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Die Landkarte des Himmels

Die Landkarte des Himmels

Titel: Die Landkarte des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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als unsere Kanonen.»
    Die vier betrachteten ihn wortlos, während er näher kam.
    «Mister und Missis Wells, welche Freude, sie beide lebendig zu sehen», sagte er und tippte sich grüßend an die Hutkrempe. «Sie erinnern sich an mich? Ich bin Charles Winslow.»
    Da erkannte Wells ihn. Der wohlhabende junge Mann, der vor ein paar Jahren in sein Haus in Woking eingedrungen war und ihn mit vorgehaltener Pistole bedroht hatte, weil er glaubte, er besäße eine Zeitmaschine, wie er sie in seinem Roman beschrieben hatte. Und obwohl er jetzt etwas ungepflegter aussah – das Haar war ungekämmt, die Jacke staubig und an mehreren Stellen zerrissen –, musste Wells zugeben, dass er immer noch der gutaussehende junge Mann von früher war.
    «Selbstverständlich, Mister Winslow», antwortete er und streckte ihm die Hand entgegen.
    Nach dieser Begrüßung fiel der Blick des jungen Mannes auf Murray, und er erblasste.
    «Mister Winslow scheint ein Gespenst gesehen zu haben», spöttelte Murray.
    «Und, ist es nicht so?», fragte Charles vorsichtig.
    «Geben Sie mir die Hand und stellen es selbst fest», entgegnete Murray, ihm seine Hand hinstreckend, die der junge Mann von Herzen schüttelte. «Über meine Auferstehung reden wir ein andermal. Lassen Sie mich Ihnen zuerst Miss Harlow vorstellen.»
    «Entzückt, Miss», sagte Charles, ihre Hand küssend und sie mit dem Lächeln eines verderbten Erzengels anstrahlend. «Unter anderen Umständen hätte ich Sie mit Vergnügen zum Dinner eingeladen, aber ich fürchte, man wird in ganz London kein Restaurant mehr finden, das noch geöffnet hat. Jedenfalls keines, das Ihren Ansprüchen genügen könnte.»
    «Freut mich, zu sehen, dass Sie trotz Invasion und allem Ihren Sinn für Humor nicht verloren haben», mischte sich Wells ein, bevor Murray irgendeine Grobheit von sich geben konnte.
    «Nun, ich glaube nicht, dass wir uns deswegen allzu große Sorgen machen müssen, Mister Wells», entgegnete der junge Mann mit einer ausholenden Armbewegung, die die ganze Zerstörung zu ihren Füßen umfasste. «Es ist ja keine Frage, dass wir überleben werden.»
    «Ach nein?»
    «Natürlich nicht», versicherte Charles. «Sie wissen doch, dass im Jahr 2000 die Maschinenmenschen unser Problem sein werden, nicht die Marsleute. Also wird sich das hier irgendwie klären.»
    «Verstehe», antwortete Wells seufzend. «Und was sollen wir Ihrer Meinung nach tun?»
    «Die Helden ihre Arbeit machen lassen, was sonst?», entgegnete Charles.
    «Die Helden?», fragte Murray. «Meinen Sie sich damit?»
    «Oh, nein, Mister Murray. Sie schmeicheln mir, aber ich meine nicht mich. Ich meine einen richtigen Helden», sagte Charles und winkte einen Mann herbei, den sie bislang übersehen hatten und der auch unter den Bäumen gestanden hatte. «Jemand, der extra aus der Zukunft gekommen ist, um uns zu retten.»
    Der junge Mann kam zaghaft näher und schenkte ihnen ein Lächeln, das offenbar zuversichtlich wirken sollte.
    «Meine Dame, meine Herren, darf ich Ihnen den tapferen Hauptmann Derek Shackleton vorstellen!»

[zur Inhaltsübersicht]
    Dritter Teil
    Verehrter Leser, nun sind wir schon auf den letzten Seiten unseres aufregenden Büchleins angelangt.
    Glauben Sie, unsere Helden werden die Invasoren vom Mars besiegen können? Oder halten Sie das für genauso unmöglich, wie das Herz einer hochmütigen Dame zu erobern? Auf den folgenden Seiten werden Sie auf beide Fragen eine Antwort finden.
    Nun danke ich Ihnen, meine edlen Herren und anmutigen Damen, dass Sie mich auf dieser langen Reise begleitet haben. Ich hoffe, Sie haben unser einzigartiges Abenteuer genießen können, auch wenn Sie sich wegen der zahlreichen Ereignisse, die unserer menschlichen Erfahrung doch sehr fern sind, mehr als einmal veranlasst sahen, erstaunt die Augenbrauen zu heben. Ich kann es Ihnen nicht verdenken, fürchte jedoch, dass in früher oder ferner Zukunft die angesprochenen Ereignisse ihre Einzigartigkeit leider verlieren werden.

    Shackleton sah, wie ich ihn anstarrte. Er zog skeptisch die Brauen hoch und deutete mit ausgebreiteten Armen das ganze Ausmaß der Zerstörung an.
    «Wie Sie sehen, Mister Winslow», sagte er, «werden wir kaum noch die Möglichkeit haben, ins Jahr 2000 zu reisen.»
    Ich zuckte unbekümmert die Achseln, denn diese kleine Widrigkeit sollte ja zu meistern sein.
    «Dann, fürchte ich, werden wir die Marsmenschen wohl allein besiegen müssen, Hauptmann», antwortete ich lächelnd.

XXXI
    Charles Winslow

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