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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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seinen vollständigen Lebensunterhalt gewinnen, sondern auch ein hübsches Capital von achtzig Pfund Sterling jährlich zurücklegen.
    Paddy O’Moore verstand dies. Seine Kenntniß des Landbaues kam ihm dabei wohl zu Statten. Er fand seine Nahrung, sparte und erwarb mit dem Ersparniß des ersten noch andere Loose. Mit dem Glück seiner Familie gedieh auch seine Schöpfung. Der irländische Bauer ward Grundeigenthümer, und schon nach zwei Jahren der Gründung besaß er fünfhundert Morgen von ihm urbar gemachten Landes mit einem Viehstand von fünfhundert Stück. Nun war er sein eigener Herr, vormals dagegen Sklave der Europäer; nun war er so unabhängig, wie man im freiesten Lande der Welt sein kann.
    Diese Erzählung des irländischen Auswanderers beantworteten seine Gäste mit aufrichtigen, herzlichen Glückwünschen. Als Paddy O’Moore seine Erzählung beendet hatte, erwartete er wohl ein gleiches Vertrauen, wollte aber nicht dazu auffordern. Er gehörte zu den bescheidenen Leuten, welche sagen: So ein Mann bin ich, aber ich frage Euch nicht, wer Ihr seid. Glenarvan seinerseits hatte wohl ein unmittelbares Interesse, vom Duncan zu reden, dessen Anwesenheit am Cap Bernouilli, und von den Nachforschungen, welche er mit unermüdlicher Ausdauer verfolgte. Aber als ein Mann, der gerade auf sein Ziel zugeht, fragte er zuerst Paddy O’Moore über den Schiffbruch der Britannia.
    Die Antwort des Irländers war nicht nach Wunsch. Er hatte nie von diesem Schiff ein Wort reden gehört. Seit zwei Jahren war kein Schiff an der Küste zu Grunde gegangen, weder oberhalb noch unterhalb des Caps. Vor zwei Jahren war der Schiffbruch vorgekommen; er konnte daher mit Zuverlässigkeit versichern, daß die Schiffbrüchigen nicht auf diesen Theil der Westküste geschleudert worden seien.
    »Jetzt, Mylord, fuhr er fort, möcht’ ich Sie fragen, aus welchem Interesse Sie diese Frage an mich richteten.«
    Darauf erzählte Glenarvan dem Pflanzer den Vorfall mit dem Document, die Reise der Yacht, die angestellten Versuche, den Kapitän Grant wieder aufzufinden; er verhehlte nicht, daß so entschieden ausgesprochene Versicherungen seine theuersten Hoffnungen zu Boden schlügen, und daß er die Hoffnung aufgebe, jemals die Schiffbrüchigen wieder zu finden.
    Diese Worte verfehlten nicht einen schmerzlichen Eindruck auf alle Zuhörer zu machen. Robert und Mary waren anwesend und hörten sie mit Thränen in den Augen. Paganel wußte kein Wort des Trostes und der Hoffnung zu finden. John Mangles empfand einen Schmerz, dessen er nicht Herr werden konnte. Bereits ergriff Hoffnungslosigkeit die Seele der edlen Menschen, welche der Duncan vergeblich an diese fernen Gestade geführt hatte, – als man die folgenden Worte vernahm:
    »Mylord, Gott sei Preis und Dank! Wenn der Kapitän Grant noch bei Leben ist, so befindet er sich lebend auf dem Boden Australiens!«
Siebentes Capitel.
Ayrton.
    Diese Worte machten einen erstaunlichen Eindruck, der sich nicht schildern läßt. Glenarvan stand hastig auf, stieß seinen Stuhl zurück, und rief:
    »Wer spricht so?
    – Ich, erwiderte einer der Diener des Paddy O’Moore, der am Ende des Tisches saß.
    – Du, Ayrton! sagte der Pflanzer, ebenso überrascht, wie Glenarvan.
    – Ich, erwiderte Ayrton, in bewegten, doch festem Ton, ich, ein Schotte, wie Sie, Mylord, ich, einer der Schiffbrüchigen der Britannia.«
    Diese Erklärung machte einen unbeschreiblichen Eindruck. Mary Grant, halb ohnmächtig durch die Bewegung ihres Gemüths, halb sterbend vor Glück, sank in die Arme der Lady Helena. John Mangles, Robert, Paganel sprangen von ihren Sitzen auf und stürzten auf den zu, welchen Paddy O’Moore mit dem Namen Ayrton angeredet hatte.
    Es war ein Mann von fünfundvierzig Jahren und von rauhem Aeußern, dessen leuchtender Blick sich unter tiefdunkeln Augenbrauen verlor. Trotz seiner Magerkeit schien er von außergewöhnlicher Körperstärke zu sein. Er war ganz Nerv und Knochen, und vergeudete, um einen schottischen Ausdruck zu gebrauchen, seine Zeit nicht damit, Fett anzusetzen. Ein mittelgroßer Wuchs, breite Schultern, ein entschiedener Gang, ein Gesicht, das trotz der Härte seiner Züge voller Intelligenz und Entschlossenheit war, nahmen für ihn ein. Die Sympathie, welche er einflößte, wuchs noch durch die Spuren eines noch jungen Leidens, welche auf seinem Gesicht abgeprägt waren. Man sah, daß er gelitten, und zwar viel gelitten hatte, obgleich er der Mann zu sein schien, Leiden zu ertragen,

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