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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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würde sich über den Hauptleuten entladen, denen es in ihren Augen besser ging als ihnen und die sie angeblich in die ausweglose Lage geführt hatten. Ascanio eilte den von Zelten gesäumten Weg zum Hauptplatz des Lagers entlang und fand sich in einer Menschenmasse wieder, denn von allen Seiten und aus allen Zelten strömten die Männer herbei. Auf einem improvisierten Podest stand ein rotbärtiger Mann. Er trug eine blaue, geschlitzte Plunderhose und ein weites, gelbes Wams. Das mächtige Schwert hielt er drohend in der Hand.
    »Die Schinder, sag ich, gehör’n gestäupt. Lasst sie Jauche trinken. Soll’n sich bedanken dafür. Besser als fauliges Wasser.« Einige lauschten nur mit finsterer Miene, die meisten aber stimmten dem Mann mit grimmigen Rufen zu. In Ascanios Ohren klangen die deutschen Laute wie das Bellen hungriger Wölfe. Wie alle Landsknechte verstand und sprach er leidlich Deutsch, Französisch und Spanisch, gerade so viel, wie man in langen Dienstjahren aufschnappt. Plötzlich brachte ein Schrei alle zum Verstummen.
    »Der Vadder kumt, der Vadder! Platz da, Hundsfötte!«
    Die Männer bildeten eine Gasse, durch die sich der riesige und ungemein stämmige Landsknechtsführer mit ausgreifenden Schritten näherte. In seinem Wehrgehänge klapperte sein Beidhänder mit dem goldenen Knauf, auf dem die Frühlingssonne glitzerte. Kettenhemd, ein Kürass, über dem sich malerisch eine Art Halbmandel wand, und Kettenhosen zeigten ihn zum Kampf gerüstet. Die kräftigen Hände schützten Eisenhandschuhe. Über seinem breiten Gesicht mit ernstem Ausdruck prunkte ein maßgefertigter Helm mit mächtigem roten Federbusch und hochgeklapptem Visier. Frundsbergs Vollbart wurde täglich grauer, doch die Männer achteten ihn auch deshalb, weil sie wussten, dass er sich in vielen Jahren von unten hochgedient hatte.
    Als Frundsberg auf das Podest kletterte, verließ es der Rotbärtige so rasch, als fege ihn dessen Aura herunter. Kurz hielt sich der massige Söldnerführer an einem Fahnenmast fest, bevor er zu reden begann.
    »Männer!«, erscholl sein tiefer Bass. »Ich verlange nicht, dass ihr für mich sammeln geht. Meine Kasse ist so leer wie die eure. Aber«, rief er und machte eine Pause, in der er seinen entschlossenen Blick durch die Reihen seiner Männer wandern ließ, »jeden, der es jetzt wagen sollte, nur einen Laut von sich zu geben, werde ich eigenhändig erschlagen.« Sie alle, die hier standen, wussten, dass er nicht scherzte. Der Alte war ein Bär, ein Raubtier. »Wer jetzt aufgibt, hat sein Todesurteil gefällt. Der Feind belauert uns. Sobald ihr die Hauptleute erschlagen habt, wird er über euch herfallen und eure Kadaver ausweiden. Wollt ihr das? Wer das will, soll sich melden, damit ich ihn fragen kann, wie viel Geld der Franzose dem Judas geboten hat für den Verrat an seinen Kameraden. Warum wollt ihr auf das viele Gold verzichten, auf den märchenhaften Reichtum, der zum Greifen nahe liegt, ihr Trottel? Ihr Hurensöhne, ihr Dummköpfe, Gottes Abschaum, der ihr seid und ich bin, warum greifen wir nicht zu? Warum holen wir ihn uns nicht einfach?«
    Es war so still, dass man hätte meinen können, selbst die Vögel in den Bäumen hätten aufgehört zu zwitschern. Wieder schaute Frundsberg in die Runde.
    Der Rothaarige fiel auf die Knie. »Herr, wo finden wir den Reichtum?«
    Es hatte den Anschein, als flackere ein grimmiges Lächeln in Frundsbergs Augen auf: »In Rom!«
    Ascanio wurde schwarz vor Augen. Er wusste, was das hieß – diese ganze Versammlung der Spitzbuben Europas würde wie ein riesiges Rudel hungriger Wölfe über die Ewige Stadt herfallen. Dass eine Stadt geplündert und gebrandschatzt wurde, bedeutete zwar unvorstellbare Qualen für die Bewohner, aber es gehörte nun einmal zum Krieg und war offenbar in Gottes Weltordnung vorgesehen. Aber Rom? Seine Stadt? Das konnte Er nicht wollen. Frundsberg hatte in seiner Not, vom Kaiser im Stich gelassen, keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als die Wut der Landsknechte auf Rom zu lenken.
    »Geld! Geld! Geld!«, riefen die Landsknechte und drangen gegen ihre Anführer vor. Sie ließen sich nicht auf einen fernen Ort vertrösten. Sie waren müde, sie waren hungrig, sie wollten ihre Löhnung jetzt. Als Frundsberg sah, dass seine Worte nichts ausrichteten, traten ihm in einem Wutanfall die Augen weit aus den Höhlen. Erst schwankte er bedrohlich, dann fiel er um wie ein gefällter Baum.
    Der Schreck fuhr den Männern in die Glieder. Hatten sie

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