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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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drehte meinen Kopf so, dass er in Guts’ Blickfeld war. Sein Auge hörte zu zucken auf und sah mich an.
    »Versprich es einfach!« Ich flehte ihn fast schon an.
    Er hob seinen Kopf ein wenig und senkte ihn wieder.
    »Sag es.«
    »Versprochen.« Seine Stimme klang schwach und erstickt.
    »Der Kampf ist vorbei?«
    »Kampf ist vorbei.«
    Die Menge brüllte noch lauter. Sie konnten sehen, was passierte, und es gefiel ihnen überhaupt nicht.
    »Ich hör auf«, sagte er, dieses Mal lauter. »Versprochen.« Er beobachtete mich noch immer. Doch das Flackern war aus seinem Blick verschwunden.
    Ich hielt ihn weiter fest. Noch traute ich ihm nicht ganz.
    »Freunde?«, fragte er, seine Stimme versagte.
    Ich nickte. »Freunde.«
    Ich rollte mich von ihm herunter aufs Deck, während alle um uns herum aufgebracht schrien. Die Piraten schüttelten wütend die Fäuste.
    Es war mir egal. Für mich war es vorbei. Sollten sie doch tun, was sie wollten, ich würde nicht wie sie sein. Sie würden mich nicht dazu bringen, irgendeinen armen verkrüppelten Jungen umzubringen.
    Ich beobachtete, wie sie sich rings um das Viereck heiser grölten. Ich hätte Angst haben sollen, aber ich hatte keine. Vielleicht würden sie mich deshalb umbringen. Ich hatte trotzdem das Gefühl, gewonnen zu haben.
    Ich wollte gerade lächeln, da bemerkte ich, wie sich ihr Gesichtsausdruck änderte. Alle Augen wandten sich überrascht etwas auf meiner Linken zu.
    In diesem Moment knallte mir Guts die Kanonenkugel gegen die Schläfe.
    Für einen Moment verschwamm alles. Als ich wieder geradeaus schauen konnte, saß er rittlings auf meiner Brust, und als er von neuem mit der Kanonenkugel auf meinen Kopf zielte, bemerkte ich wieder dieses Flackern in seinen Augen.
    Bevor alles schwarz wurde, hatte ich gerade noch Zeit, mich als Idioten zu beschimpfen.
    Was für eine bescheuerte Art zu sterben.

Nach meinem ersten Eindruck war Totsein furchtbar laut. Ich hörte Geschrei und Gekreisch, Radau und Chaos, und als ich die Augen öffnete, lag ich zwar noch immer flach auf dem Boden ausgestreckt, doch überall war Feuer und Blut, und irgendetwas sauste geradewegs vom Himmel auf mich zu. Ich rollte mich schnell zur Seite und es schlug genau an der Stelle ein, wo ich gelegen hatte. Die Planken bebten.
    Es war ein Körper. Genau genommen ein Teil davon – als ich zum Mast hochsah, baumelte der Rest noch immer in den Wanten.
    Plötzlich hörte ich ein Krachen, und als ich zum Fockmast blickte, sah ich gerade noch, wie das oberste Drittel abknickte und auf halbem Weg zum Meer in der Takelage hängenblieb.
    Ich setzte mich auf. Überall lagen tote Piraten, das Deck war rot und glitschig von ihren Eingeweiden. Diejenigen, die noch nicht tot waren, rannten entweder zu den Segeln, um deren Überreste zu hissen, oder unter Deck an die Kanonen. Ripper Jones konnte ich nirgendwo entdecken, aber ich hörte ihn irgendwo hinter mir Kommandos brüllen.
    Ich rappelte mich auf und kippte vor Schwindel fast wieder um. Irgendetwas machte es mir so gut wie unmöglich, mich aufrecht hinzustellen. Ich fasste mit der Hand an meine Schläfe und ertastete an der Stelle, wo Guts mich mit der Kanonenkugel getroffen hatte, eine gemeine faustgroße Beule.
    Als ich mich nach dem Kerl umsah, erspähte ich ihn an der Reling, wo er sich abmühte, ein Fass, das fast ebenso groß war wie er, über Bord zu werfen. Irgendwann gelang es ihm und das Fass verschwand in der Tiefe.
    Als er sich umdrehte und das Deck mit flackerndem Blick absuchte, entdeckte er mich. Wir starrten einander für einen langen Augenblick an.
    Dann sprang er über Bord.
    Ich brauchte eine Weile, bis ich kapierte, warum er ins Meer gesprungen war, dann wurde mir klar: Wer immer die Kanonensalve auf uns losgelassen hatte, lud vermutlich gerade nach, und sobald er damit fertig war, war das Deck zweifellos ein blöder Platz zum Herumstehen.
    Ich rannte zu der Stelle, wo Guts gerade verschwunden war, und sah nach unten. Das Fass hüpfte auf einem Trümmerfeld auf und ab – alles von Kleidern bis zu großen Holzteilen des Schiffs – und Guts schwamm durch den ganzen Plunder darauf zu.
    Es war kurz vor Sonnenuntergang und die Insel in der Ferne schien noch weiter entfernt als beim ersten Mal, als ich sie erspäht hatte.
    Doch die nächste Runde Kanonenfeuer ließ bestimmt nicht lange auf sich warten.
    Ich holte tief Luft und sprang über Bord.
    Es war ein langer Weg nach unten. Ich hatte das Gefühl, ewig durch die Luft zu fliegen, und die

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