Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
können. Heute feiere, aber morgen sei wieder hier.«
»Messèr Donato und Messèr Antonio, darf ich euch um etwas bitten?«, fragte Maffeo.
»Nur heraus mit der Sprache!«, ermutigte ihn der Architekt.
»Werdet ihr für meinen Sohn Pate stehen?« Feierlich und ein wenig scheu blickte Maffeo die beiden Baumeister an.
»Ja, mein Freund«, antwortete Bramante für beide. Er fühlte sich ein wenig stolz, dass Maffeo ihn gefragt hatte, aber er dachte auch wehmütig, dass an ihn selbst dereinst Bauwerke und keine Menschen erinnern würden. Sah man von Lucrezia ab, ja, sah man von Lucrezia ab.
Donato Bramante hatte dafür gesorgt, dass die Taufe des Sohnes von Maffeo in der neuen Kirche Santa Maria della Pace stattfand, weil deren Kreuzgang seine erste Arbeit in Rom gewesen war. Antonio hielt den nackten Säugling, der in eine Decke gehüllt war, über das Taufbecken. Neben ihm stand Bramante, vor ihnen der Priester. Angst und Stolz erfüllten Antonio, Angst, dass er diesen kleinen, zerbrechlichen Menschen fallen lassen oder zu derb anfassen konnte, und Stolz, weil er Pate eines Menschen war, der nun in Christo seinen Lebensweg beginnen sollte. Er blickte in das kleine Gesicht, das sich zu einem Weinen verzog.
»Arnoldo di Maffeo, widersagst du dem Satan?«, fragte der Priester, und Bramante antwortete für den Täufling: »Ich widersage!«
»Arnoldo di Maffeo, widersagst du all seiner Bosheit?«
»Ich widersage«, murmelte Antonio befangen.
»Arnoldo di Maffeo, widersagst du all seinen Verlockungen?«
»Ich widersage!«, erwiderte Bramante.
Der Priester sprach ein Gebet, dann fragte er erneut: »Arnoldo di Maffeo, glaubst du an Gott, den allmächtigen Vater?«
»Ich glaube.« Auf Antonios Bekenntnis im Namen des Kindes in seinen Armen taufte der Priester das erste Mal.
»Arnoldo di Maffeo, glaubst du an Christus Jesus, den Sohn Gottes, der geboren ist …«
Zur gleichen Zeit, als der kleine Arnoldo di Maffeo im Namen Gottes die Taufe erhielt, kniete der Papst verzweifelt am Bett eines jüngeren Mannes. Er schaute zu dem Arzt Bonet de Lates auf. »Gibt es denn keine Rettung mehr?«
Der Arzt schüttelte den Kopf. »Das Fieber verbrennt ihn.«
»Aber woher kommt das Fieber?«
»Das ist es ja gerade! Ich weiß es nicht.« Man sah es dem Juden an, dass es ihn traurig stimmte, mit seiner Weisheit am Ende zu sein.
»Gift?«, fragte der Papst.
»Das kann man nie ausschließen. Aber ich halte es nicht für wahrscheinlich. Eher eine Infektion, die sich entzündet hat. Wir können den Brandherd nicht löschen, weil wir nicht wissen, wo er sitzt.«
Julius II. vernahm neben sich ein Schluchzen und sah in ein großes, rundes Gesicht mit blauen Augen, die voller Tränen standen. Die Trauer war echt, nicht gespielt. Die beiden waren in der Tat unzertrennliche Freunde, Galeotto della Rovere, der im Sterben lag, und der Kardinal Giovanni di Medici, Liebhaber der Kunst und der Literatur.
Der Sterbende regte sich, kaum wahrnehmbar bewegten sich seine Lippen: »Ach, Onkel …«, hauchte er. Dann versiegte sein Atem.
Julius konnte sich nicht erinnern, wann er je einen so übermächtigen Schmerz gefühlt hatte. Galeotto war sein Neffe gewesen, der Sohn seiner Schwester. Wie einen eigenen Sohn hatte er ihn geliebt, ihn ausbilden lassen, seine Karriere gefördert, ihn schließlich zum Kardinal kreiert. Galeotto hätte sein Werk vollenden, das neue Jerusalem in Rom errichten sollen als Metropole des heiligen Reiches in Christo. Und nun hatte ihm Gott diese Hoffnung genommen. Was war denn so falsch daran gewesen, dass er ihn verherrlichen wollte? Wofür strafte ihn Gott so hart? Julius war, als bräche eine Welt in ihm zusammen. Das durfte er nicht zulassen. Wollte ihm Gott zu verstehen geben, dass er nicht ruhen, nicht rasten durfte, bis er sein Ziel erreicht hatte, dass er sich nicht auf andere verlassen durfte, sondern nur auf sich selbst?
Mühsam erhob er sich. Giovanni de Medici, der an Galeottos Bett kniete und hemmungslos weinte, schaute zu ihm auf. Julius legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte: »Du musst jetzt sehr stark sein, mein Sohn!« Dann segnet er ihn und verließ den Raum. Auf dem Flur verfügte er, seinen Neffen in der Sixtinischen Kapelle aufzubahren. Eine größere Ehre konnte man niemandem erweisen.
In Santa Maria della Pace fragte der Priester am Ende der Taufe: »Glaubst du an den Heiligen Geist, an die heilige Kirche und an die Auferstehung des Fleisches?«
Und für den Täufling sprach
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