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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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was ich fürchte‹, erklärte mir die Mutter der Schauspielerin, ›das sind die bösen Ratschläge einer Polin, einer Frau Cramone, in die meine Tochter sich vernarrt hat und von der sie sich leiten läßt; vielleicht, wenn Sie sie sehen und ihr ein Geschenk in Aussicht stellen wollten, daß sie dann auf unsere Seite treten würde; sie ist gerade hier, soll ich sie rufen? Ich werde ihr, ohne Ihren Namen zu nennen, sagen, daß ein Herr sie zu sprechen wünscht.‹ Ich stimme zu, die Fremde wird geholt, und nun stellen Sie sich mein Erstaunen vor, als ich Ihre Frau von Godollo vor mir sehe, die, sobald sie mich erblickt hat, mit einem tollen Lachen davonrennt.«
    »Und sind Sie auch ganz sicher, daß sie es war?« fragte Brigitte. »Wenn Sie sie nur flüchtig gesehen haben ...«
    Der schlaue Provenzale war nicht der Mann, der sich eine solche Gelegenheit entgehen ließ, gegen den Schwindel der Ungarin aufzutreten.
    »Der Herr Bürgermeister hat sich nicht getäuscht«, sagte er in bestimmtem Tone.
    »Was? Sie wußten das?« sagte Fräulein Thuillier, »und Sie haben uns mit einem solchen Gezücht verkehren lassen?«
    »Im Gegenteil,« sagte la Peyrade; »ohne Skandal und ohne jemandem etwas mitzuteilen, habe ich Ihr Haus von ihr befreit. Sie erinnern sich noch, wie plötzlich diese unglückselige Person ihre Wohnung verlassen hat: ich war es, der ihr, nachdem ich entdeckt hatte, wer sie war, zwei Tage Zeit gab, den Platz zu räumen, indem ich ihr drohte, im Weigerungsfalle alles zu enthüllen.«
    »Mein Lieber,« sagte Thuillier und drückte dem Advokaten die Hand, »du hast da ebenso klug wie entschlossen gehandelt. Wir haben damit noch eine Verpflichtung mehr gegen dich.«
    »Also Schwamm über die ganze Sache, Papa Minard!« sagte Brigitte. »Wir werden unsererseits über die Streiche des Herrn Julian reinen Mund halten. Wollen Sie nicht eine Tasse Tee trinken?«
    »Gern«, erwiderte Minard.
    »Celeste,« sagte die alte Jungfer, »klingle doch nach Henri, er soll den großen Kessel aufs Feuer setzen.«
    Obgleich sie sich erst am Nachmittag des nächsten Tages zum Notar begeben sollten, begann Brigitte bereits vor acht Uhr mit ihrem »Herumgewirtschafte«, wie es ihr Bruder nannte.
    Brigitte erklärte, daß man, wenn man sich nicht zeitig zurecht mache, niemals fertig werden würde. Sie verhinderte Thuillier daran, in das Bureau der Zeitung zu gehen, indem sie behauptete, daß man ihn, wenn er einmal weggegangen wäre, nicht mehr wiedersehen würde; sie stieß die Köchin Josephine herum, damit das Déjeuner früher bereit sei, und trotz der Vorgänge des vorhergehenden Abends mußte sie sich große Mühe geben, Frau Thuillier nicht wieder vor den Kopf zu stoßen, die sich nicht so, wie sie wollte, nach dem berühmten Grundsatz richtete: lieber zu früh als zu spät.
    Sie machte dann bei Collevilles denselben Lärm, legte ihr Veto gegen eine zu elegante Toilette ein, die Flavia anziehen wollte, und bezeichnete Celeste genau das Kleid und den Hut, den sie wählen sollte. Was Colleville anlangt, der, wie er sagte, von seinem Bureau im Rathause nicht wegbleiben durfte, so zwang sie ihn, schon morgens den Frack anzuziehen, stellte seine Uhr nach ihrer und erklärte ihm dann, daß man, wenn er zu spät käme, »zunächst« nicht auf ihn warten würde.
    Recht komisch war es, daß Brigitte, die alle andern gehetzt hatte, beinahe selbst nicht zur festgesetzten Zeit fertig geworden wäre. Da sie allen helfen zu müssen glaubte und von ihren gewohnten Beschäftigungen um keinen Preis etwas versäumt hätte, war sie mit Nachsehen und Handanlegen überall so sehr dabei, daß sie schließlich selbst nicht fertig wurde. Die Schuld an der Verzögerung, die sie beinahe verursacht hätte, wurde übrigens dem Friseur zugeschoben, den sie hatte holen lassen, damit er ihr »den Scheitel mache«. Da der Künstler sich für verpflichtet gehalten hatte, ihr eine moderne Frisur zu machen, so mußte er alles wieder aufmachen und eine Frisur herstellen, die den hergebrachten Gewohnheiten seiner Kundin entsprach, welche gerade darin bestanden, daß sie überhaupt niemals richtig frisiert war, sondern beständig, vulgär gesprochen, wie eine »wütende Katze« aussah.
    Gegen einhalb zwei Uhr waren la Peyrade, Thuillier, Colleville, Frau Thuillier und Celeste im Salon versammelt. Flavia erschien gleich darauf; um ein Schimpfen zu vermeiden, hatte sie ihre Armbänder erst unterwegs befestigt und sah nun zu ihrer Freude, daß sie Brigitte noch

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