Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
fragte Shakarov mit gerunzelter Stirn.
»Oh nein«, erwiderte Nunan, während er die beiden Atreskaner besorgt beobachtete. »Wir haben jetzt schon genug Feinde. Ich wollte ihre Zahl nicht noch vergrößern.«
»Der Krieg fordert seine Opfer«, flüsterte Davarov. »Die Konkordanz wird siegen.«
»Die Köpfe hoch«, sagte Jhered zu den Aufgestiegenen. »Ihr seid hier unter Freunden.«
Sie blickten zu Arducius, der nickte, auch wenn er ein wenig ängstlich war. Dann betrachteten sie Marschallin Mardov und das kleine, luxuriös ausgestattete Empfangszimmer, in dem sie alle standen. Arducius sank das Herz, während er sich fragte, ob sie jemals echte Freunde finden würden.
Die Marschallin bemerkte ihre Augen und legte sich eine Hand vor den Mund, um ihr Keuchen zu unterdrücken. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück, machte das Zeichen des Allwissenden vor der Brust und starrte die Besucher an. Schließlich wanderte ihr Blick zu Jhered.
»Was sind sie?«, fragte sie.
»Das kannst du sie selbst fragen«, erwiderte Jhered. »Bitte, sie sind noch Kinder.«
Die Marschallin wandte sich wieder an sie und musterte sie widerstrebend und voller Misstrauen. Ossacer, der neben Arducius stand, hatte wieder den Blick gesenkt. Mirron riss sich von Gorian los, der die Marschallin mit einer Mischung aus Stolz und Zorn betrachtete. Sie hatte Mühe, die richtigen Worte zu finden.
»Wir sind die Zukunft«, erklärte Gorian. »Schatzkanzler Jhered sagt, wir werden für die Konkordanz den Krieg gewinnen. Genau das sind wir.«
Arducius lächelte unwillkürlich. Mardov dagegen erschrak ein wenig, als sie Gorians selbstbewusste Haltung sah. Dabei hatte der hitzköpfige Aufgestiegene nicht einmal angriffslustig geantwortet.
»Wie das?«, fragte sie. So erklärten sie es ihr, was überwiegend Arducius übernahm, doch nach und nach kamen sie alle zu Wort. Mardov hatte sich längst gesetzt und fasziniert zugehört. Wenn Arducius sich nicht sehr irrte, war Jhered sogar stolz auf sie.
»Bitte«, sagte Ossacer zum Abschluss, »wenn es unter allem, was Ihr gehört habt, eines gibt, das Ihr wirklich glauben müsst, dann dies, dass wir nicht gegen Gott sind, sondern mit ihm. Wir dienen ihm und der Konkordanz.«
»Die Elemente manipulieren?« Mardov schüttelte den Kopf. »Ist das wirklich wahr?«
»Denk nur an die Möglichkeiten«, schaltete sich Jhered ein. »Willst du eine Demonstration sehen?«
»Lieber nicht. Wie ist das möglich? Nein, vielleicht später«, sagte die Marschallin. »Ihr müsst verstehen, dass dies alles schwer zu fassen ist. Es wundert mich nicht, dass die Kanzlerin so hasserfüllt reagiert hat. Es ist …« Sie blies die Wangen auf und ließ den Satz unvollendet.
Arducius beobachtete sie und fragte sich, was sie wirklich über ihre Gäste dachte. Zweifellos hatte ihre Freundschaft mit Jhered sie bewogen, zunächst zuzuhören. In ihren Augen hielt sich jedoch der Ausdruck, den Arducius inzwischen nur zu gut kannte. Zweifelnd, vorsichtig. Und diese unselige Ängstlichkeit, die so schnell in Furcht und Abscheu umschlug. Eigenartig. Er hatte unbedingt wieder festen Boden unter den Füßen spüren und sichere Mauern um sich wissen wollen, und er hatte sich nach einem Bett gesehnt, in dem er ruhig schlafen konnte. Erst vor wenigen Stunden waren sie angekommen, und schon wollte er wieder fort.
»Ich werde dir trotzdem helfen, Paul«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was du vorhast, aber ich kenne dich gut genug, um dir zu vertrauen.«
»Um mehr bitte ich dich gar nicht«, sagte Jhered.
»Auch wir bitten nicht um mehr als dies«, fügte Arducius hinzu. »Wir wollen nur gerecht behandelt und nicht beurteilt werden, ehe wir überhaupt etwas tun konnten.«
»Nun gut«, erklärte die Marschallin. »Wohin wollt ihr denn gehen? Ich denke nicht, dass ihr hier unsere Schlachten schlagen könnt. Wir stehen unter Druck, aber doch nicht so sehr, dass mein Volk etwas derart Neues einfach hinnehmen wird. Etwas, das …« Sie wedelte hilflos mit der Hand.
»Das so anders ist«, sagte Gorian.
»Äh, ja.« Die Marschallin lächelte verlegen.
»Warum steht ihr unter Druck?«, wollte Jhered wissen. »Ich dachte, eure Grenzen sind gut verteidigt, und da Kark im Osten liegt …«
»Die Tsardonier marschieren sehr schnell nach Süden. Wie ihr ja wisst, gibt es in Atreska keinen nennenswerten Widerstand. Ihre Zahl und ihre Ausrüstung lassen vermuten, dass sie uns zerschmettern und nicht nur von der Konkordanz abschneiden
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