Die Herrin der Kelten
die Antwort doch gekannt haben.
Mac Calma drehte sich um und spuckte gegen den Wind. »Das Mal davor war es Cäsar und die erste Welle einer römischen Invasion. Lasst uns zu sämtlichen Göttern beten, dass es diesmal nicht wieder so ist.«
Wenn es tatsächlich eine Invasion sein sollte, dann war sie allerdings zu einem frühzeitigen Scheitern verurteilt. Das Schiff, das in einiger Entfernung von der Küste in der hohen Dünung rollte, war dreimal so groß wie die Greylag und seine Besatzung fünfmal so zahlreich. In vertrauten Gewässern und bei günstigem Wind war es eines der schnellsten Schiffe der bekannten Welt. In unbekannten Gewässern, bei katastrophalen Wetterverhältnissen und mit einem Kapitän, der nichts von der Küstenlinie wusste, war es jedoch dem Untergang geweiht. Als das zunehmende Licht der Morgendämmerung die sich anbahnende Katastrophe noch offensichtlicher machte, gesellte sich Breaca zu den anderen am Feuer und hörte zu, wie ein hektischer, zutiefst bekümmerter Segoventos gegen das Heulen des Sturms anschrie und einem fremden Kapitän Warnungen und Anweisungen zubrüllte, die dieser trotz aller Anstrengung doch niemals hören würde - Warnungen vor der Sandbank und der starken Gezeitenströmung und die Anweisung, zwischen diese beiden zu steuern, um das Schiff in Landnähe auf Grund zu setzen. Der Augenblick des Aufpralls war unvermeidlich und schmerzhaft, und viele derjenigen, die das Gleiche durchgemacht hatten, wandten sich schaudernd ab. Diejenigen, die das Geschehen weiter beobachteten, mussten schließlich mitansehen, wie weit draußen hinter der Greylag ein Schiff unterging, und sie wussten, die Entfernung zur Küste war viel zu groß, als dass auch nur ein Einziger der Schiffbrüchigen die Katastrophe überleben könnte. Mit allgemeiner Zustimmung warteten sie also erst einmal ab, um zu sehen, was für die Toten noch getan werden konnte.
Die ersten Leichen wurden mit der einsetzenden Flut an den Strand geschwemmt. Es waren nicht viele; nachdem die erste Ladung Schiffbrüchiger dem nassen Seemannsgrab mit knapper Not entronnen war, war die See nun offenbar nicht mehr bereit, diese neuen Opfer auch noch herzugeben. Eine ertrunkene Frau und ein Kind wurden zusammen angetrieben, beide nur in Unterkleider gehüllt, als ob sie in großer Eile geweckt worden wären. Macha erreichte sie als Erste. Sie trug das tote Kind so behutsam wie ein Neugeborenes auf den Armen und legte es an einer sicheren Stelle oberhalb der Flutgrenze auf den Sand. Breaca und Airmid trugen gemeinsam die Mutter. Luain und Eburovic bauten eine Tragbahre aus zwei gleich langen Holzbalken und quer darüber gelegten Brettern und warteten unten am Strand auf den Rest der Toten. Wenig später wurde ein Seemann angeschwemmt, der mit einer Tauschlinge an einem zerbrochenen Deckbalken festgebunden war. Dieser Balken oder ein ähnlicher hatte ihm den Schädel zerschmettert, bevor er an Land gespült worden war. Andere Leichen folgten: eine Hand voll römischer Legionäre, die ungewöhnlicherweise beschlossen hatten, ihre Waffen bei sich zu behalten, als sie schwammen, und die dann - und das war noch ungewöhnlicher - nicht einfach auf den Meeresgrund gesunken waren, sondern noch lange genug auf der Wasseroberfläche getrieben waren, um von der Flut erfasst und an Land getragen zu werden. Ihre Schwerter allerdings waren aus ihren Scheiden gerutscht und verschwunden, um sich zu den Fischen auf dem Meeresboden zu gesellen, doch der Rest ihrer Rüstung war in einwandfreiem Zustand. Breaca, Tagos und Caradoc entkleideten die Toten schweigend, während sie ihre Messer in von Salzwasser verquollene Schnallen und Knoten schoben, um sie langsam und vorsichtig zu lösen, damit keiner von ihnen zerschnitten werden musste. Vier mit Metallschuppen besetzte Lederwämser und ebenso viele gute Ledergürtel wurden heil und unbeschadet entfernt und zum Trocknen neben das Feuer gelegt, wo Hail sie bewachte, während die Leichen von Seetang gesäubert und dann zu den Übrigen gelegt wurden.
Lange Zeit danach wurden zwei Jungen angeschwemmt, nicht älter als Bán. Beide waren nackt und trugen die Narben von Sklaven auf Schultern und Rücken. Die Männer der Greylag zogen sie aus dem Wasser und trugen sie zu der Stelle, wo die anderen Ertrunkenen lagen; allen wurde derselbe Respekt erwiesen, ohne Rücksicht auf Rang oder Stand, so wie man ihn Fremden erweisen würde, die keine Feinde in der Schlacht waren.
Breaca hielt sich gerade am
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