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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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wo sie auch ihn untergebracht hätte, wenn er bereit gewesen wäre, auf ihren Rat zu hören. Dann lief sie hinunter, den Männern entgegen. Ich hörte noch, wie sie beteuerte, Katholikin zu sein. Sie weinte und jammerte, mein Vater habe sie mit Gewalt in seinem Haus festgehalten, dass sie so froh sei, endlich von tapferen Rittern gerettet zu werden, und ihnen zahllose Schätze zeigen könnte, die der alte Geizkragen hier angehäuft hätte. «
    Adelind unterdrückte den plötzlichen, völlig unpassenden Drang zu grinsen. Marcia war für jede missliche Lebenslage sogleich die passende Lüge eingefallen!
    » Die Männer hörten auch ihr nicht zu « , redete Samuel weiter. » Ich vernahm Grölen, und dann schrie Marcia nur noch, während die Männer lachten. Es hörte einfach nicht auf. Ich wusste gar nicht, dass ein Mensch so lange schreien kann, ohne die Stimme zu verlieren. «
    Er lehnte sich erneut gegen die Wand der domus, als fürchte er, das Gleichgewicht zu verlieren. Die Menschenmenge vor ihnen hatte sich aufgelöst. Weder er noch Adelind hatten mitbekommen, wie der Zwist zwischen der Bäuerin und dem Fahrer des Karrens ausgegangen war. Ein einsames Kätzchen leckte die letzten Reste von Eigelb, bevor sie ganz von Straßenschmutz aufgesaugt wurden. Lutz war von der Aussicht auf einen vollen Magen nicht angelockt worden. Adelind überlegte, dass Hildegard der Katze vermutlich Milch und Fleisch besorgte, obwohl beides in der domus verboten war. Sie sah Händler, Bürger und auch ein paar Kleriker vorbeiziehen und richtete ihre Aufmerksamkeit auf deren Gewänder, um nicht gleich an jene Dinge denken zu müssen, die Samuel ihr soeben erzählt hatte. Jene Bilder, die seine Worte in ihrem Kopf gezeichnet hatten, würden sie ohnehin lang genug verfolgen.
    » Wie hast du Marcia aus der Stadt geschafft? « , fragte sie schließlich, denn sie wollte ohne viele weitere Details das Ende der Geschichte hören. Er schwieg eine Weile, beugte sich hinab, um das Kätzchen zu streicheln, das seinen Magen gefüllt hatte und nun um seine Beine strich.
    » Ich wartete, bis es still war und die Schreie nur noch von draußen kamen. Dann kroch ich aus der Truhe, obwohl sie mir eingeschärft hatte, das nicht zu tun. Sie lag auf den Stufen der Treppe, war halb nackt und… und sie blutete. Die Möbel des Hauses waren zerschlagen, alle Truhen ausgeschüttet. Dennoch hatten sie das meiste zurückgelassen, denn wer mordet, der kann nicht viel schleppen. Ich machte einen Verband aus einem Stück Leinen. Marcia war nur kurz bewusstlos, dann wachte sie auf und sagte, dass ich bis zum Einbruch der Dämmerung im Haus ausharren sollte. Dann wären sie hoffentlich erschöpft vom Schänden und Morden. Wir hatten Glück, denn der Brand in der Stadt erfasste unser Haus nicht. Als ich Marcia im Dunkeln durch die Gassen schleppte, hielt mich wirklich niemand auf außer den vielen Leichen und Trümmern auf der Straße. Die Flammen glommen nur noch schwach im Hintergrund von Ruinen, aber es lag so viel Rauch in der Luft, dass ich kaum Luft bekam. Und diese Ritter, manche lagen einfach nur in den Blutlachen herum, als seien sie erschöpft eingeschlafen. Ich… ich wollte ein Brett nehmen und sie erschlagen, aber Marcia drängte mich, einfach schnell aus der Stadt zu verschwinden, bevor uns jemand bemerkte. «
    Samuel hatte es bis ins nächste Dorf geschafft, das menschenleer war, da man all seine Bewohner getötet hatte. Dort fand er die kleine Karre, auf die er Marcia lud, um sie ihrem Wunsch gemäß nach Carcassona zu bringen. Unterwegs schloss er sich einem Strom von Flüchtlingen an, die von dem Spital in der domus gehört hatten und hofften, hinter den als unbezwingbar geltenden Mauern Carcassonas Schutz zu finden. Einige halbwegs unversehrte Mitglieder des Flüchtlingszuges vermochten unterwegs Nahrung zu beschaffen, doch Marcia aß kaum. Sie wollte nur noch ihr gewünschtes Ziel erreichen.
    Adelind legte ihren Arm um Samuel, was er recht widerwillig hinnahm. Dann führte sie ihn in die domus zurück. Mabile und Olivette hatten die Verletzten versorgt. Für ein paar Stunden schien es, als sei Frieden eingekehrt, denn niemand schwebte mehr in Lebensgefahr. Erst zur hora nona trafen weitere Flüchtlinge ein, die Adelind in den Kammern der sociae unterbringen musste. Die nächsten Tage würden sie alle in einem einzigen kleinen Raum auf dem Boden schlafen müssen.
    Als Rosa zurückkehrte, dämmerte es bereits. Sie hatte eine ernste Miene wie üblich,

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