Die Korallentaucherin
groß heraus. Er kennt sich mit Schiffen aus, er kennt die Gegend. Er ist ein Glückstreffer für die Ferienanlage.«
»Sobald er kann, wird er sich bestimmt selbständig machen. Er und Carmel haben offenbar den einen oder anderen Traum«, bemerkte Jennifer.
Welche gemeinsamen Träume hatten Blair und ich? Das scheint so weit zurückzuliegen.
»Gute Nacht, Tony.« Sie ging nach oben, stellte die Rosen auf ihren kleinen Tisch, und als sie sich schon ausziehen wollte, fiel ihr ein, dass sie das Buch, das sie lesen wollte, an ihrem Arbeitsplatz vergessen hatte. Sie musste noch so viel Material sichten. Also ging sie wieder nach unten und rief Tony zu: »Ich hole rasch noch mein Buch aus dem Büro.«
»Bis morgen.«
Vor Macs Haus brannte Licht; in den Zimmern der Graduierten waren noch ein paar Leute wach. Das Licht über den Außentanks beim Hauptgebäude beleuchtete das leise sprudelnde, atmende Wasser.
Jennifer holte ihr Buch, ohne Licht zu machen. Rudis Tür war geschlossen, und sie fragte sich, warum er nicht zu Gideons Grillparty gekommen war. Vielleicht hielt er sich in der Ferienanlage auf oder war gar nicht auf der Insel. Sie hatte ihn den ganzen Tag nicht gesehen. Begierig darauf, ihre Neuigkeiten mitzuteilen, klopfte sie an seine Tür.
»Bist du zu Hause, Rudi?«
Die Jalousien waren geschlossen, und sie drückte die Türklinke, um zu sehen, ob er vielleicht noch arbeitete. In dem Raum war es still, bis auf das Gurgeln und Summen der Wasserfilter. Das Licht aus den Neonröhren der Aquarien war gespenstisch und bläulich. Doch ein entsetzlicher Geruch hing im Raum; die Luft roch nach Fäulnis. Sie wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie ertastete den Lichtschalter und betätigte ihn.
Rudi lag auf dem Boden, in dem sonderbaren Licht wirkte sein Gesicht blau. Er lag sehr still da. Jennifer lief schreiend nach draußen.
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Kapitel sechzehn
Meer und Symbiose
I m Dunkel der Nacht stieg der Hubschrauber mit blitzendem Licht in einem Sandwirbel am Strand auf.
»Ein Glück, dass Bob über Nacht hier war«, sagte Blair.
Jennifer stand stumm neben ihm, die Arme um den Oberkörper geschlungen, immer noch unter Schock. Mac hatte rasch gehandelt, Carmel hatte Rudi die Herz-Lungen-Wiederbelebung verabreicht, und Rosie hatte den Hubschrauberpiloten aus dem Restaurant geholt und das Krankenhaus in Headland informiert. Was Rudi zugestoßen war, blieb allen ein Rätsel.
»Möchtest du etwas trinken? Hierbleiben?«, fragte Blair. »Ich bin im Dienst. Kann ich helfen?« Er wirkte besorgt, aber ein bisschen hilflos.
Jennifer schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Ich gehe jetzt besser zurück zu Mac und den anderen. Versuche herauszufinden, was passiert ist.«
»Vielleicht war es sein Herz. Du erfährst erst etwas, wenn sie ihn im Krankenhaus untersucht haben.«
»Mac sagt, er strotzte vor Gesundheit. Er glaubt, dass im Labor etwas passiert ist. Es roch nach Gas, nach faulen Eiern.«
»Sei bitte vorsichtig. Woran forscht er noch gleich?«, fragte Blair mit plötzlich erwachtem Interesse.
»Toxine, Gifte. Substanzen in einigen Meerespflanzen haben tödliche Wirkung – der Drachenkopf, der Blaugeringelte Oktopus und die Kegelschnecke. Das Gift tötet einen Menschen binnen einer Minute.«
»Himmel, Jennifer, das ist doch gefährlich. Kein Wunder, dass er aussah wie tot.«
»Hoffentlich wird er wieder gesund. Mac hat seine Familie benachrichtigt.«
Blair überlegte. »Ich bin der Meinung, von dieser Geschichte sollte nichts an die Öffentlichkeit dringen. Sollen die Leute denken, er hatte ein gesundheitliches Problem.«
»Es wäre schlecht fürs Geschäft, wie?«, fauchte Jennifer. »Da drüben ist Tony, erzähle du ihm das.«
In Macs Wohnzimmer war eine trübsinnige Gruppe versammelt, als Jennifer und Tony eintraten.
»Der Hubschrauber ist gestartet, der Rettungswagen erwartet ihn«, sagte Tony. »Hast du schon einen Verdacht, Mac?«
»Wie es aussieht, hat Rudi im Labor bei geschlossenen Fenstern und Türen eine Probenflüssigkeit eingekocht. Wir vermuten, dass die Dämpfe konzentriert genug waren, um ihn umzuhauen. Ein Glück, dass Jennifer ihn rechtzeitig gefunden hat.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Es ist schon spät. Lasst uns schlafen gehen. Lloyd bringt mich gleich morgen früh zum Festland hinüber.«
»Du informierst uns sofort, wenn du Näheres weißt?«, bat Carmel.
Tony, Jennifer und Isobel gingen langsam zurück zu ihren Unterkünften.
»Blair will nicht, dass etwas an die
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