn du diesmal meinen Körper nimmst«, flüsterte sie ihm zu. »Liebe mich ein letztes Mal.«
    »Er muss mich empfangen!«, protestierte Ningal. »Ich warte schon den ganzen Tag.«
    »Der En ist eben zurückgekehrt und -«
    Ningal richtete sich auf. »Melde dem En, dass Richter Ningal hier ist. Er wird mich bestimmt empfangen.«
    Eine halbe Stunde später trat der En in den Raum. »Sei gegrüßt, Richter«, sagte er.
    Ningal senkte den Kopf. Wie sich der En doch verändert

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