Die Königin ist tot: Roman (German Edition)
Wasserfontäne an: wer kann das wieder zurückdrängen, versiegeln, Sektverschlüsse vielleicht, die aussehen, als würden sie mit letzter Anspannung ihres Drahtgeflechts die viel zu dicken Korken im Flaschenhals festhalten, bevor die Flüssigkeit pflichtschuldig schäumt).
Und vor allem fällt mir so der Teil der Stärkeren zu, der Kaltblütigen mit den weißen Handrücken, durch die die Adern schimmern. Ich spiele meine Rolle gut, was daran liegt, dass ich sie mag und dass ich schon so viele Rollen gespielt habe. Ich halte ihn wach auf unserer Kommandobrücke (im sanften Stimmungslicht der Abendbeleuchtung schwach noch zu erkennen das glücklich liebende Paar, versunken in den Anblick der nächtlichen Aussicht). Ein leuchtendes Rentierschlittengespann ragt als Vorposten des Vergnügungsparks in den See, als wollte es über das Eis davonfahren: doch vor der Stadt ist das Wasser noch offen.
Schließlich geht er. Zitternd, ich sehe das Zittern (die Arbeit) in Alexanders Rückenmuskulatur, kleinteilig und disparat, eine einzige Muskeldiaspora, die Hände seltsam steif, als hätte der Körper sie aufgegeben, den Kontakt abgebrochen zu seinen Außenposten. Ich bleibe am Bett sitzen und halte die eigenen Füße und höre ins Dunkle hinein (das keineswegs stiller ist als der Tag) und umarme die Schienbeine.
Ich höre nichts, was ich benennen könnte, ich sehe nur ein Kind, das die Zehen in den Mund stecken will und nicht begreift, warum sie ihm wieder und wieder entkommen. Ich höre: nichts, höchstens ein Rauschen, das ist das Meer, nehme ich an, der Wind am Meer. Um mich zu unterhalten denke ich an ein Meer, ein Meer und Berge, die zu rau und steil sind, um einfach Hügel genannt zu werden (was ihrer geringen Höhe durchaus entspräche), sie reichen tief ins Meer, die Hänge strauchbewachsen, das Meer gespannt und ruhig, es dehnt und bauscht sich leicht in seinem Hafenbecken, noch nicht bedrohlich, ruhig und gläsern, es sammelt Kraft für das nächste Unwetter, die nächste Stadtbelagerung durch wendige Flottenverbände. Dann kommt der Wind, der die Häuser eingrenzt und aus der Welt trägt, eingekapselt in ein Baumrauschen, das ausreicht, um das Bild einer hingeduckten Ansiedlung entstehen zu lassen.
Ich höre leise Stimmen, sie sprechen, Duncan erwacht, ein nackter Alexander in seinem Schlafzimmer, und ich denke, dass ich eingreifen werde müssen, Duncan die Situation plausibel machen werde müssen, ich improvisiere: ein Blickwechsel, spielerisch, wo soll ich diese Spielstimmung jetzt herkriegen, aus einer leichtgängigeren warmen Unterströmung holen? Dort, wo ich die Zehen spielerisch zum Mund führe wie ein Säugling? Der Säugling weiß aber wohl, dass ich hätte selber gehen müssen. Ich, im Türrahmen stehend, lächelnd, mit dem abgerutschten Träger meines Nachthemds spielend, wie sich das gehört, also zu Alexander: Und, was sagt er? Duncan: Was? Alexander: Sag es ihm. Wie haben wir uns das gedacht?
Wie wir uns das gedacht haben: Wir treffen uns beiläufig in deinem Bad, mein lieber Duncan. Ein kleiner Irrtum. Wir geben dir zu verstehen, dass unser Bad das deine ist. Nein umgekehrt. Deines ist unseres. Der richtige Ort: der zimmereigene Jacuzzi, der unter dem Nachtlicht einladend schimmert. An den wirst du dich noch erinnern? Hast du den nicht selbst einbauen lassen in Hinblick auf raffinierte Reinlichkeit? Wir legen dir das Baden nahe, damit kein Blut auf unsrer Haut zurückbleibt. So viele Gelegenheiten wie diese gibt es im Leben nicht, das wirst du wissen. Alexander sieht zu, ich handle. Nein, umgekehrt, du siehst zu, ganz wie du willst, du suchst dir aus, welche Rolle du einnimmst. Ein etwas lahmer Versuch, zugegeben, doch alles, was mir im Moment einfällt. Die Stimmen sind versickert, geschluckt von der Auskleidung der Wohnung. Ich horche in den finsteren Gang hinein und rieche Alexanders Angstschweiß, noch bevor ich seinen Körper erkenne, der bleich und nackt auf mich zukommt, verstörend langsam in den Lichtstreifen des Zimmers tritt, in den ich ihn hineinziehe: ich muss nicht fragen.
Auf seinem Bauch über dem Nabel ein kleiner Blutspritzer über dem frischrasierten Haaransatz, nicht mehr. Seine technischen Fertigkeiten sind überwältigend. Was wäre das für ein Desaster geworden, wenn ich mich eingemischt hätte. Die Stimmen? Gespinste meines sanft köchelnden Hirns. Die Handschuhe abgezogen und über die Gästetoilette kleinteilig in die Kanalisation eingespeist. Die Waffe: Eines unserer
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