Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
keine Lust, noch einmal einzuschlafen und von fremden Stimmen verfolgt zu werden. Nein, sie wollte lieber hellwach bleiben und sich diese kostbaren Augenblicke für immer ins Gedächtnis prägen.
Nolan wandte sich ihr zu und lächelte sie an. Sie hatten noch kein Wort gewechselt, seit sie losspaziert waren, doch die Zärtlichkeit, mit der Nolan ihre Hand hielt, und die verliebten Blicke, die er ihr zuwarf, sagten mehr als genug.
Seit sie sich auf der Insel Ji zum ersten Mal begegnet waren, hatten sie unzählige vertrauliche Gespräche geführt, sich immer besser kennengelernt und tiefe Gefühle füreinander entwickelt. Das Einzige, was ihnen bislang gefehlt hatte, war ein Rückzugsort, und das Dara bot ihnen nun endlich Gelegenheit zu ungestörter Zweisamkeit.
Nach einer weiteren Dezime, als sie gerade an einer Reihe Weiden entlangschlenderten, verdüsterte sich Nolans Miene auf einmal. Zejabels Magen krampfte sich zusammen. Hatte er ihr etwas Unangenehmes zu sagen? Plötzlich kam ihr sein Schweigen fast unheimlich vor. Einst war sie die Kahati gewesen und in ihrer Heimat wie eine lebende Göttin verehrt worden, aber nun hatte sie Angst, wie eine Bettlerin verstoßen zu werden. Schließlich war Nolan der Sohn eines Herzogs und damit ein reicher Mann, während sie heimatlos und bettelarm geworden war. Hatte er das Gefühl, dass sie ihm zur Last fallen würde? War er deswegen mit ihr in den Wald gegangen – um ihr die grausame Wahrheit zu sagen?
Während Zejabel die schlimmsten Befürchtungen plagten, schien die Landschaft um sie herum allen Liebreiz zu verlieren. Mit einem Mal wurde ihr klar, dass selbst ihr Wunsch, sich an Zuia zu rächen und den Erben nach Kräften zu helfen, weniger stark war als die Liebe, die sie für Nolan empfand. Noch nie war ihr ein so verständnisvoller, zuvorkommender und liebenswürdiger Mensch begegnet. Wäre er nicht gewesen, wäre sie vielleicht nicht so lange bei den Erben geblieben. Doch das wurde ihr erst jetzt bewusst – in dem Moment, wo er sie vielleicht zurückweisen würde.
»Was das nächste Ziel unserer Reise angeht«, begann er schließlich, »habe ich im Grunde keine Wahl. Ich muss es zu Ende bringen und an der Seite der anderen in den Kampf gegen Sombre ziehen.«
»Ich weiß«, antwortete sie leise.
»Aber meine Vision macht mir Angst«, fuhr er bedrückt fort. »Uns erwarten Tod und Verzweiflung. Vielleicht werden wir später noch weitere Schlachten schlagen, aus denen wir siegreich hervorgehen, aber zumindest bei einem Kampf werden wir entsetzlich leiden, das steht fest. Niemand zwingt dich, das auf dich zu nehmen.«
Zejabel blieb wie angewurzelt stehen und zögerte kurz, ob sie seine Hand loslassen sollte. Ihr kam der furchtbare Gedanke, es könnte das letzte Mal sein, dass sie ihn berührte.
»Du willst, dass ich euch verlasse?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
»Aber nein!«, wehrte Nolan erschrocken ab. »Ich meine nur … Du bist nicht dazu verpflichtet, dich für uns zu opfern. Da du nicht mehr Zuias Dienerin bist, kannst du gegen die Dämonen nichts ausrichten. Und dass du zum Erzfeind bestimmt wirst, ist ebenfalls ausgeschlossen. Wir können uns hier mit so vielen Gwelomen versorgen, wie wir brauchen. Also steht es dir frei, den Anhänger zu behalten, den Bowbaq dir gegeben hat, und deiner Wege zu gehen.«
»Und du?«, fragte Zejabel. »Was wünschst du dir?«
Einen Moment lang sah ihr Nolan so tief in die Augen, dass sie in seinem Blick zu versinken glaubte. Dann senkte er verlegen den Kopf. »Ich bin ein furchtbarer Egoist«, sagte er und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Mir wäre es am liebsten, dich immer an meiner Seite zu haben.«
Diese Liebeserklärung gab Zejabel den Mut, einen Schritt auf ihn zuzumachen, ihm die Arme um den Hals zu legen und sich an ihn zu schmiegen, so fest und eng sie konnte. Nolan erwiderte die Umarmung, und als sich schließlich ihre Lippen fanden, verstärkte die Magie des Jal das Feuer, das ihr Kuss in ihnen entzündete, und ließ ihre Berührungen immer lustvoller und drängender werden. Während sie einander die Kleider vom Leib streiften, sanken sie langsam zu Boden. Als sie plötzlich zwei Götterkinder entdeckten, die ihnen aus nächster Nähe zusahen, packte sie ein wildes Gelächter, das ihr Begehren nur noch weiter anfachte.
Wie im Rausch halfen sie einander auf, schlüpften hinter einen Baum, um sich dem Blick der Kinder zu entziehen, küssten und streichelten sich lachend, bevor sie auf der
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