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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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noch Mutter und sein Zuhause verwüstet vor. Der Junge fand keine Erklärung dafür, spürte jedoch eine dunkle Bedrohung. Er rannte auf die Straße zurück. Aufgebrachte Menschen zogen zum Bischofspalast. Er ließ sich mitreißen. Aus den Gesprächen und Wortfetzen, die an sein Ohr drangen, reimte sich der aufgeweckte Junge zusammen, dass die getauften Juden weiter heimlich ihrer Religion anhingen, Ketzerei und Zauberei betrieben. Deshalb würden jetzt die marranos dem reinigenden Feuer übergeben.
    Was der Knabe hörte, überstieg seine Vorstellungskraft bei Weitem. Es verschlug ihm den Atem. Einerseits traute er das seinem Vater nicht zu, anderseits erhielt dieser nachts immer wieder Besuch von fremden Männern. Die Eltern glaubten, dass Jaume schliefe, doch er bekam die heimlichen Besuche mit und dass sie dann hebräisch sprachen und in einer Sprache, die dem Hebräischen ähnlich klang, die er aber nicht verstand. Manchmal brachen Vater und Mutter das Gespräch ab, wenn er ins Zimmer kam. Das verletzte ihn. Offensichtlich hatten sie kein Vertrauen zu ihm, schlimmer noch, sie liebten ihn nicht mehr.
    Vor dem Bischofspalast ragten aus großen Scheiterhaufen Pfähle, an denen Menschen festgebunden waren. Die Schmerzensschreie drangen spitz und schmerzhaft in sein Ohr. Das Kind hasste in diesem Moment die Menschen für ihre unwürdigen Laute der Qual. Christliche Märtyrer, so hatte er gelesen, starben anders, würdevoller, durch ihr Gottvertrauen. In dem Bewusstsein, aus dem Jammertal erlöst zu werden und gleich dem Herrn zu begegnen, beendeten sie ihr Leben irgendwie heiter.
    Durch das lodernde Feuer erkannte er, dass die brennenden Leiber in weiße Kittel gehüllt waren und spitze gelbe Hüte trugen. Der süßliche Geruch verbrannten Menschenfleisches stieg ihm in die Nase, verklebte ihm die Geruchsnerven und schlug ihm auf den Magen. Er hatte nichts gegessen, sonst hätte er sich übergeben, so aber spürte er nur den Brechreiz und spuckte Galle. Dann klopfte ihm das Herz schmerzhaft bis zum Hals. Ob auch Vater und Mutter dort verbrannten? Er kam nicht durch den dichten Kreis der Schaulustigen, die Witze rissen über die Leiden der Menschen auf den Scheiterhaufen.
    Langsam verhungerten die Flammen, und der Abend senkte sich über die Stadt. Die Menschen tanzten, sangen und feierten auf dem Platz, weil der Bischof ihnen verkündet hatte, dass ihnen nun, da man die Knechte und Mägde des Teufels verbrannt hatte, keine Gefahr mehr drohe.
    Jaume war noch einmal nach Hause gelaufen, wo er voller Angst beobachtete, wie fremde Menschen in sein Haus eindrangen und Möbel und Kleider herausschleppten. Auch seine Bibel und sein altes Schaukelpferd. Papas guter Mantel und Mamas Festkleid. Wie schön sie darin gewesen war. Wie eine Prinzessin aus dem Morgenland. Wie hatte sie der Vater immer genannt, wenn sie dieses Kleid trug? Sulamith.
    Diese fremden Menschen stahlen sein Leben. Niemand schützte ihn. Niemand würde es ihm zurückgeben. Der Knabe irrte durch die Straßen, bis er, wie, vermochte er nicht zu sagen, wieder auf dem Platz vor dem Bischofspalast anlangte. Die Wachen, die jene noch glimmenden Scheiterhaufen bewachten, waren längst abgezogen. Er näherte sich den schmutzig grauschwarzen Haufen aus Ruß und Asche. Eine jähe Sehnsucht nach seinen Eltern erfasste ihn. Er wollte nicht glauben, dass seine schöne Mutter und sein starker, kluger Vater sich in eines dieser unansehnlichen Häufchen verwandelt hatten.
    Da nahm er plötzlich im Sternenlicht ein Funkeln wahr. Auf Zehenspitzen, um auf nichts zu treten, was einmal Mensch war, balancierte er dorthin und bückte sich. Aus Asche und Steinen fischte er vorsichtig mit den Fingerspitzen einen goldenen Ring mit einem ebenfalls goldenen Aufsatz, den ein schwarzer Stein abschloss. Er wagte es kaum, aber er musste Gewissheit gewinnen, so schrecklich sie auch sein mochte, und hob den Ring gegen das Licht. Das Monogramm seines Vaters, das verriet, dass er ein Levit war, ein Priester, leuchtete dunkel auf. Tränen traten ihm in die Augen, begleitet von einem so heftigen Schluchzen, dass er daran zu ersticken drohte. Den Ring steckte er in seine Hosentasche, dann bückte er sich erneut und streichelte die Asche und die Knochen. Lange tat er das, bis zum Morgengrauen. Dann vertrieb ihn eine Patrouille der Soldaten des Bischofs. Tagelang irrte er durch die Stadt, schlief, wo es sich traf, aß, was er fand. Der Knabe hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren. In ihm

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