Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
nachsehen sollten, was vor sich ging. Dann sah einer von ihnen den Toten auf der Türschwelle liegen und rannte zu ihm.
» Großartig«, sagte ich zu ihm und grinste wild. » Genau das wollte ich sehen. Lasst mich doch einfach alle hier drin allein und findet heraus, ob ich noch da bin, wenn ihr zurückkommt.« Ich musste alles tun, damit sie sich nicht an dem Kampf draußen beteiligten.
Der Mann hielt inne und sah unsicher zu den anderen.
Genau diesen Moment suchte Dek sich aus, um in die Scheune zu stürzen. Er kam aus der grellen Sonne ins Dunkel und prallte prompt gegen den Silbmagier, der daraufhin zu Boden ging.
» Schnell, Dek«, brüllte ich. » Mein Schwert – gleich vor deiner Nase!«
Dek griff – glücklicherweise – sofort nach dem Schwert. Der Silbmagier packte seinen Arm. Dek tat das Einzige, das ihm einfiel: Er warf mir die Waffe zu. Allerdings hatte er vergessen, dass meine Arme auf dem Rücken zusammengebunden waren. Das Schwert knallte gegen meinen Oberschenkel und fiel auf den Boden. Es hatte keinen Schaden angerichtet, blieb aber nutzlos neben meinen Füßen liegen. Die anderen Silbmagier liefen jetzt zu Dek, um ihn auf den Boden zu drücken. Immerhin würden sie nicht nach draußen gehen, um den Widerstand gegen Thor zu verstärken. Sofern das da draußen wirklich Thor war. Ich hatte ihn immer noch nicht gesehen, aber ich konnte jetzt das Klirren von Schwertern hören. Und Schreie. Jemand war verwundet und verkraftete es nicht gut. Ein Stoß Dunkelmagie traf die Scheunenwand; Bretter zitterten und barsten.
Während all das geschah, tastete ich auf dem Boden nach dem Seil, das an dem Schwert befestigt war, und pries die Tatsache, dass ich es geschafft hatte, den Stiefel auszuziehen. In der Zwischenzeit kämpfte Dek weiter, was gut war, denn dadurch waren die Silbbegabten beschäftigt, und niemand bemerkte meine Bemühungen. Noch mehr Dunkelmagie zischte, diesmal in die Scheune hinein, und erblühte an der rückwärtigen Wand wie ein Strauß roter Rosen. Ein Teil der Wand gab nach, und Rauchschwaden wehten um das Loch herum. Die Silbbegabten achteten nicht darauf; sie waren damit beschäftigt, auf Dek einzuschlagen. Dek schrie.
Ich krallte meine Zehen um das Seil und reichte es an meine Finger weiter. Ich packte es und zog das Schwert langsam hoch, um es in die Hände zu bekommen. Während ich das tat, sah ich, was draußen geschah, aber es ergab alles irgendwie keinen Sinn für mich. Das Wasser, frei von jedweden Pandana-Blättern, schien voller grauer Gestalten zu sein, die den See aufwirbelten. Viele von ihnen waren bereits im seichten Wasser. Ungeheuer? Ich hatte keine Zeit, lange darüber nachzudenken.
Jetzt packte ich das Schwert am Griff, konnte das Seil, mit dem meine Hände gefesselt waren, jedoch immer noch nicht durchtrennen. Am Ende drehte ich das Schwert, so dass es zum Dach wies, und ließ die Klinge sehr vorsichtig durch meine Finger nach unten gleiten, bis der Griff auf dem Boden aufkam und ich die Klinge nahe der Spitze packen konnte. Ich machte einen kleinen Schritt nach vorn, so weit die Schlinge es zuließ, und war dadurch in der Lage, die Spitze zwischen meine Handgelenke zu schieben. Dann stieß ich die Hände nach unten, ließ meine Fesseln an der Klinge entlanggleiten. Das eine Handgelenk verletzte ich mir mit der Schwertspitze, während ich das andere mit der Schwertschneide aufschlitzte, aber die Fesseln lösten sich. Die Waffe fiel wieder auf den Boden, doch da ich das Seil, das darangebunden war, in der Hand hatte, dauerte es nur einen Augenblick, bis ich das Schwert wieder umklammert hielt.
Genau in diesem Moment kam Domino hereingestürzt, der das Kampfgetümmel draußen umgangen hatte. Er trug kein Schwert, da er es gewohnt war, von anderen beschützt zu werden. Aber er hatte ein Messer. Vielleicht wollte er sicherstellen, dass ich – auf welche Weise auch immer – starb. Vielleicht war es seine Absicht, mich als Geisel zu nehmen, um den rasenden Thor draußen aufzuhalten. Dort wurde immer noch gekämpft, wie ich erkannte: Das Klirren von Klingen war zu hören, und jemand keuchte. Er war schon ein ziemlich guter Kämpfer, dieser Thor. Ich wusste dies aus meiner Zeit in Calment, ganz zu schweigen von einer bestimmten Auseinandersetzung im Schankraum der Trunkenen Scholle in Gorthen-Nehrung.
Der Gestank der Dunkelmagie war erstickend, und ihr rotes Glühen sickerte in die Scheune. Domino machte einen Satz auf mich zu, als ich gerade mein Schwert hochriss.
Weitere Kostenlose Bücher