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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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der dem Meister Burchard alles hintertrug, was in dieser Backstube geredet wurde.«
    »Lasst Ihr es deshalb zu, dass Gieselbert Euch so anspricht, wie er es seinem Meister gegenüber gar nicht dürfte?«
    Crippin lief tiefrot ein. »Nein, ja. Gieselbert ist der Sohn eines Bäckermeisters Ebert, der drei Söhne hat und deshalb den dritten mir zur Ausbildung anvertraute. Er hat großen Einfluss in der Zunft. Und er ist ein Vertrauter Meister Burchards. Hätte der nicht gerade keinen Bedarf an Lehrjungen gehabt, wäre Gieselbert zu Burchard in die Lehre gegangen. Versteht Ihr nun?«
    Benedicta versprach, in der Backstube den Mund zu halten und Gieselbert nicht gegen sich aufzubringen.
    »Lasst Ihr mich dann wenigstens ein einziges Mal das Brot mit Anis und Weißmehl versehen? Und wenn es mir gelingt, dann verkaufen wir es einfach …«
    »Ja«, knurrte Meister Heller, »ich will Euch die Gelegenheit geben, Euer Können unter Beweis zu stellen. Aber wenn Ihr besondere Zutaten braucht, tut es still und leise. Wenn Ihr etwas Schmackhaftes zustande bringt, dann werde ich es auch auf dem Markt verkaufen. Doch es braucht keiner zu wissen. Und nun geht! Nicht, dass Gieselbert Verdacht schöpft.«
    Benedicta kehrte allein in die Backstube zurück, während Crippin die Anissamen holte. Ohne den Lehrjungen zu beachten, rührte sie den Teig für ihr Brot zusammen, den sie mit Anis verfeinerte, nachdem Crippin ihr die Samen unauffällig gereicht hatte. Sie geizte auch nicht mit Weißmehl.
    Als sie eine Schüssel voller Teig fertig hatte, formte sie ein paar Laibe Brot und schob sie in den Ofen. Dabei wurde sie argwöhnisch von Gieselbert beäugt, der immer noch kein einziges Brot geformt, geschweige denn eines in den Ofen geschoben hatte.
    Was für ein fauler Bursche, dachte Benedicta und wollte dem Lehrjungen schon zur Hand gehen, doch da bat Meister Crippin sie freundlich, sich lieber im Haus nützlich zu machen, bis das Brot fertig war.
    Murrend stieg sie zu ihrer Kammer hinauf und öffnete leise die Tür, doch dann stutzte sie. Agnes lag nicht allein in ihrem Bett, sondern Anselm war bei ihr. Das also hatte die Freundin gemeint, als sie angekündigt hatte, sie werde das mit ihrer Schwangerschaft schon in Ordnung bringen. Sie hatte doch nicht etwa Anselm auf dem Weg in die Backstube abgefangen? Ein lautes Stöhnen vom Lager der beiden ließ sie einen Schritt zurücktreten. Hastig zog sie die Tür hinter sich zu.
    Hoffentlich erfuhr Meister Burchard nichts davon!
    Benedicta atmete tief durch. Die letzten Tage zogen noch einmal vor ihrem inneren Auge vorüber. Das Kloster, die Flucht, der Fremde, der Julian mitgenommen hatte, die ungewohnte Stadt und das Bäckerhaus. Was, wenn Julian nicht mehr lebte? Was, wenn sie bei Agnes und Anselm bleiben musste? Sie spürte, wie eine große Erschöpfung von ihr Besitz ergriff. Könnte sie doch nur in ihrer Klosterzelle liegen und ausschlafen! Vielleicht sollte sie die Arbeiten erledigen, die Agnes jetzt verabsäumte, aber wie konnte sie sich im Haus nützlich machen? Darüber, was in einer Küche getan werden musste, wusste sie Bescheid, aber sonst? Und wo gab es überhaupt eine Küche in diesem Haus?
    Ein kräftiges Klopfen an der Haustür riss Benedicta aus ihren Gedanken. Sie eilte, ohne zu überlegen, die Stiege hinunter und öffnete. Vor ihr stand die Frau mit dem falschen Blick, die sie erstaunt und abschätzig zugleich musterte.
    »Was willst du?«, fragte Benedicta und versuchte, ruhig zu klingen. Ihr wurde plötzlich klar, dass sie sich nicht an der Haustür hätte zeigen sollen.
    »Bist du nicht eins der beiden Bettelweiber, denen wir gestern von unserem Haus deutlich erklärt haben, dass wir für Gesindel nichts übrig haben? Es ist kaum zu glauben, wie Meister Heller und Anselm sich von Leuten wie euch auf der Nase herumtanzen lassen! Aber das werde ich ihnen bald austreiben.«
    »Du musst dich irren«, entgegnete Benedicta mit fester Stimme und hielt dem stechenden Blick der Bäckerstochter trotzig stand.
    »Und was tust du dann hier im Haus?«
    Benedicta schob trotzig die Unterlippe vor und schwieg.
    »Gut, wenn du stumm bist, dann wird mir Anselm selbst erklären müssen, was es mit euch zerlumpten Weibsbildern auf sich hat. Und nun aus dem Weg! Ich möchte zu ihm.«
    Benedicta aber wich keinen Schritt zurück. Lukarde versuchte, sich an ihr vorbeizudrängen, doch das ließ sich Benedicta nicht gefallen. Sie stieß die Bäckerstochter auf die Gasse hinaus und zischte: »Er ist

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