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Die Hexe von Paris

Titel: Die Hexe von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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deswegen dauerte er mich um so mehr. Der Mann mit den unbedeutenden Amouren, des einzig Echten beraubt, das er je besaß. Oder besessen zu haben glaubte.
    »Ich – ich kann das nicht tun. Um Gottes willen, haltet ein. Ich kann es nicht ertragen, schwanger zu werden, nachdem ich gesehen habe –«
    »So glatt, so weiß. Wie Sahne.« Seine Hand hatte sich unter meinen Rock vorgearbeitet. »Warm. Menschlich. Lebendig.«
    »Nein«, sagte ich, doch ich war zu schwach, zu trunken, zu sehr erfüllt von Jahren geheimer Träume, um ihn fortzustoßen. Mein Herz schlug flatternd gegen meine Rippen.
    »So schön«, murmelte er, indes er mich auf den Rücken legte. Ich spürte sein Gewicht auf mir. »Habt keine Angst – in dieser langen Zeit – seit ich sie verlor – habe ich tausend Kniffe gelernt – die Damen zu beglücken. Bei mir laufen sie keine Gefahr. Ihr müßt keine Angst haben –« Die Nadeln meines Mieders waren auf dem Fußboden verstreut. Rock und Unterröcke lagen um mich wie ein Strauß bunter Blumen. Die Angst löste sich in der Hitze neuer Wonnen. Doch während seine Hände und Lippen über mich tasteten, waren seine Augen geschlossen. Sein Antlitz, feucht von Tränen und eingefallen vor Kummer, war noch immer schön.
    »André«, flüsterte ich, als der Taumel ihn überkam.
    »Angélique!« rief er, als der vergeudete Samen die Bettwäsche befleckte. Er hatte Wort gehalten. Aber es war Marie-Angélique, die er besessen hatte, nicht ich. Ich betrachtete sein Antlitz, das entspannt und voll Dankbarkeit war, als er allmählich in Schlaf sank, und ich spürte keine Reue, nicht die geringste. Das Nachglühen der Innigkeit durchrieselte noch meinen Körper. Der gute, schwere Geruch der männlichen Begierde haftete an mir. Oheim, dachte ich, Ihr hattet unrecht. Ihr wart falsch und niederträchtig. Der schönste Mann, der jemals in meinen Träumen umging, hat mich begehrt, hat mich erfüllt, ist mir dankbar. In diesem Augenblick war ich glücklich, ungemein glücklich. Schmort in der Hölle, Oheim, flüsterte ich im stillen. In diesem Augenblick gehört André Lamotte mir. Kein anderer Augenblick ist von Bedeutung. Nichts anderes zählt.
    »André, André«, flüsterte ich, »nicht schlafen. Euer Gastmahl. Die Herzogin. Ihr müßt aufstehen.« Ich schüttelte ihn an der Schulter. Er schlug die Augen auf.
    »Oh, Ihr seid es, Geneviève.« Wir tauschten einen langen Blick. Beide wußten wir alles. »Ich bin Euch dankbar. Was kann ich nun für Euch tun? Was kann ich Euch geben, arm, wie ich bin, Euch zu entgelten, daß Ihr gerettet habt, was von mir geblieben ist?«
    »Ihr könnt mir helfen, das Kleid auszubürsten und es anzuziehen, und eine Sänfte herbeiholen, die mich nach Hause bringt. Und heute abend bei Eurem Gastmahl müßt Ihr ein Ausbund an Witz sein.«
    »O mein Gott, das Gastmahl! Die Herzogin!« rief er, als habe sein Verstand die Situation endlich erfaßt. Ich strich Sylvies grellbunte Sonntagsunterröcke glatt.
    »Gewiß mißgönnt nicht einmal sie Euch an Eurem freien Tag eine Buhlerei mit den Dienstmägden. Ich gehe hintenherum hinaus, und niemand wird vermuten, daß mehr als das vorgefallen ist.« Er sah verstört aus.
    »Ihr – Ihr denkt an alles. Soviel Selbstbeherrschung – das ist unnatürlich. Es erinnert mich an –«
    »Denkt nicht, daß ich ihn leiden mag, wenn Ihr mich nicht beleidigen wollt. André, ich weiß, es war Marie-Angélique, nach der Ihr gerufen habt. Glaubt Ihr, ich hätte nicht nach ihr gerufen? Ich stelle keine Ansprüche an Euch; ich werde Euch nicht in Verlegenheit bringen. Bleibt nur mein Freund. Das ist alles, worum ich bitte.« Er blickte mich niedergeschlagen an. Er wirkte gealtert und hatte Ringe unter den Augen. Der flotte Schnurrbart war schlaff. Lamotte erschlaffte unter dem Gewicht des guten Lebens, das ihn belastete. Das schwerfällige mittlere Alter der Müßiggänger war nicht mehr fern.
    »Ihr habt die Ehre und das Herz eines Mannes«, sagte er. »In einer Welt der neidischen, boshaften Weiber und der verräterischen Höflinge werde ich Eure Freundschaft hochhalten. D'Urbec war klüger als ich. Ich scharwenzele um eine selbstsüchtige reiche Frau herum – und Ihr – ich hoffe, Ihr findet einen Mann, der Eures Herzens würdig ist, Geneviève.«
    Nur ein Poet konnte etwas so Dummes wünschen, dachte ich, als die Träger mich vor meinem Haus absetzten. Dennoch, der gefühlvolle Augenblick tat mir wohl. Ich hätte es nicht anders haben wollen.

    Eine morbide

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