Die Herrin Thu
der Herrin Takhuru schicken will.“
„Mehr kann man nicht tun“, sagte Pa-Bast. „Richte deinem Gebieter aus, daß der Edle Men sogleich nach seiner Rückkehr Nachricht schicken wird.“ Der Mann verbeugte sich und ging hinaus in die Dunkelheit. Pa-Bast drehte sich zu mir um.
„Bete, daß Men früh nach Haus kommt“, sagte er grimmig. „Sonst gibt es eine Katastrophe.“
In dieser Nacht fand ich kaum Schlaf und fiel erst in einen unruhigen Schlummer, als die Sonne den Horizont berührte. Meinen Tagesgeschäften widmete ich mich mit Kopfschmerzen und unguten Gefühlen. Oben im Haus war es sehr ruhig. Entweder lagen Kamen und Takhuru noch im Bett, oder sie hatten beschlossen, sich so unsichtbar wie möglich zu machen. Die Stunde des Mittagsmahls kam und ging. Ich knabberte teilnahmslos ein paar Feigen und etwas Ziegenkäse, trank jedoch einen Becher Wein in der Hoffnung, der würde den pochenden Schmerz in meinem Schädel besänftigen. Dann ging ich in den Garten und unterhielt mich mit dem Obergärtner, der zwar höflich blieb, sich aber nicht gern stören lassen wollte. Darauf stellte ich mich auf den Sockel im Badehaus und übergoß mich mehrmals mit kaltem Wasser. Doch nichts vertrieb die Kopfschmerzen und das Schaudern meines Kas.
Am Spätnachmittag tauchten vier von Paiis’ Soldaten auf. Ich hörte sie mit Pa-Bast streiten, wickelte mich tropfnaß in ein Tuch und wollte durch die Halle die Treppe hochgehen. Im Schutz des Eingangs blieb ich stehen und lauschte. „Du wirst morgen zurückkommen müssen, wenn der Gebieter wieder daheim ist“, sagte Pa-Bast bestimmt. „Ich bin nicht befugt, dir das zu erlauben.“
„Wir bekommen unsere Befehle vom General, und der bekommt sie vom Prinzen“, gab der befehlshabende Offizier zurück. „Diese Befehle lauten, alle Häuser zwischen Palast und der Einfahrt zum Kanal zu durchsuchen. Falls du nicht gehorchst, wirst du vom Prinzen bestraft. Gib die Tür frei, Verwalter.“ Pa-Bast reckte sich.
„Falls dein Befehl aus dem Palast kommt, möchte ich zuerst die Rolle mit dem Siegel des Prinzen sehen“, beharrte er. „Gewißlich hat dir der General einen schriftlichen Befehl gegeben, den der Prinz unterschrieben hat. Kein Edelmann in dieser Wohngegend wird dir erlauben, nur auf dein Wort hin sein Anwesen zu durchsuchen.“ Die Miene des Mannes verfinsterte sich.
„Vielleicht begreifst du nicht recht“, sagte er. „Diese Leute sind schlau und gefährliche Verbrecher. Sie können sich ohne dein Wissen auf dem Grundstück hier verbergen.“
„Nein, das können sie nicht“, widersprach Pa-Bast. „Das hier ist ein bescheidenes Haus mit wenig Dienstboten. Ich bin der Haushofmeister. Ich überprüfe jeden Tag die Dienstbotenquartiere. Hier versteckt sich kein Fremder.“ Ich schloß die Augen. Oh, laß dich nicht durch das gewitzte Argument in die Falle locken, beschwor ich meinen Freund stumm. Versteife dich auf die Sache mit dem schriftlichen Befehl.
„Davon müssen wir uns überzeugen“, bedrängte ihn der Offizier. „Wir sind schon bei drei Nachbarn des Edlen Men gewesen. Bislang hat uns keiner den Zutritt verweigert, ja, alle waren sehr entgegenkommend.“
„Mein Gebieter ist nicht daheim.“ Pa-Bast wurde lauter. „Ich kann nicht darüber entscheiden, ob ihr ohne einen schriftlichen Befehl aus dem Palast ins Haus dürft. Zeigt ihn mir, und ihr dürft eintreten. Anderenfalls entfernt euch.“ Er machte auf den Hacken kehrt und ging durch die Eingangshalle, aufrecht und mit anmutiger Gemessenheit, wie es sich für sein Amt ziemte. Sein Gesicht war zornig gerötet, doch er biß sich auf die Lippen und verriet damit seine Unsicherheit. Er wußte genauso gut wie ich, daß die Soldaten nicht aufzuhalten waren, falls sie sich mit Gewalt Zutritt verschafften. Men hatte keine Wachen eingestellt. Doch die List zeigte Wirkung. Nach kurzem Zögern bellte der Offizier seinen Untergebenen einen knappen Befehl zu, und sie zogen ab. Jetzt fiel das Licht wieder ruhig auf den Boden. Ich stieß einen zitternden Atemzug aus und ging nach oben.
Ungefähr eine Stunde später verdunkelte ein anderer Soldat die Schwelle, dieses Mal ein Dienstbote Nesiamuns, der noch einmal nachfragte, ob wir jetzt wüßten, wo sich Takhuru aufhielte. Wieder war Pa-Bast gezwungen zu lügen. Er war böse, jedoch nicht auf den guten Mann, der offensichtlich genauso besorgt war, wie es Nesiamun sein mußte, sondern auf die Umstände, die ihn in eine Klemme gebracht hatten, die jedem guten
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