Die Herrschaft der Orks
er die Besucher an ihrer Gestalt und der Farbe ihrer Waffenröcke erkannte.
»Wir sind hier, mein König«, bestätigte der hagere Savaric, der den schwarzen Rock seines Hauses trug. »Wie geht es Euch?«
»Um die Wahrheit zu sagen, nicht sonderlich gut«, entgegnete Tandelor und versuchte, sich auf seinem Lager aufzurichten, was ihm allerdings erst dann gelang, als die beiden Kronräte ihm zu Hilfe kamen. »Ist das nicht eine eigenartige Ironie?«, fragte er mit kraftloser Stimme. »Lange Jahre habe ich damit zugebracht, auf dem Thron zu sitzen und die Dinge um mich herum geschehen zu lassen, nur auf das zu reagieren, was andere taten. Und nun, da die Entführung meiner Tochter mich aus dieser Lethargie gerissen hat, ereilt mich die Seuche.«
»Die Ärzte bezweifeln, dass es die Seuche ist«, widersprach der kleinwüchsige Ruvon. »Andernfalls hätte sie im Lager längst um sich gegriffen.«
»Dann muss ich dem Schicksal wohl dankbar sein.« Tandelor versuchte ein freudloses Lachen, das jedoch in einen heftigen Hustenkrampf überging. Mit heiserem Stöhnen sank der König auf sein Lager zurück.
»Ihr müsst Euch schonen«, beschied Savaric ihm mit besorgt zusammengezogenen Brauen.
»Was würde das noch helfen?«, keuchte Tandelor.
»Die Ärzte sagen, dass sie sich das Fieber nicht erklären können. Aber sie schließen auch nicht aus, dass es ebenso schnell wieder verschwindet, wie es Euch befiel.«
»Glaubt Ihr das auch?« Tandelor schürzte die spröden Lippen. »Seit wir Tirgaslan verlassen haben, hat sich mein Zustand mit jedem Tag verschlechtert – als ob mich das Schicksal dafür strafen wollte, dass ich so lange gezögert habe. Ich bin meinem Volk ein schlechter König gewesen.«
»Das ist nicht wahr, Herr«, widersprach Savaric. »Ihr habt stets getan, was für das Reich am besten gewesen ist.«
»Ihr seid ein Schmeichler. Ihr kennt meine Versäumnisse ebenso gut, wie ich sie kenne, genau wie Ihr, Lord Ruvon, und wie Lavan, der …« Erst jetzt fiel Tandelor auf, dass der dritte im Bunde fehlte. »… wo ist er überhaupt? Wo ist Lord Lavan?«
»Lavan hat das Heer verlassen, um auf seinen Ländereien im Norden nach dem Rechten zu sehen, mein König – so, wie Ihr es ihm gestattet habt. Er hat jedoch versichert, dass er so rasch wie möglich zurückkehren wird, um uns in unserem Kampf beizustehen.«
»Und das habt Ihr ihm geglaubt?«
»Wir haben keinen Grund, ihm nicht zu glauben, mein König«, versicherte Savaric. »Im Kronrat mögen Lord Lavan und ich oft verschiedener Meinung gewesen sein, doch wir alle wissen, was wir Euch und dem Reich schuldig sind, deshalb haben wir unseren Zwist beigelegt und sind einander nun treu verbunden.«
»Treue«, echote Tandelor, und der fliehende Blick seiner Augen richtete sich auf Savaric. »Treue ist selten geworden in diesen Tagen.«
»Mein König?« Hätte Tandelor den Blick bemerkt, den Savaric und Ruvon einander zuwarfen, so hätte er darin vielleicht eine Spur von Argwohn entdeckt, vielleicht auch von Furcht. So jedoch blieb ihm beides verborgen.
»Ich schätze mich glücklich, dass ich Männer wie Euch unter meinen Getreuen weiß«, erwiderte Tandelor leise und mit brüchiger Stimme. »Ihr alle seid über Euch hinausgewachsen und habt Euch der Herausforderung gestellt. Ihr seid bereit, Euer Leben zu wagen, um das meines Kindes zu retten, das werde ich Euch niemals vergessen – weder in dieser Welt noch in einer anderen.«
»Mein König, ich …«
»Deshalb«, fuhr Tandelor unbeirrt fort, »will ich Euch meinen letzten Willen anvertrauen, solange mein Verstand noch dazu fähig und meine Zunge noch dazu in der Lage ist.«
»Aber nein, mein König«, wandte Ruvon ein und eilte an das Lager seines Herrschers, »dafür ist es noch zu früh, wir …«
»Sollte ich dem Tod entrinnen, so betrachtet dies, was ich Euch nun sage, als hinfällig. Doch für den Fall, dass das Fieber im Kampf um mein Leben den Sieg davonträgt, sollt Ihr wissen …« Er unterbrach sich und keuchte. »Ihr sollt wissen, dass ich manches in meinem Leben bedaure – vor allem aber bedaure ich, zu lange gezögert und … Osbert nicht schon viel früher in seine Schranken gewiesen zu haben. Ich glaubte stets, dass der Herzog nur blind wäre vor Schmerz – nun jedoch habe ich erkannt, dass er verdorben ist bis ins Mark und vom Bösen durchdrungen. Ich habe geschworen … ihn für sein Vergehen zu bestrafen und meine Tochter zu befreien.« Er sah auf. »Und Ihr müsst mir
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