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Die Kreatur

Die Kreatur

Titel: Die Kreatur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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gegenseitig am Kragen packen und uns raustragen. «
    Moses deutete mit seinem Pinsel und sagte: »Mr Aubrey ist dort drüben hinter dem heidnischen Brunnen, mitten zwischen den Rosen. Und macht euch bitte nicht über seinen Hut lustig.«
    »Seinen Hut?«, fragte Michael.
    »Lulana besteht darauf, dass er einen Sonnenhut trägt, wenn er den halben Tag im Garten verbringt. Er ist so gut wie kahl, und deshalb macht sie sich Sorgen, dass er Hautkrebs auf der Schädeldecke kriegt. Anfangs hat Mr Aubrey den Hut gehasst. Er hat sich erst in der letzten Zeit daran gewöhnt.«
    Carson sagte: »Ich hätte nie geglaubt, dass ich den Tag erlebe, an dem sich Aubrey Picou von jemandem Vorschriften machen lässt.«
    »Lulana macht ihm nicht wirklich Vorschriften«, sagte Moses.
»Es ist eher so, dass sie mit ihrer unbarmherzigen Liebe jeden zum Gehorsam zwingt.«
    Ein Ziegelweg führte von den Stufen der Veranda über den Rasen, um den heidnischen Brunnen herum und von dort aus weiter zum Rosengarten.
    Der Marmorbrunnen stellte drei Figuren in Lebensgröße dar. Pan, eine männliche Gestalt mit Ziegenbeinen und Hörnern, spielte auf seiner Flöte und jagte zwei nackte Frauen um eine Säule herum, um die sich Weinreben schlangen – oder sie jagten ihn.
    »Mein Blick für Antiquitäten ist nicht unfehlbar«, sagte Michael, »aber ich bin ziemlich sicher, dass es sich um achtzehntes Jahrhundert Las Vegas handelt.«
    Die Rosensträucher wuchsen in Reihen, die Gänge dazwischen waren mit verwittertem Granit gepflastert. Im dritten von vier Gängen standen ein Sack Dünger, ein Zerstäuber und Tabletts, auf denen Gartenwerkzeuge säuberlich aufgereiht lagen.
    Hier fanden sie auch Aubrey Picou – unter einem Strohhut mit einer so breiten Krempe, dass Eichhörnchen darauf hätten im Kreis laufen können, um sich Bewegung zu verschaffen.
    Ehe er sie bemerkte und aufblickte, summte er eine Melodie vor sich hin. Es klang ganz nach »His Lamp Will Overcome All Darkness«.
    Aubrey war achtzig Jahre alt und hatte ein Kindergesicht: ein achtzigjähriges Kindergesicht, aber trotzdem rosa und pausbäckig und zum Reinkneifen. Sogar im tiefen Schatten seiner krebsvorbeugenden Kopfbedeckung funkelten seine blauen Augen fröhlich.
    »Von allen Bullen, die ich kenne«, sagte Aubrey, »seid ihr die zwei, die ich am liebsten mag.«
    »Gibt es überhaupt sonst noch welche, die du magst?«, fragte Carson.

    »Keinen dieser Halunken, nein, das nicht«, sagte Aubrey. »Aber schließlich hat mir auch keiner von den anderen jemals das Leben gerettet.«
    »Was soll der blöde Hut?«, fragte Michael.
    Aubreys Lächeln verzog sich zu einer Grimasse. »Was macht es schon aus, ob ich an Hautkrebs sterbe? Ich bin achtzig Jahre alt. An irgendwas muss ich doch sterben.«
    »Lulana will nicht, dass du stirbst, bevor du Jesus gefunden hast.«
    Aubrey seufzte. »Seit diese drei den Laden schmeißen, kann ich mich nicht mal mehr umdrehen, ohne über Jesus zu stolpern. «
    »Falls dich überhaupt jemand erlösen kann«, sagte Carson, »dann wird das Lulana sein.«
    Aubrey sah aus, als wollte er eine bissige Bemerkung machen. Statt dessen seufzte er noch einmal. »Ich hatte nie ein Gewissen. Jetzt habe ich eins. Das ist noch lästiger als dieser absurde Hut.«
    »Warum trägst du den Hut überhaupt, wenn du ihn nicht ausstehen kannst?«, fragte Michael.
    Aubrey warf einen Blick auf das Haus. »Wenn ich ihn abnehme, sieht sie es. Dann kriege ich nichts von Evangelines Kuchen ab.«
    »Mit Pralinézimtcreme.«
    »Und einer Kruste aus gerösteten Pekannüssen«, sagte Aubrey. »Dieser Kuchen ist einfach göttlich.« Er seufzte.
    »Du seufzt andauernd«, sagte Michael. »Das hast du doch früher nicht getan.«
    »Aus mir ist eine erbärmliche Gestalt geworden, stimmt’s? Ich tauge nichts mehr.«
    »Früher hast du nichts getaugt«, sagte Carson. »Inzwischen bist du etwas menschlicher geworden.«
    »Reichlich beunruhigend, wenn du mich fragst«, sagte Michael.

    »Als ob ich das nicht selbst wüsste«, stimmte Aubrey ihm zu. »Und was führt euch beide hierher?«
    Carson sagte: »Wir brauchen große, laute Knarren, mit denen man Türen einschießen kann.«

16
    Prachtvoll, dieser Gestank: beißend, durchdringend, penetrant.
    Nick Frigg stellte sich vor, dass der Geruch der Gruben in sein Fleisch, sein Blut und seine Knochen gesickert war, so wie der Duft von glimmendem Hickory in einer Räucherkammer selbst den dicksten Braten vollständig durchdringen konnte.
    Er fand großen

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