Die Kreatur
Satellitennavigationssystems nicht weit vom Mittelpunkt der Straßenkarte blinkte. »Die Bullen sollten« – er warf einen Blick auf die Wagen am Randstein, an denen sie vorbeifuhren, und sah dann wieder auf den Bildschirm – »genau hier geparkt haben.«
Cindi fuhr langsam an dem Zivilfahrzeug vorbei, billigem Blech, das schon reichlich abgenutzt war. Victors Leute waren immer besser ausgestattet als die Behörden mit ihrer vermeintlichen Autorität.
Sie parkte kurz vor der nächsten Kreuzung im absoluten Halteverbot. Bennys Führerschein war auf den Namen Dr. Benjamin Lovewell ausgestellt, und die Nummernschilder wiesen den Mountaineer als den Dienstwagen eines Arztes aus. Aus dem Handschuhfach zog Benny eine Karte, auf der ARZT IM EINSATZ stand, und hängte sie an den Rückspiegel.
Bei der Verfolgung eines Opfers war es wichtig, dass die Profikiller so günstig wie möglich parken konnten. Und wenn die Polizei einen Wagen mit ärztlichem Nummernschild bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ertappte, dann gingen die Beamten oft davon aus, dass der Fahrer es eilig hatte, in ein Krankenhaus zu kommen.
Victor mochte es nicht, wenn sein Geld für Strafzettel rausgeworfen wurde.
Als sie auf dem Weg zum PT Cruiser an der Limousine vorbeikamen, war Dooley bereits aus seinem Wagen gestiegen, um ihnen entgegenzulaufen. Wenn er ein Hund gewesen wäre, dann zweifellos ein Whippet, ein schlanker, langbeiniger Windhund mit einer spitzen Schnauze.
»Sie sind in Die andere Ella gegangen«, sagte Dooley und
deutete auf ein Restaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite. »Vor weniger als fünf Minuten. Habt ihr heute schon jemanden umgebracht?«
»Noch nicht«, sagte Benny.
»Habt ihr gestern jemanden umgebracht?«
»Vor drei Tagen«, sagte Cindi.
»Wie viele?«
»Drei«, sagte Benny. »Ihre Replikanten waren fertig.«
Dooleys Miene verfinsterte sich vor Neid. »Ich wünschte, ich könnte auch ein paar von ihnen umbringen. Am liebsten brächte ich sie alle um.«
»Das ist nicht dein Job«, sagte Benny.
»Noch nicht«, sagte Cindi und meinte damit, der Tag, an dem die Neue Rasse zahlreich genug war, um einen offenen Krieg zu führen, würde kommen, und dann würde das größte Gemetzel in der Geschichte der Menschheit zur raschen Auslöschung der Alten Rasse führen.
»Es ist viel schwerer zu ertragen«, sagte Dooley, »solange wir allseits von ihnen umgeben sind und mit ansehen müssen, dass sie ihr Leben nach Lust und Laune führen, wie es ihnen eben gerade in den Sinn kommt.«
Ein junges Paar kam ihnen entgegen und scheuchte seine zwei flachsblonden Kinder vor sich her, einen Jungen und ein Mädchen.
Cindi drehte sich um und schaute ihnen nach. Sie hätte die Eltern am liebsten auf der Stelle getötet, hier auf dem Bürgersteig, und die Kinder an sich gebracht.
»Immer mit der Ruhe«, sagte Benny.
»Keine Sorge. Es wird nicht noch einmal zu einem Zwischenfall kommen«, versicherte ihm Cindi.
»Gut so.«
»Was für ein Zwischenfall?«, erkundigte sich Dooley.
Anstelle einer Antwort sagte Benny: »Du kannst jetzt gehen. Ab sofort übernehmen wir.«
24
Francine leckte sich mehrfach die Lippen über ihren abgebrochenen gelben Zähnen, während sie Carson und Michael durch das Restaurant, durch eine geschäftige Küche, in einen Lagerraum und eine steile Treppe hinaufführte.
Am oberen Ende der Treppe befand sich ein Absatz mit einer blauen Tür. Francine drückte auf den Klingelknopf neben der Tür, doch ein Läuten war nicht zu vernehmen.
»Tu’s bloß nicht umsonst«, riet Francine Michael. »Es gibt haufenweise Damen, die dich mit Freuden stilgerecht aushalten würden.« Sie warf einen Blick auf Carson und schnaubte missbilligend.
»Und halte dich bloß von der da fern«, sagte Francine zu Michael. »Ich sage es dir, die lässt dir die Eier abfrieren. Da kannst du sie auch gleich in flüssigen Stickstoff tunken.«
Dann ließ sie die beiden auf dem Treppenabsatz stehen und wankte auf unsicheren Füßen die Stufen hinunter.
»Du könntest sie schubsen«, sagte Michael zu Carson, »aber gehören würde sich das nicht.«
»Ich glaube tatsächlich«, sagte Carson, »wenn Lulana hier wäre, würde sogar sie behaupten, das ginge schon in Ordnung, und Jesus würde es mir nicht vorwerfen.«
Die blaue Tür wurde von einem Kerl geöffnet, der ohne weiteres in Krieg der Sterne hätte mitspielen können: so gedrungen wie R2-D2, so kahl wie Yoda und so hässlich wie Jabba der Hutte.
»Aubrey hat sich
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